Psychiatrisches Gutachten
Prozess um Mord an Afghanin: Brüder voll schuldfähig

29.11.2022 | Stand 29.11.2022, 22:39 Uhr

Justitia - Eine Figur der blinden Justitia. - Foto: Sonja Wurtscheid/dpa/Symbolbild

Die wegen Mordes an einer 34-jährigen Afghanin angeklagten Brüder der Frau sind voll schuldfähig. Zu der Einschätzung kamen zwei Psychiaterinnen, die ihre Gutachten am Montag vor dem Berliner Landgericht erstatteten. Nach Planungen des Gerichts könnte der Prozess nun nach rund neunmonatiger Verhandlung in die Schlussphase gehen.

Der Beginn der Plädoyers sei nach derzeitigem Stand für den 12. Dezember vorgesehen, sagte der Vorsitzende Richter. Ein Urteil könnte dann am 19. Januar verkündet werden. Die Verteidiger stellten am inzwischen 37. Verhandlungstag allerdings weitere Beweisanträge, über die das Gericht noch entscheiden muss.

Laut Anklage sollen die beiden 27 und 23 Jahre alten Brüder ihre Schwester ermordet haben, weil sich die zweifache Mutter Moralvorstellungen der afghanischen Familie nicht unterworfen und zudem nach ihrer Scheidung eine Liebesbeziehung geführt habe. Die Leiche hätten die Angeklagten in einem Rollkoffer mit einem Taxi zum Bahnhof Berlin-Südkreuz und dann per ICE nach Bayern gebracht. Rund drei Wochen später wurde die Tote in einem Erdloch in der Nähe des bayrischen Wohnortes des älteren Angeklagten entdeckt.

Der 27-Jährige hatte nach rund sechsmonatigem Prozess sein Schweigen gebrochen und in einer verlesenen Erklärung einen Streit mit seiner Schwester geschildert, der eskaliert sei. Er habe die 34-Jährige nicht töten wollen. Sein Bruder sei bei dem Geschehen nicht in der Wohnung gewesen. Er habe dann von dem 23-Jährigen verlangt, ihm beim Wegschaffen der Leiche zu helfen.

Eine Psychiaterin sagte nun, auch ihr gegenüber habe der 27-Jährige von einem Unfall gesprochen. Den Angeklagten habe sie als einen intelligenten und sozial kompetenten Mann wahrgenommen. Er sei 2013 nach Deutschland gekommen. Aufgewachsen sei der 27-Jährige nach seinen Angaben in einem Umfeld von Gewalt - Vater und Mutter in Afghanistan hätten ihre acht Kinder nicht beschützt. Er habe in Deutschland zwei Beziehungen geführt - die Frauen seien jeweils verheiratet gewesen. Seine Schwester sei mit einer neuen Beziehung vermutlich dabei gewesen, sich seinem Machtbereich zu entziehen.

Im Fall des 23-Jährigen sagte eine Gutachterin, er habe sich ihr gegenüber nicht geäußert. Nach ihren Einschätzung sei von einem introvertierten, ängstlichen Menschen auszugehen. Es liege bei ihm eine «gemischte Persönlichkeitsstörung» vor. Einen Zusammenhang mit einem vorgeworfenen Delikt sehe sie aber nicht.

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