Fit und humorvoll: Benedikt XVI. feiert mit Domspatzen

02.07.2021 | Stand 03.07.2021, 21:58 Uhr

Daniel Karmann/dpa

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. feierte im Vatikan im kleinen Kreis den 70. Jahrestag seiner Priesterweihe und bekam dazu Besuch aus seiner früheren Heimat - die Gäste brachten ihm ein musikalisches Geschenk mit.

Mit schwacher Stimme, aber geistig fit und humorvoll - so beschreibt ein Sänger der Regensburger Domspatzen den emeritierten Papst Benedikt XVI. Sechs frühere Chorknaben hatten den 94-Jährigen anlässlich dessen 70-jährigen Priesterweihe-Jubiläums im Vatikan besucht. Dort gestalteten sie zwei Gottesdienste in der Hauskapelle des Klosters, in dem Benedikt XVI. lebt, und waren zu einer Plauderrunde mit dem einstigen Kirchenoberhaupt in dessen Wohnzimmer eingeladen.

Benedikts Bruder Georg Ratzinger, der im vergangenen Jahr starb, war von 1964 bis 1994 bei den Domspatzen Domkapellmeister. Der Kontakt zwischen ihm und vielen ehemaligen Schülern sei danach bestehen geblieben, berichtet Tobias Appl. Der Besuch der Gruppe habe beim früheren Papst viele Erinnerungen an die damalige Zeit und an seinen Bruder geweckt. «Er war tief bewegt», sagt Appl.

Der 45-Jährige spricht von einem «ganz besonderen Erlebnis». Dreimal seien sie an zwei Tagen mit Benedikt XVI. zusammengekommen. Zwei Gottesdienste habe der frühere Papst im Rollstuhl sitzend gemeinsam mit seinem Privatsekretär Georg Gänswein zelebriert. Benedikts Stimme sei wechselhaft. Manchmal sei sie kräftig und dann wieder brüchig und kaum zu verstehen.

Die Domspatzen hätten Stücke der Priesterweihe gesungen und solche, die Georg Ratzinger am Herzen gelegen seien, etwa «Hebe Deine Augen auf» aus dem Oratorium «Elias» von Felix Mendelssohn Bartholdy. Bei einer nachmittäglichen Begegnung in den Privaträumen Benedikts seien Volks- und Abendlieder auf dem Programm gestanden. «Das kam sehr gut an.»

«Danach saßen wir im Kreis zusammen und haben angestoßen. Es gab Champagner, das war ein ganz besonderer Tropfen.» Benedikt habe von seiner Priesterweihe erzählt, es habe viel zu lachen gegeben. «Er ist ein sehr humorvoller Mensch.» Überhaupt habe eine unverkrampfte, familiäre Atmosphäre geherrscht. Es sei gar nicht steif zugegangen. Er habe auch ein erstaunlich gutes, präzises Gedächtnis. So habe Benedikt Details zu CD-Einspielungen seines Bruders gewusst und auch familiäre Hintergründe oder Anekdoten zu den sechs Domspatzen.

Ein Fußball-Fan sei der frühere Papst allerdings nicht, sagte Appl. Das nachmittägliche Treffen hatte just am Tag des EM-Spieles zwischen der deutschen und der englischen Nationalmannschaft stattgefunden. Benedikt lasse sich bestenfalls berichten, wie Fußballspiele ausgingen. Ansehen tue er sie nicht - anders als sein Privatsekretär. Dieser habe gemeinsam mit den Domspatzen noch die zweite Halbzeit des Achtelfinalspiels geschaut. «Er ist sportbegeistert und kennt sich gut aus.»

Benedikt XVI. hatte früher in der Nähe von Regensburg gewohnt, wo sein Bruder als Domkapellmeister die Domspatzen dirigierte. Die Brüder verband eine innige Beziehung. Als Georg Ratzinger Ende Juni 2020 schwächer geworden war, hatte ihn Benedikt XVI. überraschend in Regensburg besucht. Bei einem der Treffen der beiden war Tobias Appl dabei, wie er erzählt. «Das war eine große Ehre.» Die Brüder hätten eine große Sehnsucht verspürt, voneinander Abschied zu nehmen. «Das war sehr bewegend.»

Ratzinger starb am 1. Juli 2020 im Alter von 96 Jahren, nur zehn Tage nach der Abreise seines zwei Jahre jüngeren Bruders Joseph - wie Benedikt mit bürgerlichem Namen heißt.