Corona-Lage in Landshut verschärft sich
„An allen Ecken und Enden fehlt der nötige Impfstoff“

12.03.2021 | Stand 18.03.2021, 15:52 Uhr

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Die Corona-Situation in Landshut spitzt sich weiter zu. Oberbürgermeister Alexander Putz hat am Freitag seinem Ärger über die schleppende Impfkampagne Luft gemacht.

Von dc/lw

Landshut. Die Zahl der Neuinfektionen nimmt sprunghaft zu, in den Krankenhäusern steigt die Auslastung der Intensivstationen wieder an: Die Corona-Lage in der Region Landshut hat sich in den vergangenen Tagen deutlich verschärft. In der Folge sind ab Montag (15. März) drastische Verschärfungen der Infektionsschutzmaßnahmen bis hin zur Schließung von Grundschulen und Kitas nötig. Für Landshuts Oberbürgermeister Alexander Putz können diese Maßnahmen aber nicht mehr beliebig lang fortgeführt werden. „Seit einem Jahr muten wir unseren Bürgerinnen und Bürgern immer neue Einschränkung zu und enttäuschen regelmäßig Hoffnungen auf Lockerungen“, sagt der Oberbürgermeister. So könne es nicht weitergehen. „Unser einziger echter Trumpf im Kampf gegen das Coronavirus sind die Schutzimpfungen, sie retten Leben und ebnen den Weg zurück in den normalen Alltag.“

Die Impfkampagne müsse daher in der EU wesentlich schneller als bisher vorangetrieben werden. „Viele andere Länder, sei es Großbritannien, Israel oder die USA, machen uns das mittlerweile seit Monaten vor.“ Doch große Hoffnungen, dass die Impfkampagne in Deutschland nun nach mehr als zehn Wochen rasch in Schwung kommt, hat Putz nicht. Im Gegenteil: „Dafür fehlt einfach nach wie vor an allen Ecken und Enden der nötige Impfstoff. Die Liefermengen nehmen seit Anfang März keineswegs wie von EU und Bundesregierung versprochen kontinuierlich stark zu, sondern momentan in dieser kritischen Phase sogar noch weiter ab. Für die Stadt Landshut sind in der kommenden Woche insgesamt gerade einmal 650 Impfdosen von den beiden Herstellern Biontech-Pfizer und AstraZeneca angekündigt. Das können wir locker an einem einzigen Tag verimpfen“, so der OB frustriert: „Diese geringe Menge an Impfstoff reicht nicht einmal für ein Prozent unserer Bevölkerung.“

Für die Verzögerungen seien allein die EU und der Bund verantwortlich, stellt Putz klar: „Die Impfstoffversorgung ist deren originäre Aufgabe. Die Verantwortlichen haben bei der Beschaffung aber leider ganz offensichtlich schwere Fehler begangen, ungünstigere Lieferverträge ausgehandelt als andere Staaten dies getan haben – und diese Defizite bis heute nicht korrigieren können. Dazu kommen hausgemachte Probleme bei der Verteilung des Impfstoffs in Deutschland, nicht zuletzt durch eine überbordende Bürokratie, bei der eine bis ins kleinste Detail geregelte Impfreihenfolge wichtiger zu sein scheint als eine effektive Verwendung der Impfstoffe unter Einhaltung der drei Prioritätsgruppen.“

Der Versuch, die Schuld für das langsame Impftempo auf die Herstellerfirmen abzuwälzen, sei billig und werde zunehmend unglaubwürdig, sagt Putz. Denn: „Deutschland liegt in diversen Statistiken zu Impfungen je 100 Einwohner im weltweiten Vergleich bestenfalls im Mittelfeld, und zwar nicht nur hinter den USA, Israel oder Großbritannien, sondern auch weit unter den Quoten von Ländern wie Chile, Serbien, Marokko und der Türkei oder von EU-Staaten wie Malta, Ungarn und Dänemark. Diesen Ländern scheinen die Herstellerfirmen also sehr wohl schon jetzt entsprechende Impfstoffmengen liefern zu können“, so der OB. Solche Daten stimmten natürlich sehr nachdenklich. „Ich kann den Frust vieler Bürgerinnen und Bürger deshalb sehr gut verstehen.“

Wichtig sei ihm in diesem Zusammenhang zu betonen, dass die für eine Massenimpfung erforderliche Infrastruktur vor Ort seit mittlerweile drei Monaten vorgehalten wird. „Unser Impfzentrum auf dem Messegelände war, wie vom Freistaat gefordert, bereits zum 15. Dezember 2020 einsatzbereit. Ausreichend medizinisches Personal war und ist ebenfalls vorhanden“, stellt Putz klar. „Wir hätten seither an jedem dieser knapp 90 Tage im Impfzentrum und über die angegliederten mobilen Impfteams mindestens 700 Menschen impfen können. Insgesamt könnten also in Landshut schon rund 60.000 Menschen – das wäre mehr als die gesamte erwachsene Bevölkerung – zumindest die erste Dosis erhalten haben, die nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen bereits eine hohe Schutzwirkung gegen schwere Krankheitsverläufe bietet.“

Doch die Realität sieht leider anders aus: Bis heute haben insgesamt 6.342 Personen eine erste Impfung erhalten, das sind 1.200 mehr als vor einer Woche. Die für den vollständigen Impfschutz nötige zweite Dosis wurde 2.485 Bürgerinnen und Bürgern verabreicht, das sind ganze 50 mehr als am vergangenen Freitag. „Diese Zahlen beweisen, dass wir beim Impftempo nach wie vor weit unter unseren Möglichkeiten bleiben“, sagt Putz. „Mir tut das vor allem für die zahlreichen Seniorinnen und Senioren sowie alle Risikopatienten leid, die trotz hoher Priorisierung noch immer nicht geimpft werden konnten – und die deshalb weiter in Sorge vor einem schweren Krankheitsverlauf sind.“ Der OB will seinen Unmut deswegen auch nochmals in einem Schreiben an die Gesundheitsminister von Bund und Freistaat zum Ausdruck bringen und auf eine sofortige Erhöhung der Liefermengen in die Region drängen.

Thema wird dann auch die künftige Rolle der Impfzentren sein. „Das war bisher der negative Höhepunkt der an Irrungen und Wirrungen reichen Impfkampagne von Bund und Ländern: Erst wurden die Kreisverwaltungsbehörden aufgefordert, die Kapazitäten in den Impfzentren in Erwartung der angeblich so deutlich steigenden Liefermengen zu erhöhen. Wir haben daraufhin binnen weniger Tage entsprechend erweitert, so dass wir jetzt mehr als 1.000 Impfungen pro Tag schaffen würden“, berichtet der Oberbürgermeister. Doch die vorbildliche Arbeit des Impfzentrum-Teams um Leiter Thomas Schindler war wohl vergeblich. „Mitte dieser Woche hat das bayerische Gesundheitsministerium diese Vorgabe dann plötzlich wieder zurückgezogen, weil nun die Hausärzte schon ab April verstärkt impfen sollen“, sagt Putz. Das halte er zwar in der Sache für durchaus sinnvoll, dennoch komme die Kehrtwende des Ministeriums völlig überraschend. „Eine langfristige Strategie ist offenbar noch immer nicht vorhanden. Und dafür müssen die Landkreise und kreisfreien Städte die Zeche zahlen.“