Gnade im Prozess
Drogen in den Knast geschmuggelt – So findig gehen Häftlinge auch in Regensburg vor

15.07.2024 | Stand 16.07.2024, 10:36 Uhr |

Mildes Urteil für den Angeklagten: Ein 52-Jähriger (r., im Bild mit Anwalt Thomas Lößel) mit jahrzehntelanger Knasterfahrung kam in Regensburg in den Genuss von vorzeitiger Gnade. Foto: Baumgarten

Gefälschte Post vom Anwalt voller Rauschgift: Der Brief eines Ex-Mithäftlings bringt einen 52-Jährigen vor Gericht. Auch im Regensburger Knast ist heiße Ware gefragt. JVA-Chef Marcus Hegele kennt die Tricks.



Justizvollzugsanstalten sind eine eigene, wortwörtlich abgeschlossene Welt. Auch hinter Gittern gibt es freilich nichts, was es nicht gibt: ob Mobiltelefone, Drogen oder gefährliche Gegenstände. Schmuggelware steht bei Häftlingen äußerst hoch im Kurs, auch in Regensburg. Das Schöffengericht hatte jüngst einen Fall auf dem Tisch, der das exemplarisch zeigte – bei dem 52-Jährigen mit jahrzehntelanger Knasterfahrung ließen die Richter jedoch Gnade walten.

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In dem Fall, in dem das Amtsgericht in Regensburg jüngst zu entscheiden hatte, nutzten der Angeklagte und sein Komplize einen längst bekannten Trick. In einem Brief wollten sie DIN-A4-Seiten mit synthetischen Cannabinoid getränktes Papier in die Straubinger JVA schmuggeln – getarnt als Post eines namhaften Anwalts. Bei der Sichtkontrolle fiel einem Justizbeamten etwas auf: Abgestempelt war der Brief in Bamberg, obwohl besagter Verteidiger seine Kanzlei in Mainz hat.

„Das hat alles einfach nicht gepasst“, erklärt der Beamte im Zeugenstand. Also rief der Wachtmeister in Mainz an, wo niemand etwas vom Brief an den Angeklagten wusste. Der geplante Coup von Anfang 2022 flog damit auf, der wahre Absender war nämlich ein Ex-Häftling, der selbst jahrelang eingesessen hatte. Dieser hatte ein Anschreiben des Rechtsanwalts gefälscht. Offenbar aber sehr schlecht – „eine uralte Kopie“ nannte der Zeuge das.

Fake-Post vom Anwalt auch in Regensburg



Das ist kein Einzelfall: Auch in Regensburg ist der Trick mit gefälschter Anwaltspost längst bekannt, bestätigt Anstaltsleiter Marcus Hegele. Immer wieder tauche „meist mit sogenannten psychoaktiven Stoffen“ manipuliertes Papier auf. In Regensburg sollte im vergangenen Jahr mit falscher Verteidigerpost sogar ein Mini-Handy eingeschmuggelt werden, was aber aufflog. Hegele sagt deutlich: „Wir können uns ja nicht komplett abschotten, man hat immer wieder Öffnungen nach draußen.“

Wie viel heiße Ware wird in der Justizvollzugsanstalt in der Friedrich-Niedermayer-Straße pro Jahr abgefangen? „Die Zahlen zu Betäubungsmitteln sind bei uns seit 2020 durchgehend erfreulich gering“, erklärt Hegele. Im vergangenen Jahr seien 0,7 Gramm Cannabis gefunden worden. Erstmals sei 2023 auch wieder ein geschmuggeltes Handy aufgetaucht, Waffen dagegen seien aber die absolute Ausnahme – im selben Jahr beispielsweise ein „selbst gebastelter Stichling aus Holz“.

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Regensburg sei in dieser Hinsicht gut aufgestellt, fährt aber eine harte Gangart. Besuche werden nämlich streng überwacht und kontrolliert. „Wir sind äußerst restriktiv – bei uns ist da immer eine Trennscheibe.“ Wie der JVA-Chef betont, ließen sich Risiken so minimieren, aber nicht völlig ausräumen. „Wir wissen um all die Wege und haben die nötigen Maßnahmen ergriffen.“ Details könne er aus Sicherheitsgründen dazu nicht nennen.

Bewährung für vielfach Vorbestraften



Im Fall des 52-Jährigen, der vehement abstritt, im Knast mit Drogen gedealt zu haben, urteilte das Schöffengericht in Regensburg milde: Eineinhalb Jahre gab es für ihn, auf Bewährung, die im bei einem Gnadengesuch wohl ohnehin gewährt worden wäre. Trotz eines „ganz schönen Päckchens“ Vorstrafen, wie es Richterin Andrea Costa nannte, laufe sein Entzug vorbildlich, was „auch honoriert werden sollte“. Klappt es nicht, muss der Mann für sechseinhalb Jahre dahin zurück, wo er schon viele Jahre verbrachte.

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