Riester-Alternative mit Risiko?
Aktien-Förderung statt Riester-Rente: Kritik an Lindner-Plänen zur Altersvorsorge

21.09.2024 | Stand 22.09.2024, 6:42 Uhr |

Ein privates Investment in Aktien, Fonds oder ETF wie den MSCI World statt in ein Versicherungsprodukt zur Riester-Rente? Das sollte laut Bundesfinanzminister Christian Lindner gefördert werden. Doch auf die Idee folgte auch Kritik aus unterschiedlichen Richtungen. − Symbolbild: Zachafrie Scheurer/dpa

Ein privates Aktiendepot zur Altersvorsorge soll nach dem Willen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit bis zu 600 Euro pro Jahr staatlich gefördert werden. Das Angebot soll eine Alternative zur unbeliebten Riester-Rente werden. Die Idee bringt aber auch kritische Stimmen auf den Plan.

  

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Halten auch Sie Ihren Riester-Vertrag für unrentabel? Knapp ein Viertel aller Menschen, die sich bislang für eine solche Altersvorsorge entschieden hatten, haben das offenbar bereits so bewertet. Denn von den mehr als 20 Millionen bis Ende 2023 abgeschlossenen Verträgen wurden bereits rund 4,6 Millionen gekündigt.

In 40 Jahren mit dem Lindner-Depot auch als Angestellter zum Millionär?



Als Alternative zur Riester-Rente brachte Bundesfinanzminister Christian Lindner die Idee ins Spiel, private Aktiendepots als Altersvorsorge staatlich zu fördern. Dabei geizte er nicht mit Lob: „Experten haben errechnet, dass man nach 40 Jahren sogar Millionär sein kann, wenn man 250 Euro im Monat spart und damit die staatliche Förderung voll ausnutzt.“ – So wirbt der Minister für seine neue Aktienrente. Denn der Staat fördert jeden angelegten Euro mit 20 Cent, bis zu einer Größenordnung von 3000 Euro im Jahr. Will man als Sparer die maximale staatliche Förderung von 600 Euro im Jahr kassieren, muss man mindestens 250 Euro im Monat in ein privates Aktiendepot investieren.

  

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Sozialverbände: Förderung kommt den Falschen zu Gute



Kritik an der Idee kommt vom Sozialverband SoVD. „Wir bezweifeln, dass der Aktienmarkt der richtige Weg ist, da vor allem Geringverdiener nichts zum Anlegen übrighaben“, sagte SoVD-Chefin Michaela Engelmeier der Deutschen Presse-Agentur. „Außerdem wird bei Lindners Vorschlag die Arbeitgeberseite – anders als bei der gesetzlichen Rente – nicht in die Verantwortung genommen.“ Die staatliche Förderung müsse vielmehr der gesetzlichen Rente zugutekommen.

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In die gleiche Richtung wie der SoVD argumentiert auch das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit: „Wer kann von den Durchschnittsverdienern sich 250 Euro monatlich zur privaten Rentenversicherung erlauben?“ Vielmehr würden nach Ansicht des Bündnisses gerade diejenigen gefördert, die ohnehin mehr zur Verfügung haben - und nicht diejenigen, deren gesetzliche Rente im Alter möglicherweise nicht ausreicht.

Ist der Aktienmarkt das Risiko wert?



Richtig ist: Wer mehr Risiko eingeht, wird vom Staat mehr belohnt. Zwar biete die Riester-Rente mehr Sicherheit, so Lindner („Die Riester-Produkte reflektieren zwar die deutsche Mentalität einer absoluten Sicherheit, gewissermaßen Gürtel und Hosenträger zugleich“), doch gehe dieser Wunsch mit einer zu geringen Rendite einher. Dagegen sieht der Finanzminister ein Aktiendepot klar im Vorteil. Zudem sollen die Erträge im Depot nach Lindners Vorstellung steuerfrei bleiben: „So kann der Zinseszins-Effekt über Jahrzehnte voll wirken. Erst bei der Auszahlung im Alter wird wie bei der gesetzlichen Rente Steuer fällig.“

Doch lohnt sich das Risiko an der Börse, wo sich Geld zwar schnell vermehren, aber auch noch schneller verschwinden kann? Eine schwierige Frage, schreibt etwa die westfälische Tageszeitung „Die Glocke“. Bei einem Börsencrash etwa wäre die private Absicherung trotz staatlicher Förderung nur noch einen Bruchteil wert oder gar verloren. Und Niedrigverdiener, die wegen ihrer zu erwartenden geringen Rente auf eine solche Absicherung angewiesen wären, könnten sich solche Investitionen und Risiken eigentlich nicht leisten.

Reicht die Zeit für eine Umsetzung?



Die Idee, die Bürger per Zuschuss zum Kauf von (beliebigen) Aktien zu animieren, deren wachsender Wert den Lebensstandard im Alter sichern soll, ist kein schlechter Gedanke. Bislang ist eine Aufwärtsentwicklung der Aktienmärkte eher die Regel, auch wenn es dafür keine Garantie gibt. Für einen Teil der Bevölkerung könnte das Lindner-Modell daher durchaus ein niedrigschwelliger Einstieg in eine auf Dauer einträgliche Anlageform sein, meint die „Lausitzer Rundschau“. Die größere Frage sei vielmehr, ob Lindner seine Idee in dieser Wahlperiode überhaupt noch umsetzen könne.

Die FDP-Fraktion hat nach Angaben einer Sprecherin das Ziel, dass das Vorhaben Mitte des kommenden Jahres im Gesetzesblatt steht, damit das Projekt zum 1. Januar 2026 starten kann. Aus Lindners Ministerium hieß es lediglich, ein entsprechender Gesetzentwurf befinde sich derzeit in der regierungsinternen Abstimmung. Das für die Rente zuständige Heil-Ministerium äußerte sich in der Regierungspressekonferenz am Freitag gar nicht zu dem Thema.

− dpa