«Kreative Lösungen» im Prozess um Atemschutzmasken gesucht

08.07.2021 | Stand 09.07.2021, 22:48 Uhr

Sven Hoppe/dpa

Vor gut einem Jahr war die Pandemie so richtig in Deutschland angekommen. FFP2-Masken wurden händeringend gesucht, Importe aus China waren heiß begehrt. Doch nicht immer stimmte die Qualität. In München geht es nun vor Gericht darum, wer dann das Nachsehen hat.

Frühjahr 2020: Deutschland ist im ersten Lockdown erstarrt. Es ist die Zeit, in der den Kliniken die FFP2-Masken auszugehen drohen, in denen die Verantwortlichen auf allen Ebenen auf allen verfügbaren Wegen versuchen, hochwertige Mund-Nasen-Bedeckungen ins Land zu holen. Diese Zeit ist der Hintergrund eines Prozesses vor dem Landgericht München II, bei dem am Donnerstag über eine Lieferung von rund 850.000 Masken für knapp 2,3 Millionen Euro gestritten wurde.

Eine Firma aus Hessen hatte die Masken im April 2020 bei einem oberbayerischen Handelsunternehmen mit guten Kontakten nach China geordert. Als die Lieferung aus Fernost ankam, schien nach mehreren Qualitäts-Stichproben und einem Preisnachlass aufgrund der angefallenen Verspätung zunächst alles in Ordnung.

Doch später zeigten sich, so die Argumentation der Klägerin, Qualitätsmängel. Ein Großauftrag mit dem Bund sei deswegen nicht zustande gekommen, die bereits weiterverkauften Masken wurden zurückgerufen. Die Firma fordert deshalb rund 1,8 Millionen Euro zurück. Im Gegenzug will sie gut 763.000 Masken zurückgeben, die bis heute in ihrem Lager liegen.

Eines machte Richterin Ulrike Fürst gleich zu Beginn klar: «Das ist eindeutig kein Masken-Scam. Da sitzen jetzt keine Kriminellen hier», sagte sie mit Blick auf die fünf Beklagten. Letztlich gehe es darum, dass die Käuferin der Masken den Kauf wegen Qualitätsmängeln wieder rückabwickeln wolle.

Allerdings seien selbstverständlich die damaligen Umstände zu berücksichtigen. «Wir reden über historische Zeiten. Es war die Zeit, in der wir alle Zuhause saßen und Masken genäht haben», erinnerte Fürst zu Beginn der Verhandlung. Die weißen Bedeckungen waren auf dem Weltmark so umkämpft, dass sogar Lieferungen in andere Länder abgefangen wurden.

Das wollte sich die Käuferin zunutze machen, die normalerweise Apotheken unter anderem mit Kosmetika beliefert. «Die Apotheken haben mit den Haxen gescharrt und auf Masken gewartet», sagte der Geschäftsführer des Unternehmens. «Deshalb war der zeitliche Faktor für uns auch relevant, weil uns bewusst war, dass einen Monat später oder zwei Monate später ein Überangebot von Masken einsetzen würde.»

Doch die Lieferung kam verspätet, weswegen ein Preisnachlass ausgehandelt wurde - mit dem handschriftlichen und gegengezeichneten Zusatz, dass mit der Reduzierung des Kaufpreises alle Forderungen abgegolten seien.

Dieser Zusatz - zusammen mit dem geringen Restvermögen des inzwischen liquidierten oberbayerischen Unternehmens - führte dazu, dass Richterin Fürst die beiden Parteien eindringlich zu «kreativen Lösungen» im Rahmen einer gütlichen Einigung aufrief. Kommt diese über den Sommer nicht zustande, wird der Prozess im Dezember fortgesetzt.