Seehofer: Defizite bei Integrationsbemühungen klar benennen

01.07.2021 | Stand 02.07.2021, 20:13 Uhr

Wolfgang Kumm/dpa

Die tödliche Messerattacke in Würzburg sollte aus Sicht von Bundesinnenminister Horst Seehofer Anlass für eine gründliche Überprüfung staatlicher Integrationsmaßnahmen sein. «Es wäre aus meiner Sicht ja schlimm, wenn die Politik nach einem so brutalen Verbrechen den Mantel des Schweigens darüber breitet und sich nicht Gedanken macht, was können wir verbessern», sagte der CSU-Politiker am Donnerstag in Berlin. Dies sage er ausdrücklich als Minister, der für Integrationspolitik mit zuständig sei.

Schließlich sei bereits nach den Krawallen in Stuttgart 2020 die Frage gestellt worden, ob es nicht zu viele junge Zuwanderer gebe, «die entwurzelt sind, die orientierungslos sind», führte Seehofer weiter aus. Womöglich fehle es manchmal an passgenauen Konzepten. Schließlich habe ein Somalier nicht den gleichen kulturellen Hintergrund wie ein Zuwanderer aus Tunesien, und 18-Jährige bräuchten womöglich eine andere Form der Unterstützung als 50-Jährige. In Deutschland lebten aktuell noch zu viele junge Menschen, die ein Aufenthaltsrecht hätten und noch nicht ausreichend integriert seien.

Am Freitag hatte in der Würzburger Innenstadt ein 24 Jahre alter Somalier drei Frauen umgebracht und mehrere Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt. Über das Motiv des Angreifers herrscht Unklarheit. Er lebt mit subsidiärem Schutzstatus in Deutschland. Subsidiären oder eingeschränkten Schutz bekommt, wem in der Heimat ernsthafter Schaden droht, etwa die Todesstrafe, Folter oder Krieg.

Seehofer hatte in einem Interview mit der «Augsburger Allgemeinen» diese Woche gesagt, was ihn nach der Messerattacke am meisten beschäftige, sei die Frage, wie es sein könne, dass ein 24-jähriger Mann, der sich rechtskonform in Deutschland aufhalte, nach sechs Jahren im Land in einer Obdachlosenunterkunft lebe. «Damit können wir uns doch nicht abfinden.» Bund und Länder müssten überlegen, ob die Integrationsbemühungen verstärkt werden müssen.

Im Juni 2020 hatten in einer Nacht Dutzende - vor allem Jugendliche und junge Männer - nach einer Drogenkontrolle in der Stuttgarter Innenstadt randaliert. Polizisten waren damals bedroht, beworfen, getreten und verletzt, Schaufenster zerstört und Geschäfte geplündert worden.