Kameramann von «Das Boot» muss um faire Vergütung kämpfen

01.04.2021 | Stand 03.04.2021, 21:55 Uhr

Arne Dedert/dpa/Archivbild

Der Spielfilm «Das Boot» ist heute ein Klassiker und hat viele Millionen Euro eingespielt. Chef-Kameramann Jost Vacano bekam für die Dreharbeiten etwa 100 000 Euro. Seit mehr als einem Jahrzehnt klagt er für einen angemessenen Nachschlag. Aber wie viel ist angemessen?

Der Chef-Kameramann von «Das Boot», Jost Vacano (87), braucht in seinem Streit um eine angemessene finanzielle Beteiligung am Erfolg des Filmklassikers einen langen Atem. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob am Donnerstag auch in einem zweiten Verfahren das vorinstanzliche Urteil auf. Grund dafür sind Fehler bei der komplizierten Berechnung der Ansprüche. Das Münchner Oberlandesgericht (OLG) muss nun erneut verhandeln. Die zweite Klage beschäftigt seit Jahren die Stuttgarter Gerichte. (Az. I ZR 9/18)

Der Anfang der 80er Jahre produzierte Spielfilm von Regisseur Wolfgang Petersen wurde in sechs Kategorien für den Oscar nominiert und spielte viele Millionen Euro ein. Vacano hatte für seine Arbeit umgerechnet etwa 100 000 Euro erhalten. Seit 2002 gibt es im Urheberrecht den sogenannten Fairnessparagrafen. Er sieht eine Nachvergütung vor, wenn die vereinbarte Gegenleistung und die später erzielten Erträge in auffälligem Missverhältnis stehen.

Auf dieser Grundlage streitet Vacano seit mehr als einem Jahrzehnt für eine Nachzahlung. In einem ersten Schritt hatte er 2011 vor dem BGH durchgesetzt, dass man ihm sämtliche Einnahmen offenlegen muss. Wie viel er von wem bekommt, muss allerdings separat geklärt werden.

Die Klage, um die es jetzt ging, richtet sich gegen die Produktionsgesellschaft Bavaria Film, den Westdeutschen Rundfunk (WDR) und den Videoverwerter. Der WDR hatte den Film selbst und im ARD-Gemeinschaftsprogramm ausgestrahlt und entgeltliche Sublizenzen erteilt. Das OLG München hatte Vacano 2017 von allen dreien insgesamt rund 438 000 Euro plus 150 000 Euro Zinsen zugesprochen.

Aber nun ist wieder alles offen. Die Münchner Richter hätten sich bei der Bestimmung der Summen zwar korrekterweise auf branchenübliche Tarifverträge und Vergütungsregeln gestützt, erläuterte der BGH-Senatsvorsitzende Thomas Koch bei der Urteilsverkündung. Sie hätten aber zwischen den drei Beklagten differenzieren müssen. Bei einem Film sei es zum Beispiel denkbar, dass er im Kino sehr erfolgreich sei, im Fernsehen aber ein Flop. Deshalb könnten nicht einfach überall die 100 000 Euro zugrundegelegt werden.

Koch sagte, für die Gerichte sei es in Fällen wie diesem außerordentlich schwierig, die Höhe der angemessenen Vergütung zu bestimmen. «Die Rechtsstreitigkeiten sind äußerst komplex.»

Der WDR geht davon aus, dass die zu zahlende Nachvergütung nun niedriger ausfallen dürfte «als vom Kläger erhofft». Aus Sicht der Beklagten «hätte der seit 2008 andauernde Rechtsstreit durch Anwendung der am Markt etablierten Vergütungsmodelle längst beendet werden können», teilte der Sender mit. Inzwischen gebe es Branchenvereinbarungen, die Vergütungsmodelle für die langfristige Nutzung erfolgreicher Film- und Fernsehproduktionen vorsähen.

Auf dieser Basis habe man sich mit den Schauspielern von «Das Boot» auf eine Pauschalvergütung für die Vergangenheit und eine gemeinsame Vergütungsregel für die Zukunft geeinigt. «Ein vergleichbares Angebot an Herrn Vacano blieb bislang unbeantwortet.» Dieser habe bereits 2014 ein Vergleichsangebot nach langen Verhandlungen abgelehnt.

Im Februar 2020 hatte Kochs Senat das zweite Vacano-Verfahren ans OLG Stuttgart zurückverwiesen, mit einer ähnlichen Begründung. Hier geht der 87-Jährige gegen die übrigen acht ARD-Anstalten vor, die «Das Boot» ebenfalls vielfach ausgestrahlt hatten. Der BGH hält es grundsätzlich für möglich, dass Vacano von ihnen mehr Geld zusteht - denn die Sender hätten mit den gefüllten Sendeplätzen Ausgaben für eigene Produktionen gespart. Aber auch hier wurde falsch gerechnet. Laut OLG ist geplant, den Streit am 7. Juli neu zu verhandeln.