Wirtschaftsverbände: Mehr erneuerbare Energien

30.08.2021 | Stand 01.09.2021, 5:47 Uhr

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern.- Foto: Peter Kneffel/dpa

Die Frage ist nicht neu, doch sie wird immer lauter und drängender: Wie soll der wachsende Strombedarf künftig gedeckt werden? Die bayerische Wirtschaft hat deshalb klare Forderungen an die Politik.

Die bayerische Wirtschaft fordert ein deutlich höheres Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien und beim Bau neuer Stromleitungen. Zugleich mahnten die führenden Wirtschaftsverbände bei einem Stromgipfel in der Staatskanzlei am Montag unisono niedrigere Strompreise an, vor allem für Industrie-, aber auch für kleine Unternehmen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) versprachen genau dies: mehr Tempo, niedrigere Preise, aber auch Versorgungssicherheit. Eine weitergehende Aufweichung der Mindestabstandsregel für Windräder als zuletzt bereits angekündigt lehnte Söder allerdings klar ab. Die Grünen kritisieren «inhaltsleere Phrasen» ohne konkrete Taten.

Die geplanten großen Stromleitungen von Nord- nach Süddeutschland müssten «schnellstmöglich» fertiggestellt werden, sagte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Bertram Brossardt. «Hier geht es nicht mehr um die Frage des Ob, sondern es geht um die Frage von Speed (Geschwindigkeit).» Zudem müsse der Ausbau erneuerbarer Energien stark beschleunigt werden: mehr Photovoltaik, mehr Windkraft, aber auch modernere sowie neue Wasserkraftwerke. Gaskraftwerke brauche es als Reserve, zudem müssten diese zu klimaneutralen Wasserstoffkraftwerken umgerüstet werden.

Der Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK), Klaus Josef Lutz, betonte, die Nachfrage nach erneuerbaren Energien seitens der Unternehmen sei wesentlich höher als landläufig erwartet. «Wir müssen das Angebot so schnell es geht erhöhen», betonte er deshalb. «Das muss schnell besser werden», sagte er - auch wenn Bayern hier im Vergleich mit anderen Ländern vorn liegen.

Brossardt forderte dauerhaft niedrige Strompreise insbesondere für die Industrie. Sonst werde Bayern zurückfallen, warnte er. Der Präsident des Handwerkstages, Franz Xaver Peteranderl, mahnte niedrige Preise insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen an.

Söder sicherte zu, alles zu tun, um den wachsenden Strombedarf der Zukunft abdecken zu können. Man brauche mehr - und zwar grünen - Strom, dieser müsse preisgünstig sein, und die Versorgungssicherheit müsse gewährleistet werden. Auch Altmaier, der per Video zugeschaltet war, versprach ausreichend klimaneutralen Strom zu bezahlbaren Preisen - das sei allerdings schon eine «Herausforderung für alle».

Die umstrittene Mindestabstandsregel für Windkraftanlagen soll wie angekündigt zwar etwas gelockert werden, um mehr Windräder etwa im Staatswald zu ermöglichen - dort und in anderen Bereichen soll nur noch ein Mindestabstand von 1000 Metern gelten. Eine weitergehende Lockerung lehnte der Ministerpräsident allerdings erneut ab.

Grünen-Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann nannte Söder einen «Windkraft-Verhinderer» und kritisierte: «Erneut enttäuscht Markus Söder auf ganzer Linie - auch dieser Stromgipfel bestand aus inhaltsleeren Phrasen, ohne konkrete Taten aufzuzeigen.» Bis 2025 müsse der Freistaat voraussichtlich 40 bis 50 Prozent des in Bayern verbrauchten Stroms importieren, beklagte Hartmann - dabei seien Stromimporte für einen starken Industriestandort nicht nur ökologisch äußerst unklug. Konkret forderte er unter anderem erneut zügigere Planungs- und Genehmigungsverfahren beim Ausbau erneuerbarer Energien.

Albert Duin (FDP) kritisierte: «Alle Ankündigungen und Versprechen, die heute nach dem Stromgipfel geäußert wurden, sind ein alter Hut und haben nichts Neues gebracht.» Noch immer lebe wohl das Prinzip Hoffnung - nach dem Motto: «So schlimm wird's schon nicht werden».

Bayern kann seinen eigenen, stetig steigenden Energiebedarf längst nicht mehr durch Eigenproduktion decken und muss Strom importieren. Wenn Ende dieses Jahres der Atommeiler Gundremmingen im schwäbischen Landkreis Günzburg vom Netz geht und ein Jahr später der letzte noch verbliebene Reaktor mit Isar 2 unweit von Landshut, dann dürfte ab Anfang 2023 die bayerische Energiebilanz noch defizitärer ausfallen.

Der Bund Naturschutz kritisierte, dass beim Stromgipfel keine Umweltverbände eingeladen gewesen seien. «Eingeladen waren ausschließlich einschlägige Wirtschaftsverbandsvertreter, die teilweise sogar den Ausbau der erneuerbaren Energien in Bayern verhindert haben. Umweltverbände, Bürgerenergiegenossenschaften und Verbraucherschutzverbände blieben komplett außen vor, sagte der BN-Vorsitzende Richard Mergner. Das sei schlechte Regierungspolitik.