Mehr Kleinkinder in Bayerns Kitas: Personallage angespannt

24.08.2021 | Stand 26.08.2021, 5:06 Uhr

Mehrere Bobbycars stehen auf dem Spielplatz eines Kindergartens.- Foto: Christian Charisius/dpa/Symbolbild

Im Freistaat gehen mehr Kinder unter drei in eine Kita als noch vor zehn Jahren. Die Familienministerin sieht sich bestätigt, eine Gewerkschaft sieht die Sache anders: Die Personallage dürfte nach Experten-Einschätzung angespannter werden.

In Bayern besuchen inzwischen deutlich mehr Kleinkinder unter drei eine Kita als noch vor zehn Jahren. Von 2011 bis 2020 habe sich die Zahl der unter Dreijährigen in einer Einrichtung zur Kindertagespflege von 65.617 auf 114.186 Kinder erhöht. Das entspricht einem Anteil von etwa 30 Prozent, wie aus einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung aus Gütersloh hervorgeht. Eine Verbesserung der angespannten Personallage in den Kitas zeichnet sich jedoch nicht ab.

Der von der Stiftung erstellte «Fachkräfteradar für Kita und Grundschule» hat für den Freistaat errechnet, dass bis 2030 mit den bestehenden Ausbildungskapazitäten 34.000 Menschen neu auf diesem Berufsfeld starten können - notwendig wären aber mehr als 37.000. Nur so könne eine kindgerechte Personalausstattung gemäß wissenschaftlicher Empfehlung gewährleistet werden, teilte die Stiftung am Dienstag mit. Diese Lücke sei jedoch bis 2030 weder durch die Aufstockung der Ausbildungskapazitäten zu schließen, noch dürften sich genügend Quereinsteiger finden lassen, um sich pädagogisch zu qualifizieren.

Die Experten rieten dem Freistaat, schon jetzt die Weichen für einen weiteren Ausbau der Kinderbetreuung zu stellen. Die politischen Anstrengungen sollten sich auch darauf konzentrieren, das vorhandene Personal durch attraktive Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten zu binden, sagte Kathrin Bock-Famulla von der Bertelsmann-Stiftung.

Eine Betreuungsquote von rund 30 Prozent der unter Dreijährigen liegt deutlich unter der Quote in Ostdeutschland, wo mehr als 50 Prozent der Kleinkinder eine Kita besuchen. Steige die Quote auch in Bayern in den kommenden Jahren auf diesen Wert an, fehlten noch mehr Erzieherinnen und Erzieher. In Ostdeutschland ist die Betreuungsquote der unter Dreijährigen mit 52,7 Prozent deutlich höher als in Westdeutschland (31,0 Prozent). Bayern ist mit 29,6 Prozent das Bundesland mit der drittniedrigsten Quote. Nur in Bremen und Nordrhein-Westfalen gingen 2020 durchschnittlich noch weniger Kleinkinder zur Kita.

Bayerns Familienministerin Carolina Trautner (CSU) zog ein positives Fazit aus der gestiegenen Zahl der Kleinkinder in Kitas. «Das Ländermonitoring der Bertelsmann Stiftung zeigt: Unsere Kita-Ausbauprogramme seit 2008 wirken», sagte sie am Dienstag. Mit dem aktuellen Sonderinvestitionsprogramm seien 73.500 Betreuungsplätze gefördert worden. Nun wolle man erreichen, dass der Bund 45.000 weitere in Bayern finanziere.

Die Gewerkschaft Verdi mahnte Verbesserungen an. Für Bayern bedeute der Fachkräfteradar große Anstrengungen im Bereich der Ausbildung, der Qualifizierung und der Bindung von pädagogischen Fachkräften, sagte Brigitte Zach von Verdi Bayern. Es gehe um ein größeres Angebot an Plätzen und die Verbesserung des Personalschlüssels auf den westdeutschen Schnitt. Allein die Ausbildungskapazität müsse um 134 Prozent gesteigert werden. Die Ausbildung könne durch angemessenes Entgelt attraktiver gemacht werden, den Fachkräften müssten professionelle und gesundheitsfördernde Bedingungen geboten werden.

Die Gewerkschaft sieht durch die Bertelsmann-Studie eine in den vergangenen Monaten durchgeführte eigene Befragung von Kita-Beschäftigten bestätigt. Fachkräfte werden demnach ihrem pädagogischen Auftrag nicht ausreichend gerecht und müssen schlechte Bedingungen durch individuelles Engagement ausgleichen, wie Verdi Bayern mitteilte.

Familienministerin Trautner sagte, auch Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel stünden ganz oben auf ihrer Agenda. Das Ländermonitoring ignoriere leider viele aktuelle Ansätze, die bereits auf den Weg gebracht worden seien, etwa Verwaltungs- und Leitungsbonus oder eine Verkürzung der Ausbildung für Quereinsteiger, die die Erzieherausbildung für diese attraktiver machen soll.

Der Anteil an männlichen Erziehern oder Kinderpflegern liegt in Bayern bei vier Prozent - bundesweit sind es im Schnitt sechs Prozent. In Horten, in denen nachmittags Schulkinder betreut werden, liegt der Anteil bei 16 Prozent.