Durchsuchungen auf Zypern
Internationales Täternetzwerk erbeutete Millionen: Kripo Amberg spürt Cyberkriminelle auf

08.11.2024 | Stand 08.11.2024, 16:22 Uhr |

Die Tätergruppierung soll nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen bereits seit August 2022 mindestens 13 betrügerische Trading-Plattformen im Internet betrieben haben, neben Halder-Bay auch Advancia, Avanchie, Bitdach und Wega-Bay.  − Symbolbild: imago

Sie sollen durch durch Investmentbetrug im Internet Millionen erbeutet haben: Vier Männer sind am Dienstag nach umfangreichen Ermittlungen der Zentralstelle Cybercrime Bayern sowie der Kriminalpolizei Amberg auf Zypern und in Deutschland festgenommen worden. Die Beamten stellten umfangreiches Beweismaterial und auch Vermögenswerte sicher.

  

Wie die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg mitteilte, wurden am Dienstag, den 5. November, unter Leitung der Zentralstelle Cybercrime Bayern in Deutschland und auf Zypern insgesamt 13 Objekte – überwiegend Privatanwesen, aber auch Geschäftsräume – durchsucht. Der Schwerpunkt der von Eurojust koordinierten und begleiteten Opera-tion lag auf der zyprischen Hafenstadt Limassol und Berlin. An den Durchsuchungsmaßnahmen auf Zypern nahmen neben einer Staatsanwältin und einem Staatsanwalt sowie zwei IT-Forensikern der ZCB fünf Polizeibeamte aus der Oberpfalz teil. Auch Europol war in die Maßnahmen eingebunden und leistete vor Ort Unterstützung.

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Die polizeilichen Ermittlungen werden der Staatsanwaltschaft zufolge zentral durch die Kripo Amberg geführt. Hintergrund: Eine Geschä-digte aus dem Zuständigkeitsbereich der Kripo Amberg hatte Ende 2023 Anzeige erstattet, nachdem sie im Herbst 2023 auf der Investment-Plattform Halder-Bay einen Betrag von mehr als 30.000 EUR investiert hatte, ihre vermeintlichen Gewinne aber nicht ausgezahlt bekam. Aufgrund der professionellen Täterstrukturen und des sich abzeichnenden erheblichen Ermittlungsaufwands wurde in Amberg Anfang 2024 eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet.

Gewinne werden nur vorgetäuscht

Gegen die Tätergruppierung wird seitdem wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges ermittelt. Bei diesem Kriminalitätsphänomen beraten angebliche Finanzexperten ihre potenziellen Opfer über vermeintlich lukrative Anlage- und Finanzprodukte, überwiegend im Zusammenhang mit Kryptowährungen, und verleiten dadurch zur Geldanlage. Tatsächlich werden die Einzahlungen der Anleger jedoch nie – gewinnbringend – investiert. Über unterschiedlichste Plattformen und Websites wird gegenüber den Opfern die Illusion eines existierenden Accounts aufrechterhalten. Dort werden den Geschädigten durch vermeintlich erfolgreiche Trades Gewinne vorgetäuscht, um weitere Investitionen zu generieren. Am Ende des häufig monatelangen Kontakts steht die bittere Erkenntnis, dass das gesamte Investment verloren gegangen ist.

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Die Tätergruppierung soll nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen bereits seit August 2022 mindestens 13 solcher betrügerischer Trading-Plattformen im Internet betrieben haben, neben Halder-Bay auch Advancia, Avanchie, Bitdach und Wega-Bay. Auf den Websites dieser Betrugsplattformen wurden häufig vermeintliche Geschäftsanschriften in Deutschland angegeben, zum Teil auch samt Identitätsmissbrauchs seriöser Unternehmen. Von der Finanzaufsicht BaFin wurde in der Vergangenheit vor vielen Plattformen, die der Gruppierung zuzurechnen sind, gewarnt.

Einzelinvestor verlor über drei Millionen Euro



Der von der Tätergruppierung angerichtete Schaden ist der Staatsanwaltschaft zufolge erheblich. Derzeit liegen der Zentralstelle Cybercrime Bayern Anzeigen von etwa 170 Geschädigten aus Deutschland vor. Der gegenwärtig bekannte Gesamtschaden beträgt ungefähr 10 Millionen Euro. Es ist allerdings von einem beträchtlichen Dunkelfeld und damit von einer Vielzahl weiterer Fälle auszugehen. In zahlreichen Fällen liegt der Schaden im fünf- oder sechsstelligen Bereich. Den mit Abstand höchsten Einzelschaden erlitt ein Investor aus Nordrhein-Westfalen: Er wurde binnen eines Monats um einen Betrag von insgesamt 3.320.082 EUR betrogen.

Die konzertierte Aktion gegen die sehr konspirativ operierende Gruppierung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden auf Zypern und in Deutschland. In Berlin wurden die bayerischen Ermittler insbesondere durch zahlreiche Beamte des Landeskriminalamts Berlin und der Polizeidirektion 5 tatkräftig unterstützt. Den Maßnahmen in der deutschen Hauptstadt waren zum Teil monatelange verdeckte Maßnahmen durch Berliner Kräfte vorausgegangen. In Niedersachsen wurde am 5 November ebenfalls ein Privatanwesen durchsucht. Hier wurden die Amberger Beamten durch Kollegen des zuständigen Fachkommissariats des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Lüneburg unterstützt.

Bargeld, Luxusuhren und Fahrzeuge sichergestellt

In Berlin konnten zwei Haftbefehle des Amtsgerichts Bamberg erfolgreich vollzogen werden. Parallel wurden zwei weitere Beschuldigte auf Zypern aufgrund entsprechender Europäischer Haftbefehle festgenommen. Bei den vier Männern handelt es sich um deutsche Staatsangehörige i zwischen 26 und 39 Jahren. Nach den bisherigen Ermittlungen sind sie dringend verdächtig, in unterschiedlichen Funktionen an dem lukrativen Betrugsmodell mitgewirkt zu haben. So waren sie etwa als Logistiker in Berlin oder als Teil des Managements auf Zypern tätig. An Vermögenswerten konnten unter anderem Bargeld, Luxusuhren und zwei werthaltige Fahrzeuge sichergestellt werden.

Im Mittelpunkt der Arbeit der bayerischen Ermittler stehen nun die Sichtung und Analyse des umfangreichen elektronischen Beweismaterials. Es zeichnet sich ab, dass die Ermittlungen in Anbetracht der Komplexität der Täterstrukturen noch längere Zeit in Anspruch nehmen werden.

− nm