„Midanand“ auf Erfolgskurs
Parkstettener Rockband „SHG“ gewinnt Kunstpreis in Plattling

17.10.2021 | Stand 17.10.2021, 15:40 Uhr

Die Selbsthilfegruppe bei der Preisverleihung des Kunstpreises „Plattling MIDANAND“ −Foto: Plattling Midanand

Von Stefan Schmidbauer

An einem Kunstwettbewerb teilzunehmen reizt viele Kreative. Doch was macht eine Rockband aus Parkstetten (Landkreis Straubing-Bogen), wenn es beim angedachten Kunstwettbewerb lediglich die Kategorien „Fotografie“, „Skulptur“, „Malerei“ und „Film“ gibt? Sie drehen ein Musikvideo und holen so den Preis in der Sparte Film.

Dieser Kunstgriff gelang am Wochenende der Parkstettener „Schizo“-Rock-Band „SHG“. Die SHG entsprang Ende 2015 aus den Resten der ehemaligen Punkrockband „Confuzzed“. Heute stehen Sänger Fabian Lieb (31), Matthias „Biggy“ Browa (32, Bass), Daniel „Mr. Sticks“ Mittermeier (28, Schlagzeug) sowie die beiden Gitarristen Vinz Handwerker (21) und Sebastian „Wastl“ Zettlitzer (25) als „Selbsthilfegruppe“ auf der Bühne. Das Wochenblatt hat sich mit Sänger Fabian Lieb über ihr Projekt unterhalten.



Frage: Wie kam es zum Bandnamen Selbsthilfegruppe?

Fabian Lieb: Mit der Bandgründung stand eigentlich nur fest, dass wir deutschsprachige Rockmusik machen wollten. Es war nicht klar, wer welche Position in der Band besetzt und schon gar nicht wie wir unser neues Vergnügen nennen sollen.

Nach den ersten Bandproben kristallisierte sich zunehmend heraus, dass diese Band mehr für uns war als Musik. Wir selbst brauchten sie für unser psychisches Wohlbefinden. Die Bandproben wurden zu gefühlten Therapiesitzungen und wir gewannen an Überzeugung, dass es von unserer Sorte noch mehr da draußen gab, die einen ähnlichen Bedarf haben. Diesen wollten wir als Selbsthilfegruppe für uns und für jeden anderen decken.

Umso mehr man über die Selbsthilfegruppe sprach, umso häufiger wurde sie mit SHG abgekürzt. Heute, sechs Jahre und ein paar Besetzungswechsel später, stellen wir uns selbst fast ausschließlich als SHG vor. Der Sinn einer Selbsthilfegruppe ist jedoch mehr denn je gegeben. Keine Probe starten ohne intensiven Austausch zwischen den Bandmitgliedern über Befindlichkeiten, Geschichten von irgendwann, aktuellem Geschehen oder Zukunftsvisionen. Jedes Konzert wird als riesige Gruppentherapie betitelt und das aktuelle Album trägt den Namen „Schocktherapie“.

Was kann man sich unter Schizo-Rock vorstellen?

Mit dem Schizo-Rock stampften wir unsere eigene Musikrichtung aus dem Boden. Wir wollten damit zum Einen die Band noch interessanter klingen lassen in Kombination mit dem Bandnamen. Vor allem geht’s uns aber darum, dass wir uns hemmungslos und ohne Anspruch auf Rechtfertigung durch verschiedene Rockgenres bewegen wollen. Gut ist, was sich für uns gut anfühlt, und im Zweifelsfall auch so anhört. Wir wollten nie Klischees einer bestimmten Richtung erfüllen, sondern unsere eigenen erzeugen, nicht künstlich, sondern so wie wir sind. Das fasst den Schizo-Rock denke ich ganz gut zusammen.

Wie seid ihr als Rockband aus Parkstetten auf die Idee gekommen, euch für einen Kunstwettbewerb in Plattling zu bewerben?

Dank Corona waren damals geplante Konzerte nicht möglich. Ein neues Album hatten wir frisch draußen. Wir kümmerten uns also wie die meisten Bands um neue Songideen und riefen zu Mitmachmusikvideos auf. Wir waren auf der Suche nach Projekten in dieser für Bands recht trostlosen Zeit. Sticks, unser Schlagzeuger, erzählte uns dann in einer Probe, von einem Kunstwettbewerb namens „Plattling Midanand“ auf den er zufällig online aufmerksam geworden ist. Das Motto des Wettbewerbs sprach uns direkt an. Das Zustandekommen einer jeden Probe ist ein wöchentliches Kunstwerk eines jeden Bandmitglieds, sich im Spannungsfeld zwischen Arbeit, Familie und sämtlichen Verpflichtungen diese wertvolle Zeit des miteinander Probens und Therapierens zu erkämpfen. Wir suchten dann aber leider vergeblich nach der Kategorie „Musik“, um uns gut einbringen zu können. Nach kurzer Diskussion erschien uns dann die vorhandene Kategorie „Film“ am attraktivsten, um unsere Musik per verlängertem Musikvideo über Umwege in den Wettbewerb zu schleusen.

Erzähl uns von eurem Wettbewerbsbeitrag.

Wir machten uns also an die Arbeit. Wir hatten zum damaligen Zeitpunkt noch knappe acht Wochen bis zur Abgabefrist. Mein Job war es nun, einen passenden Songtext zu schreiben. Mir kamen verschiedenste Ideen in den Kopf, die mit der Zeit aber immer komplizierter und entfernter vom eigentlichen Thema wurden. In diesem Verlauf entschied ich mich dann spontan dafür die Sache bayerisch zu formulieren. Ich stellte mir den ein oder anderen für mich typischen Niederbayern vor, wir er die Sache auf den Punkt bringen würde und plötzlich lief es. Als ich den Text und eine grobe Melodie für mich soweit klar hatte, präsentierte ich ihn der Band. Vor allem unser Gitarrist Vinz kümmerte sich dann mit Sticks um die instrumentale Ausgestaltung. Und plötzlich war die erste bayerische SHG-Nummer geboren. Jedes Bandmitglied spielte seine Parts ein, damit es Biggy, unser Alleskönner, zu einem Gesamtwerk mischen konnte. Der Refrain ging ins Ohr und kann auch bei zwei Promille mitgesungen werden: „Midanand abfeiern, midanand geh, midananda schmusen, um ois durch zum steh, midanand moi grantln is owei so schee. Denn redn ma midanand, san ma beianand.“ Wir hatten dabei das Gefühl eine neue Bierzelthymne produziert zu haben. Aber das wird sich erst noch rausstellen...

Knappe vier Wochen vor Ende der Abgabefrist gestalteten wir dann unsere Videoidee aus. Unser Ziel war es, kein Video nach Songtext zu drehen. Stattdessen wollten wir die Thematik „Midanand“ noch mal anders darstellen. Der Inhalt des Videos ist relativ simpel erklärt. Es geht um uns als Band, wie wir uns am Stammtisch treffen und über unsere letzte Zusammenkunft austauschen. Dabei stellt sich heraus, dass es unterschiedliche Auffassungen über deren Inhalt gibt. Somit startet der Rückblick. Die Band macht sich auf zu einem Bus-Roadtrip durch die Gegend. Dabei treffen wir auf verschiedene Personen, die uns teils wohlgesonnen sind, teils weniger. Das Ende jedes Zusammentreffens ist aber das Gleiche. Man kommt irgendwie zusammen und hat Spaß. Es geschehen Situationen, bei denen wir mit unserer Definition von Humor darstellen, dass es miteinander einfach leichter geht. Vor allem soll unser Filmbeitrag aber einfach Lebensfreude vermitteln. Wir hatten wie bei jedem bisherigen Videodreh wieder den Spaß unseres Lebens und hoffen, dass davon etwas im Film rüberkommt.

Bei der Wettbewerbsjury jedenfalls kam der Videoclip, den die Band übrigens ohne professionelle Hilf produziert hat, bestens an. Am Samstag wurde die Selbsthilfegruppe beim Kunstpreis „Plattling Midanand“ in der Kategorie Film ausgezeichnet.