Responsum ad dubium
Vatikan: Kein Segen für homosexuelle Paare

16.03.2021 | Stand 16.03.2021, 10:10 Uhr

Tiziana Fabi/Pool AFP/AP/dpa

Das Thema Homosexualität sorgt in der katholischen Kirche seit Jahren für Diskussionen. Auch Papst Franziskus hat sich immer wieder dazu geäußert. Nun sorgt der Vatikan für einen Paukenschlag.

Die katholische Kirche sieht sich nicht befugt, homosexuelle Partnerschaften zu segnen. Dies hat am Montag die Glaubenskongregation des Vatikan klargestellt - und für große Aufregung in der Kirche gesorgt.

In dem sogenannten Responsum ad dubium (Antwort auf einen Zweifel) heißt es, Segnungen menschlicher Beziehungen seien nur möglich, wenn damit den Plänen Gottes gedient sei. Unzulässig sei jede Segnungsform, die homosexuelle Partnerschaften anerkenne. Die christliche Gemeinschaft sei aber aufgerufen, Menschen mit homosexuellen Neigungen zu respektieren.

Die katholische Reformbewegung «Wir sind Kirche» sprach von einer «unsäglichen Entscheidung» und einem Versuch Roms, von oben her weltweit Glaubens- und Sittenregeln zu verordnen.

Das Schreiben der Glaubenskongregation wurde mit Zustimmung von Papst Franziskus veröffentlicht. Hintergrund ist demnach, dass sich in einigen kirchlichen Bereichen «Projekte und Vorschläge» verbreiten, gleichgeschlechtliche Beziehungen zu segnen. Wörtlich heißt es dazu nun, es sei nicht erlaubt, «Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (...) einschließen, wie dies bei Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts der Fall ist».

Die Glaubenskongregation wies darauf hin, dass sie sich auf «die Wahrheit des liturgischen Ritus» bezieht und das Schreiben keine Diskriminierung ist oder sein soll. Außerdem könne einzelnen Menschen mit homosexuellen Neigungen der Segen durchaus gespendet werden. Unzulässig sei aber jede Segnungsform, die eine homosexuelle Partnerschaft anerkennt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, erklärte, die vatikanische Behörde gebe in ihrer Erklärung nur den derzeitigen Stand der kirchlichen Lehre wieder. Er verwies auf die Möglichkeit einer Weiterentwicklung der katholischen Lehre. Der derzeitige Reformprozess in der katholischen Kirche in Deutschland, der Synodale Weg, sei bestrebt, «gerade das Thema gelingender Beziehungen in einer umfassenden Weise zu diskutieren, die auch die Notwendigkeit und die Grenzen kirchlicher Lehrentwicklung bedenkt», erklärte Bätzing. Die von der Glaubenskongregation vorgebrachten Gesichtspunkte müssten selbstverständlich in diese Gespräche Eingang finden.

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer begrüßte die Erklärung der vatikanischen Behörde. Sie knüpfe damit an die Lehre des Papst-Schreibens «Amoris laetitia» aus dem Jahr 2016 an, in der es heißt: «Was die Pläne betrifft, die Verbindungen zwischen homosexuellen Personen der Ehe gleichzustellen, gibt es keinerlei Fundament dafür, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn.»

Für das Ruhrbistum sicherte der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck allen Menschen Unterstützung zu. Die Seelsorgerinnen und Seelsorger «stehen allen Menschen zur Seite, die dies möchten», sagte er nach einer Mitteilung des Bistums. Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands verurteilte die Vatikan-Erklärung. «Wir setzen uns weiter für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare ein. Menschen dürfen nicht aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Lebensformen diskriminiert werden.»

Scharfe Kritik äußerte auch die Reformbewegung «Wir sind Kirche». «Mit dieser Entscheidung trägt der Vatikan dazu bei, dass die in vielen Ländern nach wie vor bestehende Diskriminierung homosexueller Menschen bis hin zur Gefängnis- und Todesstrafe als gottgegeben angesehen werden kann», sagte ein Sprecher der Bewegung.

Die Entscheidung aus Rom behindere die gegenwärtigen Bemühungen der hiesigen katholischen Kirche um einen angemessen und realitätsbezogenen Umgang mit homosexuellen Menschen, hieß es vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland. Die Aussage, dass Lesben und Schwule nicht gottgewollt seien, legitimiere Ausgrenzung und Diskriminierung.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) fordert schon länger, Liebesbeziehungen von Homosexuellen zu segnen. In der evangelischen Kirche sind solche Segnungen schon weit verbreitet, vielerorts gibt es auch kirchliche Trauungen für Homosexuelle.