Verjährung und Inkasso
Bußgeldbescheid aus Italien: Das müssen Sie wissen

09.03.2023 | Stand 17.09.2023, 1:14 Uhr

Nach fast 2 Jahren flattert plötzlich ein Bußgeldbescheid aus dem Italienurlaub ins Haus. Was tun? −Foto: dpa

Der Urlaub in er Toskana ist lange vorbei und plötzlich flattert Post aus Italien ins Haus. Es ist ein Bußgeldbescheid wegen unerlaubten Befahrens einer verkehrsberuhigten Zone. Aber: Der Urlaub war vor fast zwei Jahren. Ist der Bußgeldbescheid überhaupt noch gültig?





Die Straßen und Gassen in den mittelalterlichen Städten in Italien sind oftmals unübersichtlich beschildert und eine Herausforderung für den Urlauber am Steuer. Da übersieht man schnell einmal ein Schild und fährt, wo man eigentlich nicht fahren dürfte. Die elektronische Zonenüberwachung aber registriert das Vergehen, zeichnet das Kennzeichen auf. Das Verfahren nimmt seinen Lauf. Halterdaten werden ermittelt, der Bußgeldbescheid verschickt. Im Falle der Fahrt durch die verkehrsberuhigte Zone knapp 100 Euro. Nach italienischem Gesetz muss die Zustellung innerhalb von 360 Tagen passieren. Andernfalls gilt die Ordnungswidrigkeit als verjährt.

Wann beginnt die Verjährungsfrist des Bußgeldbescheids?

Die Krux: „Es gibt keine höchstrichterliche Instanz in Italien, die das bislang bestätigt“, weiß Sabine Tabula von der juristischen Abteilung des ADAC in München. Manchmal findet auch der Einwurf Anwendung, dass die 360 Tage erst ab Feststellung der Halterdaten gelten. Diese kann sich bei ausländischen Fahrzeugen etwa aus Deutschland nämlich über Monate ziehen. Die Tendenz der erstinstanzlichen Urteile geht zwar in Richtung Zeitpunkt des Verstoßes - „verlassen sollte man sich aber nicht darauf“, so Tabula.



Was also tun bei einem Bußgeldbescheid aus dem Ausland für ein Vergehen, das so weit zurückliegt? „Das kann man nur individuell beantworten“, so die Rechtsexpertin. Wer nicht zahlen will, sollte als erstes Einspruch erheben - auf italienisch beim zuständigen Präfekten des Ortes. Das Risiko: Wenn dieser den Einspruch ablehnt wird, verdoppelt sich das Bußgeld. Denn in Italien gilt die Regelung, dass ein Bußgeld 30 Prozent günstiger ist, wenn man es binnen fünf Tagen bezahlt. Nach 60 Tagen allerdings verdoppelt es sich. Dann hat man immer noch die Möglichkeit, sich einen italienischen Fachanwalt zu nehmen, „da sollte man dann aber auch eine entsprechende Rechtschutzversicherung haben“, rät die Expertin.

Nur Bundesamt für Justiz darf vollstrecken

Man kann die ganze Angelegenheit natürlich auch aussetzen und abwarten, ob die italienischen Behörden den Fall an das Bundesamt für Justiz weiterleitet. Dann das ist die einzige Stelle, die ausländische Bußgeldbescheide in Deutschland vollstrecken darf. Trotzdem übergeben viele Kommunen solche Fälle an italienische Inkasso-Unternehmen. Die stellen dann auch noch Bearbeitungsgebühren in Rechnung, und so werden aus 100 schnell 400 oder 500 Euro. Die man aber nicht zahlen muss. „An uns wenden sich oft Mitglieder wegen solcher Inkasso-Schreiben“, erzählt Tabula. Denn es kann natürlich sehr belastend und nervenaufreibend sein, immer wieder mit solchen Schreiben und steigenden Forderungen konfrontiert zu werden. Rechtliche Konsequenzen muss man in Deutschland aber nicht fürchten. „Forderungen von öffentlicher Hand aus dem Ausland dürfen Inkasso-Unternehmen hier nicht eintreiben - das ist einfach so.“

Das gilt allerdings nicht für Bußgeldbescheide wegen Mautgebühren. Mautstellen in Italien werden von privater Hand im Auftrag betrieben und fallen somit unter das Zivilrecht. Hier gilt eine Verjährungs- und Vollstreckungsfrist von bis zu 10 Jahren, die zudem via Inkasso auch in Deutschland eingetrieben werden darf.

Bußgeld aus Italien zahlen oder abwarten?

Ales in allem muss jeder für sich selbst abwägen, ob er so einen Bußgeldbescheid bezahlen will. Im Falle des Befahrens der verkehrsberuhigten Zone (Zona Traffico Limitato) sind das rund 100 Euro. Wer etwa regelmäßig in der jeweiligen Gegend unterwegs ist, ist vielleicht besser damit beraten, schnell zu zahlen. Denn natürlich bleibt die Forderung im jeweiligen Land bestehen und kann dort weiter verfolgt werden. Beim nächsten Urlaub kann das unter Umständen problematisch werden.

Prinzipiell gilt das für Bußgeldbescheide in allen EU-Ländern. Nur die Fristen sind ganz unterschiedlich. Eine so kurze Verjährungsfrist wie in Deutschland von nur drei Monaten gibt es allerdings in keinem anderen Land. Eine Ausnahme gibt es auch im Nachbarland Österreich. Hier gibt es seit 1988 einen Amts- und Rechtshilfevertrag. Lesen Sie hier, was deutsche Autofahrer über einen Bußgeldbescheid aus Österreich wissen müssen.