Heimatgeschichte
Sie machten aus der Not eine Tugend – 100 Jahre Gemeinnützige Baugenossenschaft

13.05.2019 | Stand 28.07.2023, 13:17 Uhr
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Bei der sehr gut besuchten Frühjahrsversammlung des Bürgervereins „Roahausen“ hielt der erste Vorsitzende Dr. Bernhard Mitko Rückschau auf das Vereinsgeschehen im letzten Halbjahr. Ein besonderer Höhepunkt war die „12. Roahauserer Raunacht“ am 4. Januar, die von Mitglied und Stadtrat Erich Tahedl moderiert wurde.

REGENSBURG Mit den Spenden der zahlreichen Besucher wurde dabei ein Erlös von 542,83 Euro erzielt. Den Betrag hat der Bürgerverein auf 600 Euro aufgestockt und dann je zur Hälfte der Pfarrei St. Josef Reinhausen und dem Trachtenverein Regensburg „Stamm“ zur Förderung der Jugendarbeit übergeben. Zum Vorgang „Bauliche Veränderungen in Reinhausen“ steht die Antwort der Stadtverwaltung noch aus. Mitko informierte dazu, dass der Verein jetzt Verbindung mit dem neuen Leiter des Stadtplanungsamts, Andreas Burr, aufgenommen hat.

Durch drei Sterbefälle zählt der Bürgerverein aktuell 141 Mitglieder. Für die verstorbenen Mitglieder wurde ein kurzes Gedenken eingelegt.

Kassenwart Johann Würdinger berichtete über die geordneten Vereinsfinanzen. Der Sprecher der Kassenprüfer, Willibald Gabriel, bestätigte der Versammlung die ordnungsgemäße und einwandfreie Führung der Vereinsbuchhaltung. Schriftführer Albert Galli informierte über die anstehenden Termine im laufenden Jahr und stellte das Ziel für die Kulturfahrt vor. „Auf den Spuren von Architekt Heinrich Hauberrisser“ geht die Fahrt 26. Juni nach Püchersreuth im Oberpfälzer Wald. Hier hat Hauberrisser im Jahr 1910 die katholische Kirche St. Peter und Paul neu gebaut. Auf dem Programm steht auch der Besuch der barocken Wallfahrtskirche St. Quirin mit ihrem prächtigen Akanthusaltar und die Einkehr im Landgasthof Miedl in Ilsenbach. Am 12. Oktober findet das beliebte Weinfest statt. Galli informierte auch darüber, dass der Bürgerverein den Leiter der Abteilung Bestattungswesen bei der Stadtverwaltung zu einem Gespräch auf den Friedhof in Reinhausen eingeladen hat. Dabei soll über neue Möglichkeiten für Urnenbestattungen und Gestaltung des Friedhofs diskutiert werden.

Höhepunkt der Versammlung war der Vortrag „100 Jahre Gemeinnützige Baugenossenschaft Stadtamhof und Umgebung“. Rosalinde Hocke - Vorstandsmitglied der Genossenschaft – informierte dabei über die Entstehung der Arbersiedlung in Reinhausen. „Nach dem 1. Weltkrieg war die Wohnungsnot bei den kinderreichen Familien in Reinhausen, dem damals größten Dorf der Oberpfalz, besonders groß. Um diese Not zu lindern, gründeten am 7. Mai 1919 achtundvierzig mutige Männer unter dem Vorsitz von Dr. Reiner, dem damaligen Vorstand des Bezirksamts Stadtamhof, im Saal der St.-Mang-Brauerei in Stadtamhof die „Gemeinnützige Baugenossenschaft für Kleinsiedlung und Kriegerheimstätten e.GmbH. Stadtamhof und Umgebung“ sagte Rosalinde Hocke. Bei der ersten Versammlung wurde der Schlosser Hans Hayder als erster Vorsitzender, der Bäckermeister Ludwig Goppel – Vater des späteren bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel – als zweiter Vorsitzender und der Lokführer Josef Baumgartner als Beisitzer gewählt. Neben vielen anderen Persönlichkeiten war im Aufsichtsrat auch Josef Wimmer, der erste Pfarrer von Reinhausen, eingebunden. Der Zweck des Unternehmens war ausschließlich darauf ausgerichtet, den sozial schwachgestellten und kinderreichen Bevölkerungsschichten in Reinhausen, gesunde, billige und zweckmäßig eingerichtete Kleinwohnungen zu verschaffen. Von der St.-Katharinen-Spitalstiftung konnten fünf Tagwerk Baugrund, zu günstigem Preis, erworben werden. Dieser lag östlich des Reinhausener Friedhofs und trug den Flurnamen „Im Elend“. Zur Finanzierung der ersten Einfamilien-Reihenhäuser mit 30 Wohnungen – Grundsteinlegung August 1919 – stellte Fürst Albert I. von Thurn und Taxis ein Startkapital von 225.000 Reichsmark zur Verfügung. Durch eine Geldsammlung bei den Einwohnern der Vororte von Regensburg und Anteilszahlungen von Genossenschaftsmitgliedern kamen 138.645 Reichsmark zusammen. Am 7. Juli 1920 waren die ersten Wohnungen bezugsfertig. Die Referentin schilderte auch die weitere Entwicklung der Baugenossenschaft. „Da ab 1972 die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau gekürzt wurden und keine geeigneten Baugrundstücke mehr zur Verfügung stehen, liegt jetzt der Schwerpunkt der Aktivitäten bei Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Für diese Zwecke werden jährlich erhebliche Mittel aufgewendet. Nicht zuletzt für Maßnahmen, die der Gesetzgeber vorschreibt“, informierte Hocke.

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