Corona-Krise
Brauchtumshistoriker schlägt Alarm − „vergesst uns bitte nicht!“

24.07.2020 | Stand 13.09.2023, 6:27 Uhr
−Foto: n/a

Das Coronavirus hat uns immer noch fest im Griff – nur langsam kehrt der Alltag wieder ein. Und es ist ein neuer Alltag – Essen gehen, einen Film im Kino ansehen, der Musik lauschen, all das geht nur eingeschränkt oder gar nicht.

Regensburg. Brauchtumshistoriker Hubertus Berger aus Regensburg schlägt Alarm: Auch er und viele seiner Mitstreiter sind „kaltgestellt“, Veranstaltungen können nicht stattfinden. Vieles an Vorbereitung war umsonst, denn die für 2020 gebuchten Termine finden nun alle nicht statt. Und wie es weitergeht, weiß keiner!

Im „echten Leben“, hat Berger den Beruf des Försters erlernt, daher, so sagt er, komme auch seine Liebe zur Natur und dem Brauchtum. Dann folgten 22 Jahre in der Versicherungsbranche. Heute ist er aber als Business-Coach und Trainer unterwegs. Er arbeitet zum Beispiel an der Uni und der OTH und ist freiberuflich tätig. Alle Arten der Kommunikation seien dabei seine große Leidenschaft.

Seine Freizeit widmet Berger dem Brauchtum – das wirkt im ersten Moment wie ein krasser Gegensatz zu dem, was er beruflich macht. Doch einige Gemeinsamkeiten gibt es: „Ich bin ein leidenschaftlicher Networker – das brauche ich sowohl im Brauchtum als auch im Job.“ Auch das Thema Kommunikation ist wichtig – sowohl im Bereich des Brauchtums als auch beruflich sei das das „Hauptarbeitsmittel“.

Da sowohl das Brauchtum als auch das Coaching von der Interaktion leben, hat das Coronavirus Berger voll erwischt. Beide Bereiche – Arbeit und Hobby – mussten neue Wege gehen. Im Job war das einfacher – Berger stieg auf Online-Konferenzen um. Einiges, wenn auch nicht alles, konnte so gut bewältigt werden. Mit dem Brauchtum allerdings könne man nicht so einfach in die digitale Welt umsteigen – „das waren alles klägliche Versuche“, so Berger. Auch die Lockerungen bringen Berger nur wenige neue Möglichkeiten – für 100 oder 200 Zuschauer ein Programm zu organisieren lohnt sich nicht. „Das ist ein Massengeschäft, das muss man deutlich sagen“, meint Berger. „Wenn ich 500 Leute da habe und pro Nase fünf Euro Eintritt nehme, dann tut das dem Einzelnen nicht weh“, dann könne er kostendeckend arbeiten, Gewinne wolle er mit der Brauchtumsarbeit keine machen. Solange die Zahl der Besucher beschränkt sei, brauche er nicht anfangen, da er die Kosten nicht mehr decken könne.

Berger hat die Frage nach der Systemrelevanz einer Arbeit mittlerweile satt. Die Kultur werde dabei vergessen – diese sei aber ein Ausgleich für die Menschen, den sie dringend benötigen. „Alles, was aufheitert, ist weggefallen“, sagt Berger. „Ich hoffe, dass uns das nicht bis Ende des Jahres begleitet.“ Schwierig sei es für ihn auch deshalb, da er sich an die historischen Daten im Kalender halte – „6. Dezember bis 6. Januar, danach gibt es nichts“, sagt Berger, dann enden die Rauhnächte.

Aktuell steht Hubertus Berger vor dem Problem, dass er nicht planen kann. Eigentlich müsste er sich auf die geplanten Veranstaltungen im Dezember und Januar vorbereiten. Tut er es und die Veranstaltungen werden abgesagt, hat er Zeit und Geld in den Sand gesetzt. Tut er es nicht und die Veranstaltungen finden statt, kann er die Termine nicht wahrnehmen, weil er nicht vorbereitet ist – ein echter Teufelskreis!

Etwa 20 Termine wurden für 2020 bereits abgesagt, einige wurden ins Jahr 2021 verschoben. Berger hofft, dass zumindest die Termine im Dezember stattfinden können – doch auch hier wurden die ersten Christkindlmärkte bereits abgesagt. Ansonsten konzentriert sich die Arbeit bereits auf das Jahr 2021 – alles in der Hoffnung, dass das Brauchtum die Corona-Krise übersteht!

Regensburg