Das Bundesinnenministerium will die Mobilfunk-Netzbetreiber zum Entfernen chinesischer Technologie zwingen. Im Digitalministerium sieht man dagegen kaum Handlungsbedarf.
In der Bundesregierung gibt es Streit um den Umgang mit Technikkomponenten aus China in den deutschen Mobilfunknetzen. Dabei stehen sich vor allem das Bundesinnenministerium von Nancy Faeser (SPD) und das von Volker Wissing (FDP) geführte Digitalministerium mit unterschiedlichen Einschätzungen gegenüber.
Es geht nicht nur um die Sorge, dass der chinesische Staat Einfluss auf die chinesischen High-Tech-Konzerne Huawei und ZTE ausüben könnte, um Mobilfunkverbindungen in Deutschland auszuspionieren oder in einem Konfliktfall einen Black-out zu verursachen. Das Innenministerium argumentiert auch mit einer volkswirtschaftlichen Abhängigkeit - ähnlich wie einst bei den Ostsee-Gasleitungen Nord Stream. Demnach haben sich die Telekommunikationsanbieter beim Aufbau der 5G-Netze für superschnellen Mobilfunk in «erhebliche strukturelle Abhängigkeit von Huawei und ZTE» begeben. Neben Faeser sehen dies auch Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) kritisch.
Kernnetz und sicherheitsrelevante Regionen
Nach den Vorstellungen von Faeser sollen vom 1. Januar 2026 an in den öffentlichen Mobilfunknetzen Deutschlands keine sogenannten kritischen Bauteile chinesischer Zulieferer mehr verwendet werden dürfen. Wie aus Regierungskreisen in Berlin verlautete, betrifft diese geplante vollständige Untersagung das «Kernnetz».
Jenseits des Kernnetzes solle darüber hinaus die Abhängigkeit von Huawei und ZTE bis zum 1. Oktober 2026 reduziert werden, hieß es. Ein striktes Verbot soll es zusätzlich in sicherheitsrelevanten Regionen geben. Damit müssten beispielsweise in der Hauptstadtregion Berlin/Brandenburg oder in der Region Köln/Bonn mit zahlreichen Bundesbehörden und Ministerien alle chinesischen Netzbauteile entfernt werden.
Digitalministerium: «Keine Entscheidung der Bundesregierung»
Ein Sprecher des Digitalministeriums weist jedoch darauf hin, dass es «hier keine Entscheidung der Bundesregierung» gebe. «Schon bisher gelten beim 5G-Ausbau hohe Standards und strenge Vorschriften bezüglich des Einsatzes kritischer Komponenten.» Dieser differenzierte Ansatz habe sich bewährt.
Derzeit werde im Ressortkreis diskutiert, ob die aktuellen globalen Herausforderungen weitere Maßnahmen erforderten, sagte der Sprecher. «Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass die flächendeckende Versorgung mit stabilem, schnellem und bezahlbarem mobilen Internet gesichert bleibt, die Netzbetreiber die Herrschaft über ihr eigenes Netz behalten und keine Abhängigkeiten entstehen.»
Branche gegen ein Verbot
Die Mobilfunk-Unternehmen Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica hatten zuvor den geforderten Ausbau zahlreicher Komponenten der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE aus ihren Netzen kritisiert. Insbesondere die geforderte Frist von drei Jahren für den Umtausch von Komponenten im «Zugangs- und Transportnetz» stieß auf Widerstand.
«Mit Blick auf Genehmigungsverfahren, verfügbare Kapazitäten bei alternativen Lieferanten, verfügbare Kapazitäten bei Bauunternehmen und den von Kundschaft und Politik gewünschten weiteren Mobilfunkausbau ist ein Zieldatum für den Austausch bis 2026 durchaus realitätsfern», sagte ein Telekom-Sprecher. Das zeigten auch Erfahrungen in anderen Ländern. In Großbritannien beispielsweise zeige sich selbst ein Austausch über einen Zeitraum von sieben Jahren als zu ambitioniert. «Mittlerweile ist von zehn Jahren die Rede.»
Ein Sprecher von Telefónica Deutschland sagte, sollte die Bundesregierung jenseits des Kernnetzes auf einen Umbau des Netzes bestehen, würde sein Unternehmen Schadenersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland prüfen. Zudem bestehe für Telefónica die Möglichkeit, eine potenzielle Entscheidung zur Untersagung von Komponenten oder Lieferanten gerichtlich überprüfen zu lassen. Ein Sprecher der Telekom verwies ebenfalls darauf, dass der bisherige Ausbau «auf gültiger Rechtslage und im engen Schulterschluss mit den Aufsichtsbehörden» erfolgt sei. «Wie immer eine künftige Entscheidung der Bundesregierung ausfallen sollte, werden wir uns im Sinne unserer Aktionärinnen und Aktionäre ausführlich damit auseinandersetzen.»
Ericsson, der führende europäische Mobilfunkausrüster, sicherte indessen zu, dass man auch kurzfristig Ersatzkomponenten für die deutschen 5G-Mobilfunknetze liefern könne. «Wir verfügen über ausreichende Kapazitäten», sagte Konzernchef Börje Ekholm dem «Handelsblatt». Aufgrund von langen Genehmigungsprozessen und hohem Personalbedarf bei den Netzbetreibern würden Herstellerwechsel grundsätzlich zwar viel Zeit in Anspruch nehmen. «An Lieferproblemen würde ein kurzfristiger Austausch aber nicht scheitern», sagte er.
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