Im Corona-Jahr deutlich weniger Kirchenaustritte in Bayern

14.07.2021 | Stand 31.07.2021, 1:57 Uhr

Hinter einem Kreuz ist der Mond zu sehen. Foto: picture alliance / dpa

Weniger Kirchenaustritte im Krisenjahr in Bayern wie in Deutschland: Lag es daran, dass die Menschen in der Pandemie mehr als sonst den Halt der Religionen suchten? Die Kirchen betonen: Es haben uns so oder so immer noch zu viele verlassen.

Die beiden großen Kirchen in Bayern hatten 2020 deutlich weniger Kirchenaustritte zu verzeichnen. Insgesamt verließen rund 92 900 Menschen die Glaubensgemeinschaften, im Vorjahr waren es 110 700. Bundesweit sah die Entwicklung vergleichbar aus.

Die katholischen Bistümer verzeichneten im Freistaat rund 66 300 Austritte, berichtete die Deutsche Bischofskonferenz am Mittwoch in Bonn. Im Vorjahr waren noch 78 300 Menschen im Freistaat aus der katholischen Kirche ausgetreten. Die Gesamtzahl der Katholiken sank damit in Bayern auf 6,16 Millionen.

Aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche traten etwa 26 600 Menschen aus, im Jahr 2019 waren dies noch knapp 32 400, wie die Landeskirche in München mitteilte. Zum Jahresende 2020 zählte die protestantische Kirche 2,25 Millionen Mitglieder, im Jahresvergleich etwa zwei Prozent weniger.

Krisen gelten traditionell als «gute Zeiten» für Religionen, da sie dann als Sinnstifter gefragt sind. Doch die Kirchen hüteten sich davor, die Verlangsamung bei den Austrittszahlen als Trendumkehr zu werten. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, bezeichnete die Statistik als «schmerzlich». «Viele haben das Vertrauen verloren und möchten mit dem Kirchenaustritt ein Zeichen setzen», sagte Bätzing.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und bayerische Landesbischof, Heinrich Bedford-Strohm, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wie die zurückgehende Zahl von Kirchenaustritten zu deuten ist, können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch schwer sagen.» Derzeit erlebe die Kirche auf jeden Fall einen regelrechten «Taufboom», weil viele die Feier während der Corona-Pandemie aufgeschoben hätten und jetzt nachholen wollten.

Der Passauer Bischof Stefan Oster verwies ebenfalls auf die Besonderheit des Corona-Jahres, «das so anders war als alles, was wir bisher kannten». Er betonte: «Unsere karitativen und beratenden Einrichtungen sind in manchen Bereichen an ihre Leistungsgrenzen gestoßen, weil sehr viele Menschen ihrer Hilfe bedurften.»

Ein Sprecher des Bistums Regensburg sprach von «Kirchenaustritten auf hohem Niveau». Die Regensburger Diözese richtete daher wieder ein «Austrittstelefon» ein, bei dem sich Menschen melden können, die einen Kirchenaustritt vollzogen haben oder sich diesen überlegen.

Dabei haben die Regensburger mit rund 9400 Austritten bei 1,12 Millionen Gläubigen eine relativ geringe Austrittsquote. Das Erzbistum München-Freising stand mit fast 22 600 Austritten bei 1,61 Millionen Mitgliedern deutlich schlechter da.

Die katholische Reformbewegung «Wir sind Kirche» sprach von einem «neuerlichen dramatischen Warnruf an die Kirchenleitung». Ein Sprecher der Bewegung sah eine «wachsende Entfremdung vieler Katholikinnen und Katholiken von ihrer Kirche».