Er schrieb EU-Geschichte
Das neue Bayern-Museum bekommt Theo Waigels Maastricht-Füller

03.05.2019 | Stand 13.09.2023, 3:15 Uhr
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Der Ex-Finanzminister übt in seinen Erinnerungen Kritik an Benedikt und denkt an den legendären Kreuther Beschluss zurück. Für Regensburg hat er ein ganz besonderes Leihstück parat.

REGENSBURG „Ehrlichkeit ist eine Währung“, so nennt Theo Weigl sein jüngstes Buch, das nun im Ullstein-Verlag erschienen ist. Kein Wunder, denn Waigel ist der deutsche Vater des Euro. Jetzt ist der CSU-Politiker und frühere Bundesfinanzminister 80 Jahre alt geworden. In seinem Buch hat er auch einige Zeilen für Regensburg übrig – manche davon durchaus kritisch, insgesamt aber erfreulich.

Waigel erinnert sich zum Beispiel, dass der frühere Regensburger Bundestagsabgeordnete Albert Schedl kein Freund davon war, sich nach dem legendären Kreuther Beschluss doch noch auf die CDU einzulassen. Man erinnere sich: 1976 zettelte CSU-Chef Franz Josef Strauß eine Scheidung der Unionsparteien voneinander an. Damals war der Reinhausener Alfons Goppel Ministerpräsident. Der Kreuther Beschluss wurde zur Blaupause für die bayerische Stärke in Bonn, später in Berlin – sogar Horst Seehofer hat die Drohung einer Scheidung letztes Jahr im Asylstreit erneuert. CDU-Chef Helmut Kohl, der Strauß in ewiger Konkurrenz verbunden war, drohte daraufhin damit, eine CDU in Bayern zu gründen. Schedl war einer, der den herbeigeführten Kompromiss ablehnte. „Der Regensburger Albert Schedl zeigte sich enttäuscht von dem gezeigten Kleinmut. Graf von Stauffenberg kündigte seine Enthaltung an“, schreibt Waigel.

Ganz persönlich wird Waigel, als er davon berichtet, wie ihn die katholische Kirche angegriffen hatte, weil Waigels Ehe scheiterte. Sowohl der frühere Münchner Kardinal Friedrich Wetter, als auch Kardinal Karl Lehmann hätten ihm Trost gespendet. „Enttäuscht bin ich vom früheren Papst Benedikt XVI., der als Professor in Regensburg noch eine menschen- und realitätsfreundliche Haltung zum Thema der wiederverheirateten Geschiedenen eingenommen hatte“, schreibt Waigel in dem Buch. Doch als Glaubenspräfekt hatte Joseph Ratzinger die liberalen deutschen Bischöfe zur katholischen Ordnung gerufen.

„Zittrige Unterschrift, weil der Füller so dick war“

Eine charmante Geschichte, die mit einem Geschenk für Regensburg endet, erzählt Waigel auch in seinem Buch. Es geht dabei um den wohl wichtigsten und weitreichendsten Vertrag, den er je unterzeichnet hat: Den Vertrag von Maastricht. Dieser legte die Grundlage für den 2001 eingeführten Euro, der heute nicht bei jedem Bundesbürger beliebt ist. Unterzeichnet hatte den Vertrag für Deutschland Hans Dietrich Genscher, FDP, und eben Waigel.

„In einem Leitartikel der Süddeutschen Zeitung mutmaßte Franz Thoma, meine etwas zittrig ausgefallene Unterschrift sei wohl der Aufregung geschuldet gewesen. Das stimmte so nicht. Die historische Dimension des Schriftstücks, das ich an diesem Tag unterzeichnete, war mir zwar bewusst und hat mich in der Tat nicht kaltgelassen. Meine Handschrift aber litt in erster Linie unter dem opulenten Füllfederhalter, der mir zur Verfügung gestellt wurde“, so Waigel über den 1992 unterzeichneten Vertrag und seine Hintergründe. Und Waigel fährt fort: „Später durfte ich das Schreibgerät mit nach Hause nehmen, wo es einen Ehrenplatz erhalten hat und mich an diesen wichtigen Tag erinnert. Ich werde dieses Symbol für Europas Einigung dem neuen Haus der bayerischen Geschichte in Regensburg als Leihgabe zur Verfügung stellen.“

Damit kommt ein Stück bayerischer EU-Geschichte an die Donau nach Regensburg ...

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