Cyber-Betrüger zockten Anleger um fast 77 Millionen Euro ab, auch in Regensburg und im Kreis Regen. Nun ist ein sechster Verdächtiger in Haft. Ihm wird am Landgericht in Regensburg bald der Prozess gemacht.
Um rund 77 Millionen Euro hat eine internationale Bande Tausende Anleger betrogen – auch Opfer in Ostbayern. Nun hat die Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg einen weiteren mutmaßlichen Täter gefasst. Auch ihm soll wieder in Regensburg der Prozess gemacht werden. Fahnder hatten den 47-Jährigen, der eine führende Position gehabt haben soll, vor knapp einem Jahr in Paris verhaftet. Seit der Auslieferung aus Frankreich sitzt er in Untersuchungshaft.
Lesen Sie auch: Beispielloser Erfolg gegen Finanzbetrugs-Mafia – Sie erbeuteten Millionen im Internet und sollen in Regensburg vor Gericht
Es ist nicht der erste Prozess um den Mega-Betrug im Internet: Im April 2023 hatten sich bereits die Bandenbosse für ihr weltweites Betrugssystem verantworten müssen. Sie gestanden, boten fast fünf Millionen Euro Schadenersatz für deutsche Geschädigte und kamen mit vergleichsweise niedrigen Haftstrafen davon. Das Regensburger Landgericht verhängte in bislang drei Prozessen gegen die Drahtzieher sowie weitere Mitglieder (vier Männer und eine Frau) zwischen zweieinhalb Jahren und sechs Monaten sowie fünf Jahren und neun Monaten Gefängnis. Neben dem jetzt verhafteten 47-Jährigen wird laut einer aktuellen Pressemitteilung gegen weitere Mitglieder der Gruppierung ermittelt.
Opfer stammen aus Regensburg und Kreis Regen
Die Opfer stammen aus ganz Deutschland: Eine Frau aus Regensburg brachten die Täter in weniger als einem Jahr um fast 275.000 Euro. Ein Geschädigter im Landkreis Regen investierte im Jahr 2019 in 22 Tagen fast 183.000 Euro – und verlor am Ende alles. Sie waren zwei von Tausenden Opfern des „Cybertrading“ genannten Phänomens.
Die Bande lockte Anleger auf nur dafür programmierte Plattformen wie „GetFinancial“, „ProCapitalMarkets“, „MyCoinBanking“ oder „ProfitTrade“. Was die Kunden dort sahen, war jedoch reiner Fake: Kein einziger Cent ihres Geldes wurde je investiert. Alles in dem System war „allein darauf angelegt, sich möglichst das gesamte Vermögen der Opfer einzuverleiben“, sagte der Staatsanwalt in einem Prozess.
Das könnte Sie ebenfalls interessieren: LKA ermittelt nach Schüssen in Regensburg – Senior (75) hatte Sportwaffe versteckt
Ermittler der Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben (KPI-Z) in Regensburg waren den Drahtziehern des weltweiten Anlagebetrugs via Internet jahrelang auf der Spur. Federführend war dabei die Zentralstelle Cybercrime (ZCB) in Bamberg. Im Sommer 2021 erfolgte der Zugriff. Dabei hoben die Fahnder mehrere Callcenter in Israel, in Georgien, in der Republik Moldau sowie in Armenien aus. Nun ging den Ermittlern der sechste Verdächtige ins Netz: Der 47-jährige Israeli wurde am 14. Juli 2023 am Flughafen Paris-Orly gefasst. Exakt fünf Monate später erfolgte dann seine Auslieferung nach Deutschland.
Anklage erhoben: Vier Jahre in leitender Funktion?
Der Mann soll seit Ende 2015 Teil des Mega-Betrugssystems gewesen sein, teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg gestern mit. Aufgebaut war das Ganze wie ein Großunternehmen – aber mit dem Geschäftsziel, arglose Anleger abzuzocken. Der 47-Jährige sei Ingenieur und hätte laut Anklage ab 2017 als Leiter der Analyseabteilung und des „Trading und Education Departments“ gearbeitet. Er soll also auch für die Ausbildung der Callcenter-Mitarbeiter zuständig gewesen sein. Dazu soll die Betreuung des Kundenverwaltungssystems zu seinen festen Aufgaben gezählt haben.
Insgesamt soll der Angeschuldigte für einen Schaden von rund acht Millionen Euro verantwortlich sein – als Lohn soll er rund 166.000 Euro erhalten haben. Dem 47-Jährigen wird in Regensburg wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in acht Fällen der Prozess gemacht. Dafür drohen Freiheitsstrafen von einem bis zu zehn Jahren.
Zu den Kommentaren