Exklusiv
Meuterei in Straubinger JVA: Verantwortliche äußern sich zur Gefängnis-Attacke

Häftlinge gehen auf Beamten los

05.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:55 Uhr

Gegen vier Gefangene der JVA Straubing wird wegen gefährlicher Körperverletzung, Meuterei und Bedrohung ermittelt. Sie haben auf dem Flur einen Beamten attackiert und verletzt. −Foto: Weigel/dpa

Von Isabel Metzger

Auf dem Gefängnisflur haben vier Häftlinge der JVA Straubing einen Justizvollzugsbeamten angegriffen und verletzt. Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigten exklusive Informationen der Mediengruppe Bayern.



Der Vorfall ereignete sich bereits am Mittwoch der vergangenen Woche. Gegen die vier Männer werde wegen gefährlicher Körperverletzung, Gefangenenmeuterei und Bedrohung ermittelt. Die JVA-Leitung hatte schriftlich bei der Kriminalpolizei Straubing Anzeige erstattet.

Wie die Mediengruppe Bayern erfahren hat, sollen die Häftlinge dem Mitarbeiter mit einem Schlüssel in den Hals gestochen haben. Weder die zuständige Staatsanwaltschaft Straubing noch JVA-Leiter Hans Amannsberger wollten sich auf Anfrage aus ermittlungstaktischen Gründen zu den Details äußern. Günther Tomaschko, Sprecher des Polizeipräsidiums Niederbayern, bestätigte lediglich, dass es „eine Stichbewegung in Richtung des Mitarbeiters“ gegeben habe. Amannsberger bejahte, dass ein Gegenstand im Spiel gewesen sei. Der laut dem JVA-Leiter sehr erfahrene Kollege sei dabei allerdings nicht schwerer verletzt worden. Ob der Mann bereits wieder im Dienst ist, wollte der JVA-Chef nicht sagen.

Abteilung beherbergt auch gefährliche Straftäter

Auch zu den näheren Umständen des Übergriffs wollte sich Amannsberger nicht äußern. Es sei jedoch richtig, dass die vier Gefangenen den Justizvollzugsbeamten auf dem Gang angegriffen hätten. Der Vorfall ereignete sich in einer Abteilung des Hauses 2 der JVA, in der laut Amannsberger „Gefangene aller Art“, aber auch gefährliche Straftäter untergebracht sind. Es handele sich um Häftlinge, auf die verstärkt ein Auge geworfen werden müsse, erklärte er. Allerdings befänden sich die Gefangenen in diesem Trakt nicht in Einzelhaft.

Übergriffe auf Mitarbeiter könnten immer wieder passieren, gab der Gefängnischef im Gespräch mit unserer Zeitung zu bedenken. „Wir wissen, wo wir arbeiten.“ Zudem seien in Straubing auch psychisch auffällige Straftäter inhaftiert, die durchaus aggressiv werden könnten.

Allerdings gebe es strikte Sicherheitsvorkehrungen. Die Justizvollzugsbeamten würden eine sogenannte „Personennotsignalanlage“ bei sich tragen. Dabei handele es sich um ein Funkgerät, das auch zum Telefonieren genutzt und mit dem Alarm ausgelöst werden könne. Die Kollegen seien außerdem darin geschult, wie sie bei Auseinandersetzungen deeskalierend wirken können. Auch Schulungen in Selbstverteidigung seien üblich.

JVA hat bereits 2009 für Schlagzeilen gesorgt

Nach Angaben des bayerischen Justizministeriums arbeiten in der JVA Straubing rund 330 Menschen im sogenannten Allgemeinen Vollzugsdienst. In den Fachdiensten sind demnach etwa 45 Ärzte, Psychologen, Seelsorger, Lehrer und Sozialpädagogen beschäftigt.

Bundesweit für Schlagzeilen hatte die JVA im April 2009 gesorgt. Susanne Preusker, die damals 49-jährige Cheftherapeutin, befand sich sieben Stunden in der Gewalt eines Häftlings. Der Mörder und Sexualstraftäter vergewaltigte sie etliche Male, nachdem er unter dem Vorwand, sie sprechen zu wollen, ins Büro der Psychologin gekommen war. Er wurde von ihr seit vier Jahren betreut. Der Täter fesselte und missbrauchte Susanne Preusker. Er drohte ihr Sekundenkleber in den Mund zu träufeln, wenn sie um Hilfe schreie. Die Geiselnahme war erst aufgefallen, als ein Beamter bemerkte, dass der Häftling am Abend nicht in seiner Zelle war.

Preusker hat zwei Jahre später die furchtbaren Erlebnisse und ihr Leben danach in ihrem Buch „Sieben Stunden im April – Meine Geschichten vom Überleben“ aufgearbeitet. Ihren Beruf musste sie wegen Panikattacken und Angststörungen aufgeben. Im Februar 2018 nahm sich Susanne Preusker das Leben.