Lockerungen erst nach Ostern: Bayern kämpft gegen 3. Welle

25.03.2021 | Stand 25.03.2021, 9:22 Uhr

Peter Kneffel/dpa-Pool/dpa

Obwohl die Ungeduld in der Bevölkerung immer größer wird, entschließt sich die Politik zu einem strikten Oster-Lockdown. Zu gefährlich sei dei dritte Corona-Welle, zu alarmierend seien die steigenden Inzidenzen, sagt Ministerpräsident Markus Söder.

Die Corona-Welt der Bayern könnte in zwei Hälften geteilt werden: Die harte Seite bis zum Ostermontag und die etwas weichere nach dem Fest. Nach einem noch einmal strikteren Lockdown über die Feiertage hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für die Zeit danach Lockerungen in Aussicht gestellt - etwa für Handel und Gastronomie. Ein verstärktes Testkonzept etwa in Schulen, schnelleres Impfen auch bei Hausärzten und probeweise Lockerungen in Modellregionen sollen dabei helfen.

Söder warnte nach einer stundenlangen Nachtsitzung der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und einer anschließenden Sitzung des bayerischen Ministerrates eindringlich vor den Gefahren der laufenden Virus-Welle. «Es ist eine neue Pandemie, es ist nicht einfach der dritte Aufguss», sagte der bayerische Regierungschef. «Es ist eine neue Pandemie, die deutlich aggressiver und gefährlicher ist.» Seit einer Woche gebe es wieder einen Anstieg der Fallzahlen in den Krankenhäusern, sagte er. Die Intensivmediziner schlügen bereits Alarm. Die Sieben-Tage-Inzidenz erreichte am Dienstag einen Wert von 111 im landesweiten Durchschnitt.

Die Maßnahmen für Bayern im einzelnen:

OSTERN: Der Gründonnerstag und der Karsamstag werden behandelt wie Feiertage - Betriebe, Behörden und Geschäfte müssen schließen. Am Samstag dürfen Lebensmittelläden öffnen - aber auch ausschließlich Lebensmittel verkaufen. Die Menschen sollen sich für die Osterfeiertage versorgen können. Nach den Osterferien soll dafür der Einzelhandel ab dem 12. April auch bei höheren Inzidenzen öffnen dürfen als bisher. Präsenz-Gottesdienste zu dem wichtigen christlichen Fest soll es nicht geben.

Die Staatsregierung werde die Kirchen in dieser Frage aber nicht unter Druck setzen, kündigte Söder an. Für private Zusammenkünfte gelten die schon eingeführten Inzidenz-Regeln auch an Ostern: In Gebieten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 50 und 100 dürfen sich zwei Haushalte mit maximal fünf Personen treffen - Kinder bis 14 Jahre werden nicht mitgezählt. In Gegenden mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 sind Treffen nur mit einer einzigen weiteren Person erlaubt.

HANDEL: Die Corona-Regeln für den Einzelhandel sollen nach den Osterferien gelockert werden. Dann sollen Ladenöffnungen mit Hygienekonzept bereits bei einer Inzidenz unter 100 im Land- oder Stadtkreis möglich sein. Bisher liegt die Grenze dafür bei 50. Mindestabstand, Maskenpflicht und eine Begrenzung der Kundenzahl bleiben erhalten. Bei einer Inzidenz zwischen 100 und 200 soll nach den Osterferien das «Click & Meet» genannte Einkaufen mit Termin bei Vorlage eines tagesaktuellen negativen Corona-Tests und verschärften Vorgaben für die Kundenzahl möglich sein. Bisher ist «Click & Meet» im Inzidenzbereich zwischen 50 und 100 erlaubt. Im Einzelhandel gebe es verhältnismäßig wenig Infektionen und die Unternehmen gingen sehr verantwortungsvoll mit den Möglichkeiten um, begründete Söder den Schritt.

SCHULEN: Nur bei einem Inzidenzwert unter 50 sollen sämtliche Grundschulklassen in den Präsenzunterricht zurückkehren. Zwischen 50 und 100 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen einer Woche erfolgt für alle Jahrgänge Wechselunterricht. Bei einem Wert von über 100 gilt grundsätzlich Distanzunterricht - allerdings mit Ausnahmen.

So findet in den Abschlussklassen sowie in der vierten Klasse der Grundschule und den Jahrgangsstufen 11 an Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsoberschulen Präsenzunterricht mit Mindestabstand oder Wechselunterricht statt. In die Klassenzimmer dürfen dabei aber nur Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte, die über einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test verfügen oder in der Schule einen entsprechenden Selbsttest mit negativem Ergebnis gemacht haben.

Auch das an den Schulen tätige Personal soll sich mindestens zweimal wöchentlich selbst testen, auch im Fall der Notbetreuung. Für Kinderbetreuungseinrichtungen bleibt es dagegen bei den bisherigen Regelungen inklusive der Schließung mit dem Angebot einer Notbetreuung ab einer Inzidenz über 100. In der Mitteilung der Staatskanzlei hieß es, kleinen Kindern seien weder regelmäßige Tests zuzumuten noch könnten von ihnen eigene Vorsichtsmaßnahmen erwartet werden.

IMPFEN: In 1500 Hausarzt-Praxen im Freistaat soll schon vor der Osterpause am 31. März geimpft werden können. Man wolle versuchen, das hinzubekommen, auch um ein Signal zu setzen, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Die Regierung sei dazu mit den entsprechenden Ärtze-Gremien und Organisationen im Gespräch. Vom Impfen beim vertrauten Hausarzt erhoffe man sich auch eine höhere Akzeptanz des wegen bekanntgewordener Nebenwirkungen umstrittenen Impfstoffes des britisch-schwedischen Konzerns Astrazeneca, sagte Holetschek.

Wie wirksam das Impfen sei, beweise ein Blick auf die Inzidenzen in den Altersgruppen, sagte Söder: Bei den über 80-Jährigen, von denen ein Großteil geimpft sei, gehe die Inzidenz massiv zurück, bei den 15- bis 34-Jährigen steige sie stark. Insgesamt waren bis einschließlich Montag nach Aufzeichnungen des Robert Koch-Instituts in Bayern 1 880 678 Impfdosen verabreicht worden.

TESTEN: Frühzeitiges Testen soll zu einem der Eckpfeiler des Schutzkonzeptes gegen Corona in Bayern werden. Dazu will der Freistaat an allen bestehenden Testzentren eine zusätzliche Schnelltest-Strecke einrichten, sagte Söder.

Zudem sollen in drei bis vier Modellregionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 nach Ostern weitere Öffnungsschritte ausprobiert werden. Unter strengen Schutzmaßnahmen und mit einem Testkonzept könnten für die Dauer von 14 Tagen einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens öffnen. Damit soll die Umsetzbarkeit von Öffnungsschritten untersucht werden. Welche Regionen dies sein werden, sagte Söder bei der Vorstellung des Beschlusses nicht. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) brachte seine Stadt umgehend als potenzielle Pilotregion ins Spiel.

REISEN: Die Crux, dass Urlaubsreisen ins Ausland über Ostern unter bestimmten Bedingungen grundsätzlich möglich bleiben, Ferienaufenthalte im Inland aber nicht, bleibt ungelöst. Söder kritisierte den Bund dafür, dass die Entscheidung, etwa die spanische Urlaubsinsel Mallorca nicht mehr als Risikogebiet zu deklarieren, nicht ausreichend kommuniziert worden sei. Solche «Hoppla-Hopp-Entscheidungen» ohne jede Rücksprache schadeten der Akzeptanz von Corona-Maßnahmen, sagte Söder. Auch Münchens Oberbürgermeister Reiter kritisierte den Widerspruch. Allerdings: Immerhin müssen Rückkehrer auch aus Nicht-Risikogebieten wie derzeit Mallorca einen Negativ-Test bei der Einreise nach Deutschland vorlegen.