Von Tobias Welck
Der Spengler Cup in Davos – neben dem Eis erinnert er an eine Mischung aus Ally Pally und Oktoberfest. Denn so legendenreich das Turnier auf dem Eis ist, so sehr fasziniert es auch im Umfeld. Und vom Rundumpaket, das den Teams geboten wird, sind auch die Spieler und Fans der Straubing Tigers begeistert.
Auch in der diesjährigen Auflage werden alle elf Turnierspiele praktisch ausverkauft sein, gut 67 000 Besucher werden am Ende die Matches gesehen haben, die Vorverkaufsquote beträgt 98 Prozent, der Etat für das Turnier rund elf Millionen Schweizer Franken (rund zwölf Millionen Euro). Jedes teilnehmende Team erhält 80 000 Franken (rund 88 000 Euro), zudem werden Reisekosten, Kost und Logis übernommen. Dank potenter Großsponsoren speziell für das Turnier bleibt Gastgeber HC Davos trotzdem eine siebenstellige Summe auf der Habenseite.
Geordneter Einlass, kurioser Getränkeverkauf
Und es wird einiges geboten: In der Kathedrale – wie die Eishalle aufgrund der eigentümlichen Bauweise heißt – fühlt man sich an das Ally Pally während der Darts-WM erinnert. Die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen – Klatschpappen, ein Video-Host, eine Look-alike-Cam und Stimmungsmusik zwischen Ballermann und Schlagerparade sorgen für eine ganz eigene Atmosphäre. Dabei wird mit einem eigenen Familienblock auch an den Nachwuchs gedacht. Und irgendwie scheint es ganz egal, wer gerade ein Tor schießt, gejubelt wird immer. Auf den Stehplätzen übrigens nach einem ausgeklügelten Befüllungssystem: Von den Ordnern werden nach dem Einlass konsequent die Reihen von unten nach oben aufgefüllt. Erst wenn eine Reihe komplett voll ist, darf man die dahinter liegenden Reihen besetzen. Wer weiter oben stehen will, muss warten. Das sorgte beim ersten Spiel der Tigers gegen Gastgeber Davos am Freitagabend (0:5) auch für Missmut. Denn da es nur eine Stehplatzkurve im Stadion gibt, wurde der rund 700 Personen starke Tigers-Fanblock in der Mitte durch die Davoser Fans getrennt.
Kurios läuft übrigens auch der Getränkeverkauf in der Kurve: Unten – zwischen Fanblock und Plexiglas – laufen die Händler mit den Getränken und von oben wird das Geld Reihe für Reihe nach unten gereicht – im Gegenzug kommen Wechselgeld und Kaltgetränk nach oben. Erstaunlich wie schnell, effizient und unkompliziert das tatsächlich funktioniert.
Für die Fans gibt es Schweizer Fondue auf dem Stadionvorplatz
Vor der Halle fühlt man sich dann eher ein bisschen an das Oktoberfest erinnert. Um das Stadion stehen Verpflegungsbuden aller Art und als Highlight ein riesiges Fanzelt in Bierzeltart mit rund 2000 bis 3000 Plätzen. Dort finden sich die Fans nicht nur vor, nach und zwischen den Spielen ein, sondern auch während der Spiele, gibt es doch auch ein Public Viewing für alle ohne Tickets. Vor den Nachmittags- und nach den Abendspielen gibt es in bester Bierzeltmanier auch Livemusik. Auch die schwierige Suche nach freien Bierbänken und auf den Bänken feiernde Fans erinnern im Fanzelt an Oktoberfest-Atmosphäre. Dass die Party auch lange nach Spielende noch nicht vorbei ist, zeigt der Fahrplan der Rhätischen Bahn. Normalerweise verlassen die letzten Züge Davos um kurz vor 23 Uhr. Während des Spengler Cups ist der Fahrplan bis 2.30 Uhr ausgedehnt und bringt die Zuschauer zurück aus dem Tal – und das mit Eintrittskarten für die Matches sogar kostenlos.
Geboten ist aber noch mehr: So betreibt jedes Jahr eines der Gastteams eine eigene Restauranthütte auf dem Stadionvorplatz. In diesem Jahr ist dies der HC Fribourg-Gotteron, der Schweizer Fondue für die Fans kredenzte. Und unmittelbar neben dem Eisstadion warten mehrere Freiluft-Eisflächen auf Schlittschuhläufer aller Couleur. Für die ganz Kleinen genauso wie die Möglichkeit mit Schläger und Puck für die Größeren. Wer lieber die Sonne genießen will, kann dies im großen Kaffee-/Biergarten zwischen den Eisflächen und dem Eisstadion tun.
All das trägt zur ganz besonderen Atmosphäre beim Spengler Cup bei. Und natürlich das winterliche Panorama. „Schneefall vor Weihnachten und dann Sonnenschein den gesamten Spengler Cup über haben wir auch nicht jedes Jahr. Aber in diesem Jahr ist es wirklich ein typisches Schweizer Alpen-Winterwonderland“, schwärmt auch Lars Nay, Medienchef des HC Davos.
Sogar Hunde der Tigers-Familien sind dabei
Das genießen auch die Spieler: Die Straubing Tigers kamen am 2. Weihnachtsfeiertag an und starteten mit einem großen Weihnachtsessen für die Spieler und ihre Familien. Unabhängig vom Turnierausgang bleibt das Team von Trainer Tom Pokel bis zum 1. Januar in Davos und verbringt gemeinsam Silvester. Selbst für eine Kinderbetreuung der Spielerfamilien ist gesorgt. Mit insgesamt 130 Personen, bestehend aus Spielern, Eltern, Frauen, Kindern und Staff (und selbst Hunden), ist der Tigers-Tross nach Davos gefahren. Und natürlich mit vielen hundert Fans im Gepäck. Zahlenmäßig übertrafen die Tigers-Anhänger sogar noch jene aus der Westschweiz vom HC Fribourg-Gotteron und hinterließen auch im bekannten Wintersportort nachhaltigen Eindruck. Als sich die Straubinger Zuschauer bereits 75 Minuten vor dem ersten Spiel im Stadion lautstark bemerkbar machten, unterbrach selbst das öffentlich-rechtliche Schweizer Fernsehen SRF, das alle Spiele live überträgt, seine Vorbesprechung in den Katakomben, wollte sich das aus nächster Nähe ansehen und konnte es kaum glauben. „Ist das in Straubing immer so?“, lautete die mehrfach gestellte Frage. Mehrere Straubinger Fans wurden vom SRF live interviewt.
Das besondere Erlebnis zwischen Ally Pally und Oktoberfest hat auch bei den Spielern nachhaltigen Eindruck hinterlassen. „Es ist gigantisch. Man sagt nicht umsonst, es ist wie eine kleine WM“, schwärmte Verteidiger Stephan Daschner. Für jedes Team ist ein eigener sogenannter Host vom HC Davos eingeteilt, der sich um die Bedürfnisse der Mannschaften kümmert.
„Für uns eine riesengroße Ehre“
Trotzdem stand für die Spieler zunächst das Sportliche im Mittelpunkt. „Wir sind in den ersten Tagen schon durch den Ort spazieren gegangen und die Frauen haben miteinander Kutschenfahrten gemacht. Aber für größere Unternehmungen mit allen blieb während der Spieltage nicht so viel Zeit. Aber bis zur Abreise sind soweit ich weiß jetzt noch ein gemeinsames Schlittschuhlaufen und eventuell eine Rodelfahrt geplant“, erklärt Daschner. Und dann kann die Konzentration wieder ganz der DEL gelten, wo es am Sonntag, 5. Januar, in Wolfsburg weitergeht. Am Ende aber bleiben erst einmal einmalige Erlebnisse bei einem einmaligen Turnier für alle. Oder wie Manager Jason Dunham sagt: „Für die Straubing Tigers war es eine riesengroße Ehre, bei so einem Turnier dabei sein zu dürfen.“ Noch kürzer fasste sich Trainer Tom Pokel bei der Frage nach seinen Eindrücken: „Wow, einfach gigantisch!“