Virtuelle Verleihung
The Bruckmandl goes to ... – Preisträger der 26. Kurzfilmwoche Regensburg

19.03.2020 | Stand 03.08.2023, 5:36 Uhr
−Foto: n/a

Am Mittwochabend, 18. März, brachte die 26. Internationale Kurzfilmwoche Regensburg mit einer virtuellen Preisverleihung ihr Festival nach Abbruch dennoch zu einem positiven Ende für die Filmemacher.

Regensburg. Eine Woche sollten 331 Filme aus 55 Ländern in weit über 100 Einzelveranstaltungen zu sehen sein. Davon buhlten 126 aktuelle Kurzfilmproduktionen in den fünf Wettbewerben um die einzelnen Preise, die im Rahmen der Preisverleihung vergeben wurden. Mit der Absage der Zündfunkparty gleich zu Beginn legte das Festival am Mittwoch, 11. März, einen schwierigen Start hin. Dennoch zuversichtlich, wenigstens die Filmprogramme zeigen zu können, spitze sich die Lage um das Coronavirus deutlich zu, sodass die Kurzfilmwoche ab Samstag, 14. März, den Kinobetrieb und alle Events vollends einstellte.

Aber so ganz geschlagen wollte sich das Festival nicht geben und hat sich eine Besonderheit überlegt: Die Jurys haben online weitergesichtet und per Skype-Konferenzen Gewinnerfilme in den einzelnen Sektionen ermittelt. Diese Preisträger wurden nun im Rahmen einer virtuellen Preisverleihung, die einer Präsentation auf Facebook bestand, vorgestellt. So konnte die Kurzfilmwoche das diesjährige Festival dennoch zu einem angemessenen Abschluss bringen, die bereits begonnenen Jurytätigkeiten zu Ende gebracht und den Filmemachern in diesen schwierigen Zeiten eine Freude bereitet werden. Das Publikum konnte der Preisverleihung ohne Risiko beiwohnen und bekam sogar doch noch den einen oder anderen Film des Programms zu nach Hause geliefert. Leider konnte die neue Trophäe „Das Bruckmandl“ für den Hauptpreis im Deutschen und Internationalen Wettbewerb nicht überreicht werden, da verständlicherweise diesmal keine Gewinnerinnen und Gewinner mehr zum Festival geladen wurden. Dennoch durften sich folgende Filmemacher über die verschiedenen Preise freuen.

Der Hauptpreis im Internationalen Wettbewerb, der BR-Kurzfilmpreis, ging an den Film „Bab Sebta“ von der 33-jährigen marokkanischen Filmemacherin Randa Maroufi. Die internationale Jury (Maria Stoianova, Jose Luis Urriago Novoa und Hannes Vartiainen) zeichnete damit einen Film aus, der verdeutliche, dass alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind. „Sie sind mit Vernunft und Gewissen ausgestattet und sollten einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen. Dieser Film ist ein starkes Statement in einer Zeit, in der Grenzen und Mauern wieder in Mode sind.“

Der Preis der Stadt Regensburg ging an den Film „Acadiana“ von Guillaume Fournier, Samuel Matteau und Yannick Nolin aus Kanada. Die Jury der Jungen (Elias Paquay Bäumler, Lisamarie Berger, Louis Eigenberger, Marlene Stahl und Carlotta Stimpfle) lobte die Eigenschaft des Films, durch eine einzigartige Bildsprache ein weit gefächertes Spektrum von gesellschaftlichen Problemen auf skurrile Art und Weise darzustellen.

Der Candis-Preis der Ferdinand Schmack jun. GmbH im Deutschen Wettbewerb wurde an den Film „Brand“ von Jan Koester und Alexander Lahl verliehen. Die deutsche Jury (Sarah Adam, Sascha Keilholz und Isabell Spengler) hob die hoch aktuelle Brisanz des Films hervor. „Brand“ zeigt, wie tief Rassismus und Menschenhass immer noch in der deutschen Gesellschaft verankert sind.

Den Max-Bresele-Gedächtnispreis, seit diesem Jahr von Schmidl & Rotaplan Druck gestiftet, erhielt Andreas Gruetzner für seinen Film „Land der Gegenden“. Die deutsche Jury bestaunte das faszinierende Found Footage Material aus dem Jahr 1973, das qua Abspielgeschwindigkeit, Sound und Montage effektiv rhythmisiert wird und die Zuschauer in seinen Sog zieht.

Zum ersten Mal wurde der Nachhaltigkeitspreis, gestiftet von der Rewag und das.Stadtwerk Regensburg, vergeben. Für die Jury keine leichte Entscheidung und so teilte sie den Preis unter zwei Gewinnern auf: „Where we use to Swim“ von Daniel Asadi Faezi und „Oro Blanco“ von Gisela Carbajal Rodriguez. „Die Preisträger sind zwei sehr gute und überzeugende Arbeiten, die sich inhaltlich ergänzen und sich mit industriell bedingten Landschaftsveränderungen und Umweltschäden auseinandersetzen. Einmal richtet sich der Blick in die Vergangenheit, in der die Auswirkungen auf die Gegenwart deutlich werden und der zweite Blick richtet sich auf die Gegenwart mit der Hoffnung dass sich die Katastrophe noch abwenden lässt.“

Die Architekturjury (Alla Churikova, Andreas Eckl und Adnan Softić) befand aus den 13 nominierten Filmen ebenfalls den Film „Bab Sebta“ von Randa Maroufi als preiswürdig. Der Film ziehe den Zuschauer mit einer sehr eigenen Ästhetik sofort in seinen Bann. Der Grenzraum werde zur Karte abstrahiert, der die Realität dahinter sofort prägnant evoziert. Randa Maroufi gelinge es, die Ebenen der Auseinandersetzung der Menschen mit den Möglichkeiten und Begrenzungen des politischen und realen Raums in perfekt inszenierte und einnehmende Bilder zu fassen. Mit dem Fokus auf die Situation an der Außengrenze liefere sie einen Beitrag zu einem gesellschaftlich wichtigen Diskurs. Unterhaltsam und ohne moralisierende Elemente gelinge es ihr mit filmischen Mitteln, den Blick für die Situation der Menschen zu schärfen.

Den FFF-Förderpreis, vergeben durch die FFF-Jury (Martin Blankemeyer, Martina Dobrusky und Stefan Möhl), erhielt der Film „Taiwaste“ von Patrik Thomas. Die Jury begründete: „Was irrwitzig klingt, könnte doch real sein in unseren irrwitzigen Zeiten. Und so verwendet auch Patrik Thomas in seinem Kurzfilm ,Taiwaste‘ die Gestaltungsmittel des Dokumentarfilms, um das Publikum zu fordern und zu verunsichern. Ist es real? Ist es Fiktion?“

Auch heuer stiftete die Mittelbayerische zwei Preise in Höhe von jeweils 500 Euro. Die Regionalfenster-Jury (Annette Ebmeier, Raphaela Herzog und Clemens Rudolph) vergab den Regionalfensterpreis an den Film „Schönheit“ von Daniel Alvarenga. Die Jury feierte die elf Minuten Film als Genuss von künstlerischer und technischer Qualität. Der zweite Preis wurde an den Film „Das Fenster“ von Jonathan Schell vergeben. Die Jury lobte den großen Raum an Freiheit des Zuschauers, die eigenen Gedanken zu dem Drama der Protagonistin als auch zu dem hörbaren und nicht sichtbaren Drama der Nachbarn zu entwickeln – und das vollkommen ohne Dialoge.

Eine Preisvergabe wurde aufgrund des Coronavirus vorgezogen: die Vergabe des „Schüler*innen-Lieblings“. Die Kurzfilmwoche wird seit Jahren von Schulprogrammen begleitet. Heuer wurde zum ersten Mal ein Preis in Höhe von 500 Euro, gestiftet von der Sparkasse Regensburg, vergeben. Bis zum Abbruch des Festivals hatten bereits 353 Schüler verschiedene Kurzfilmprogramme angeschaut und per Stimmzettel ihren Liebling gewählt. Als eindeutiger Sieger ging der Film „Es wird besser“ von Adi Wojaczek hervor. Der Film thematisiert Cybermobbing, das ein ernstes Problem an vielen Schulen geworden ist, und zeigt anschaulich Täter, Opfer, überforderte Lehrkräfte und eine aufopferungsvoll kämpfende Mutter. „Es wird besser“ schafft Bewusstsein für ein wichtiges Thema und traf damit genau den Nerv der Schüler.

Der Kinokneipen-Publikumspreis entfiel aufgrund der ausgefallenen Filmprogramme komplett. Die Art der virtuellen Preisverleihung verwies schon auf das Sonderthema der 27. Internationalen Kurzfilmwoche: „Living in a digital Age“. Bleibt dem Festival zu wünschen, dass es im nächsten Jahr virenfrei und vollständig über die Bühne gehen kann.

Regensburg