Der Wahlkampf um die nächste US-Präsidentschaft zieht in vielerlei Hinsicht die globale Aufmerksamkeit auf sich. Mit im Blick der Öffentlichkeit: Die Gesundheit des Präsidenten Joe Biden. Das Weiße Haus wies Gerüchte um eine mögliche Parkinson-Erkrankung zurück.
In der Vergangenheit machte die Nervenkrankheit bereits mehrmals Schlagzeile – denn Betroffene wie Frank Elstner, Ottfried Fischer oder Michael J. Fox machten ihre Diagnose öffentlich. Eine Expertin erklärt, was bei Parkinson passiert und was die beste Vorsorge ist.
Rund 200.000 Menschen sind schätzungsweise in Deutschland laut dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen von Parkinson betroffen. Die Deutsche Parkinson Gesellschaft geht sogar von 400.000 Erkrankten aus. Damit ist es nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Maria Zintl, Oberärztin bei den Barmherzigen Brüdern Regensburg in der Klinik für Neurologie, sagt: „Beim Parkinsonsyndrom sterben die Nervenzellen, die den Botenstoff Dopamin produzieren.“ Das Hormon mag im Alltag vor allem als Glücks-Botenstoff bekannt sein, es hat jedoch weit mehr Funktionen als positive Gefühle. Denn der Neurotransmitter ist auch für Bewegungen und ihre genaue Abstimmung entscheidend.
Klassisches Parkinson im Frühstadium gut behandelbar
Mit fortschreitendem Dopaminmangel wird die bei Erkrankten immer eingeschränkter. „Die Diagnose des Parkinson-Syndroms wird üblicherweise dann gestellt, wenn die ersten Symptome auftreten“, sagt Zintl. Dazu gehören typischerweise neben einem unwillkürlichen Zittern, dem Ruhetremor, verlangsamten Bewegungen, Bradykinese genannt, auch Muskelsteifheit (Rigor) und Gleichgewichtsstörungen. Dan werde, wie Zintl sagt, auch meistens mit den Medikamenten begonnen. Bisher lassen siech allerdings nur die Symptome behandeln.
Für Betroffene heißt das: Je früher die Diagnose gestellt werden kann desto besser. Denn: „Im Frühstadium sind die Symptome gut behandelbar“, erklärt Zintl.
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Das gilt zumindest für das klassische Parkinson-Syndrom. Es macht laut der Deutschen Parkinson Gesellschaft etwa 75 Prozent aller Parkinson-Syndrome aus. Davon werden seltene genetische Formen, das sekundäre Parkinson oder das atypische Syndrom unterschieden. Anders als beim klassischen Parkinson, idiopathisches Parkinson-Syndrom genannt, treten die anderen Formen infolge einer konkreten Ursache auf – etwa Genetik, Drogen, Medikamente oder Erkrankungen. „Allen atypischen Parkinson-Syndromen ist gemeinsam, dass sie schneller verlaufen als das klassische Parkinson-Syndrom und weniger gut auf Medikamente ansprechen“, sagt Zintl.
Wirkschwankungen bei fortschreitender Krankheit
Die Symptome des klassischen Parkinsons seien im Frühstadium zwar gut behandelbar. Nach einigen Jahren können jedoch Wirkschwankungen auftreten. Denn die Zellen, die das Dopamin produzieren, speichern und freisetzen, sterben ab. Der Wirkstoff Levodopa, der zur Behandlung eingesetzt wird, werde dann, von anderen Zellen aufgenommen, wie Zintl erklärt. Das Problem dabei: „Diese Zellen können Dopamin aber nicht speichern und bei Bedarf freigeben, sondern setzen Dopamin sofort frei.“ Der Dopaminspiegel steige in Folge stark – On-Phase genannt – an und falle dann in der sogenannten Off-Phase wieder ab.
„In Off-Phasen sind Patienten schlecht beweglich. Aber auch nicht motorische Symptome können in Off-Phasen auftreten. Denn genauso wie die Beweglichkeit schlecht sein kann, kann auch die Stimmung in Off-Phasen schlecht sein“, sagt Zintl. In den On-Phasenmit hohen Dopamin-Spiegel ist dann oft das Gegenteil der Fall: Patienten seien überbeweglich und auch die Stimmung könne „überschießen“.
Bisher nur Parkinson-Symptome behandelbar
Im Spät-Stadium treten dagegen Symptome in den Vordergrund, die mit Medikamenten nicht gut zu behandeln seien, etwa Demenz, Gleichgewichtsstörungen oder Schluckstörungen. Dennoch: „Grundsätzlich ist die klassische Parkinson-Krankheit eine Erkrankung, mit der der man gut alt werden kann“, sagt Zintl. Neben der medikamentösen Behandlung ist aber vor allem Bewegung entscheidend. „Es geht dabei nicht primär darum, wie sich Patienten bewegen, sondern dass sie sich bewegen. Und ob Patienten jetzt Nordic Walking, Ausdauertraining oder Tai Chi machen ist gar nicht entscheidend. Wichtig ist, dass sie sich bewegen.“ Das gilt natürlich auch zur Vorbeugung der Krankheit.
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Denn bisher gebe es keine Medikamente, um die Ursache von Parkinson, wie Zintl sagt, zu bekämpfen. „Man geht davon aus, dass die Ablagerung eines Proteins, dem Alpha-Synuclein, die Ursache der Parkinson-Krankheit ist.“ Das könne mittlerweile im Blut nachgewiesen werden. In der klinischen Praxis der Krankenhäuser sei dieser Nachweis allerdings noch nicht etabliert. Sollte er sich bewähren und künftig auch hier Einzug finden, ließen sich Diagnosen vermutlich früher stellen.
Noch ist eines der wichtigsten Warnsignale für Ärzte das Schlafverhalten – genauer gesagt das in den Traumphasen, auch REM-Phasen genannt. „Die REM-Schlafverhaltensstörung ist eine Schlafstörung, bei der Patienten ihre Träume ausleben“, sagt Zintl. Wenn Patienten beispielsweise träumen, dass sie kämpfen, schlagen sie tatsächlich um sich und können dabei aus dem Bett fallen oder ihren Bettnachbarn unbeabsichtigt verletzen. Die REM-Schlafstörung trete zwar auch bei gesunden Menschen auf. „Aber das Risiko später ein Parkinson-Syndrom zu entwickeln, ist sehr hoch“, sagt Zintl.