Seit Wochen ermitteln Staatsanwälte gegen Gefängnismitarbeiter wegen des Verdachts, Häftlinge misshandelt zu haben. Nun weitet sich der Fall aus. Wurden Unterlagen in der Haftanstalt geschreddert?
Nach dem Bekanntwerden von Misshandlungsvorwürfen gegen Mitarbeiter des Gefängnisses im Augsburger Vorort Gablingen sind möglicherweise relevante Akten vernichtet worden. Wie die Staatsanwaltschaft berichtete, haben zwei Bedienstete der Justizvollzugsanstalt (JVA) die Ermittler entsprechend informiert.
Demnach sollen nach der ersten Razzia in der Haftanstalt nach Angaben der Zeugen von drei Beschuldigten eventuell Unterlagen geschreddert worden sein. Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat die strafrechtliche Untersuchung deswegen ausgeweitet. Inzwischen werde gegen 16 Beschuldigte ermittelt, berichtete Oberstaatsanwalt Andreas Dobler.
Zunächst richteten sich die Ermittlungen nur gegen zehn Verdächtige, darunter die frühere stellvertretende Anstaltsleiterin. Sie stehen im Verdacht, Häftlinge in sogenannten „besonders gesicherten Hafträumen“ misshandelt zu haben. Es geht um den Vorwurf der Körperverletzung im Amt, zweimal wurde deswegen die JVA durchsucht.
Bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung für die Verdächtigen. Die Anwälte der vorläufig suspendierten Vize-Gefängnisleiterin haben die Vorwürfe gegen ihre Mandantin zurückgewiesen.
Kripo versucht Akten aus Schredderfetzen zu rekonstruieren
Nach Angaben von Dobler hat die Kriminalpolizei das Schreddergut aus dem Gefängnis inzwischen sichergestellt. Die Ermittler wollen nun prüfen, um welche Unterlagen es geht. Dazu werde die Möglichkeit einer Wiederherstellung der Akten geprüft. Bislang wird allerdings auch nicht ausgeschlossen, dass es sich bei den vernichteten Papieren um Dokumente handelt, die nichts mit den Vorwürfen gegen die Justizbeamten zu tun haben. Dennoch werde gegen die drei Mitarbeiten, die die Akten geschreddert haben sollen, wegen des Verdachts der versuchten Strafvereitelung ermittelt.
Mittlerweile wird auch nicht ausgeschlossen, dass es auch außerhalb der Augsburger Haftanstalt zu Übergriffen von JVA-Bediensteten auf Häftlinge gekommen sein könnte. Hintergrund ist nach den Angaben, dass Mitarbeiter der JVA Gablingen auch dienstliche Einsätze in zumindest einer anderen bayerischen Haftanstalt hatten. Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob es durch Augsburger Vollzugsmitarbeiter bei einem solchen Außeneinsatz zu strafrechtlich relevanten Vorfällen gekommen ist.
Minister soll im Landtag über Vorwürfe berichten
Die JVA Augsburg-Gablingen gilt als eine der modernsten Haftanstalten in Deutschland. Im Jahr 2015 wurde die auf der grünen Wiese in der Gemeinde Gablingen errichtete JVA eröffnet. Sie ist Ersatz für die alten Gefängnisbauten im benachbarten Augsburg. In der neuen JVA gibt es mehr als 600 Haftplätze.
Am Donnerstag soll Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) im Rechtsausschuss des Landtages in München über die aktuellen Missbrauchsvorwürfe gegen die Bediensteten der JVA berichten. Das Ministerium hatte zwischenzeitlich auch die langjährige Gefängnischefin aus Gablingen vom Dienst freigestellt, obwohl sich die strafrechtlichen Vorwürfe nicht gegen die Beamtin richten.
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