Fünf Spiele in 88 Stunden waren dann doch zu viel. Noch nie hatte ein Team bei 96 Auflagen des Spengler Cups in Davos ein solches Programm zu absolvieren. Und im Finale gegen den HC Fribourg-Gottéron mussten die Straubing Tigers (2:7) diesen Belastungen Tribut zollen – körperlich wie mental.
Dem positiven Gesamtfazit in allen Bereichen tat dies freilich keinen Abbruch. Der Stadionsprecher in Davos verabschiedete die Tigers bei der Siegerehrung unter dem Applaus der Zuschauer gar „als Sieger der Herzen“. „Es war ein unglaubliches Erlebnis. Auch die Atmosphäre drum herum war einmalig. Und wir haben die Belastung trotz der vielen Spiele irgendwie gar nicht so gefühlt, wenngleich es natürlich anstrengend war und wir am Ende müde“, betonte Stürmer Josh Samanski, der in den K.o.-Spielen mit zwei Treffern starke Auftritte hatte.
Gleich noch einen Schritt weiter ging sogar Kapitän Mike Connolly in seiner Analyse: „Gegen Kanada haben wohl alle das Spiel ihres Lebens gemacht. Wir hatten hier überhaupt einen unglaublichen Spirit. Auch die Gastspieler werden für immer Teil dieser Reise und Teil unserer Herzen sein. Das gemeinsam mit den Familien erlebt zu haben, macht es umso schöner, denn sie sind es, die immer hinter uns stehen und das alles erst möglich machen. Es ist für uns alle unvergesslich, was hier abgelaufen ist.“ Auch körperlich ging es dem Kapitän lange Zeit erstaunlich gut: „In den ersten vier Spielen in vier Tagen war das irgendwie gar kein großes Thema. Man kann sich auf so etwas auch gar nicht speziell vorbereiten.“
Zwei Tigers-Spieler im All-Star-Team des Turniers
Connolly (mit einem Tor und vier Assists der Topscorer der Straubinger beim Turnier) wurde gemeinsam mit Goalie Zane McIntyre und Verteidiger Marcel Brandt zu den drei besten Spielern im Kader der Tigers beim Spengler Cup gewählt. McIntyre und Brandt schafften es sogar ins Turnier-All-Star-Team, womit die Straubinger als einziger Teilnehmer zwei Akteure stellten. Auch dies ein nachhaltiger Beweis für den positiven Eindruck den die Straubing Tigers in den Schweizer Alpen hinterließen.
„Wir mussten uns am Anfang in den ersten beiden Spielen erst an alles hier gewöhnen. Aber ab den K.o.-Spielen hatten wir uns akklimatisiert und haben große Leidenschaft und großen Willen gezeigt“, analysierte Trainer Tom Pokel. Das Gewöhnen galt sowohl für das auch körperlich intensive und laufstarke Geschehen auf dem Eis, wie auch die Höhenluft in knapp 1600 Metern Höhe. „Wir haben das sofort im ersten Training gemerkt, wie einem die Höhenluft den Atem irgendwann raubt“, so Verteidiger Stephan Daschner.
Erkenntnisse vom Spengler Cup
Wenn die Tigers ihr bestes Eishockey und ihr System spielen – gestützt auf einen überragenden Goalie – dann können sie jedes Team schlagen, auch internationale Topteams wie die Turnierfavoriten HC Pardubice und Team Kanada – diese Erkenntnis aus Davos ist ebenso wenig neu wie der Umkehrschluss: Wenn man körperlich und mental müde ist, dadurch in Rückstand gerät und versucht, das Besondere zu erzwingen, dann wird es schwierig. „Wenn wir so spielen wie über weite Strecken in Davos, dann werden wir in der DEL sicherlich mehr Spiele gewinnen als verlieren“, weiß Stürmer Ellis Hede.
Aber Trainer Tom Pokel warnt mit Blick auf die Belastung auch: „Das Finale war unser 43. Spiel bereits in dieser Saison. Wir müssen jetzt auch noch drei Spiele in der Liga nachholen. Das bedeutet weitere englische Wochen und wir treffen am Wochenende immer auf Gegner, die ausgeruht sind.“ Viel Zeit zum Durchschnaufen bleibt nicht, denn bereits in den kommenden beiden Wochen stehen unter der Woche zwei Nachholspiele an: Am Dienstag, 7. Januar, gegen Mannheim und am Mittwoch, 15. Januar, in Bremerhaven. Mit acht CHL- und fünf Spengler Cup-Begegnungen haben die Tigers ohnehin bereits 13 Pflichtspiele mehr in den Beinen als der Großteil der DEL-Teams. Und im Januar warten nun gleich zwölf Spiele in der DEL noch.
„Brauchen Zeit, um das auch mental zu verarbeiten“
Ob den Tigers der Spengler Cup einen Push gibt, wie 2023 dem Finalisten und Turniersieger Davos, der sich danach unter die Top Sechs in der Schweizer Liga schieben konnte oder ob ein ähnliches Szenario droht wie dem HC Ambri-Piotta, der nach dem Turniersieg 2022 in der Liga aus den Top Ten rausfiel, werden die nächsten Wochen zeigen. Auf jeden Fall sind die Spieler froh, dass es nicht gleich am Freitag, sondern erst am Sonntag (mit dem Auswärtsspiel in Wolfsburg) weitergeht.
An Neujahr kamen sie am späten Nachmittag in Straubing an und wurden von rund 400 Fans am Eisstadion empfangen und gefeiert. „Ich glaube wir brauchen diese Zeit, um das alles auch mental verarbeiten zu können. Dafür blieb ja aufgrund der vielen Spiele bisher gar keine Zeit. Da tut uns jetzt schon gut, zu Hause erstmal zwei, drei Tage runterkommen zu können“, sagt Verteidiger Stephan Daschner.