Die ständige Gefahr einer tödlichen Dosis
Dieses Jahr bereits mindestens vier Drogen-Tote in Landshut

11.09.2021 | Stand 11.09.2021, 11:15 Uhr

30 Menschen starben 2020 in Niederbayern an den Folgen einer Überdosis. In Landshut waren es heuer bereits vier. Es könnten aber auch mehr gewesen sein – denn nicht bei jedem Fall von „ungeklärter Todesursache“ wir sofort ein Drogentest gemacht. −Symbolfoto: 123rf.com

Heuer sind bereits vier Menschen in Landshut infolge einer Drogenüberdosis gestorben.

Die Gefahr einer Überdosis – damit werden Drogenabhängige bei jedem Konsum konfrontiert. Für 30 Menschen in ganz Niederbayern hat das Verlangen nach Stoff 2020 den Tod bedeutet, sie sind nachweislich an einer Drogenintoxikation gestorben. In Landshut gab es heuer laut Polizeipräsidium Niederbayern bereits vier Tote zu beklagen. Fraglich bleibt, ob es nicht mehr sind – denn nicht bei jeder ungeklärten Todesursache wird sofort ein Drogentest gemacht, wie Polizei-Pressesprecher Günther Tomaschko auf Nachfrage erklärt.

Drogentest nur bei entsprechenden Hinweisen

„Die Polizei wird immer dann zu einem Todesfall hinzugezogen, wenn auf der Todesbescheinigung die Todesursache ,ungeklärt‘ beziehungsweise ,nicht natürlich‘ vermerkt wird“, so Thomaschko. Das könnten verschiedene Ursachen sein, neben Drogen beispielsweise eine unbekannte Vorerkrankung, ein Suizid oder auch ein Tötungsdelikt.

„Es wird nicht ,automatisch‘ bei jedem ungeklärten Todesfall ein Drogentest im Rahmen etwaiger rechtsmedizinischer Untersuchungen veranlasst“, erklärt Günther Tomaschko weiter, „es sei denn, es ergeben sich Hinweise auf den zuvor erwähnten Verdacht.“ 30 Tote niederbayernweit im Jahr 2020 – dieser Wert liegt nach erneutem Anstieg leicht über dem Zehnjahresdurchschnitt von 27 Rauschgifttoten, wie dem Sicherheitsbericht des Polizeipräsidiums Niederbayern zu entnehmen ist.

Ein Indiz, dass mehr oder qualitativ schlechtere Drogen im Umlauf sind? Eine Aussage zu ,„guten“ oder „schlechten“ Drogen könne man nicht treffen, denn nur in einem Fall heuer sei noch Heroin sichergestellt worden, so Tomaschko. Das Untersuchungsergebnis liege noch nicht vor. Bei der Rauschgiftkriminalität handle es sich fast ausschließlich um Kontrolldelikte. Entsprechend lasse sich bei einer hohen Zahl der Rückschluss auf vermehrte Kontrollen machen, betont auch Günther Tomaschko. Das Dunkelfeld sei dennoch naturgemäß hoch.

„Wer was möchte, kommt an alles ran – auch in Landshut“

Bei Rauschgifttoten, so heißt es im Polizei-Sicherheitsbericht, handele es sich oft um Langzeitkonsumenten. Auch Wolfgang Haas‘ Aussage bestätigt das. Er ist Leiter der Caritas-Fachambulanz für Suchtprobleme in Landshut und sagt: Drei der vier Toten, die es im Jahr 2021 bislang gab, seien an die Fachambulanz angebunden gewesen.

Er betont: „Die Zahlen schwanken von Jahr zu Jahr.“ Die Gefahr einer Überdosis herrsche bei jedem Konsum, so Haas. „Zum einen kann einfach die Dosis zu stark sein. Zum anderen weiß der Konsument aber im Prinzip vorher nie, was drin ist. Wenn etwa das Heroin unrein ist, können da Nebenstoffe drin sein, deren Wirkung nicht abzusehen ist. Es herrscht also bei jedem Kauf ein Risiko.“

Wolfgang Haas warnt vor dem sogenannten Marquis-Test, mit dem Inhaltsstoffe in Drogen vermeintlich nachgewiesen werden können. Diese seien sehr unzuverlässig. „Es ist also eine tückische Schlussfolgerung, sich darauf zu verlassen.“ Ob aktuell mehr unreine Drogen im Umlauf sind, könne man schlecht sagen. „Die Szene ist in sich sehr geschlossen und wir haben nur zu einem Teil Zugang. Da ist die Dunkelziffer sehr hoch“, sagt auch der Leiter der Fachambulanz. Abhängige seien bei der Beschaffung der Drogen erfinderisch, die Quellen vielfältig. „Wenn jemand in der Szene ist und was möchte, dann kommt er an alles ran – auch in Landshut“, so Haas.


838 Klienten aus allen Sucht-Bereichen gab es bei der Caritas-Fachambulanz im vergangenen Jahr, darunter auch fast 80 Angehörige von Konsumierenden, die Rat suchten. „Pandemiebedingt haben wir unser Angebot anpassen müssen“, erklärt Wolfgang Haas. Die Fachambulanz bietet nun wochentags – außer mittwochs – von 10 bis 11.30 Uhr und freitags zusätzlich von 16.30 bis 18 Uhr eine Telefonsprechstunde an. Kontakt: ✆0871/805-160; Mail: mail@suchtberatung-landshut.de.

Zudem können sich Hilfesuchende auch an die Suchtberatungen des Landshuter Netzwerkes (✆0871/96367-119) oder des Landratsamts (✆0871/408-5000) wenden. Letztere vermitteln dann weiter zu den entsprechenden Stellen.

− cor