Endlich fertig saniert
Das Monument Steinerne Brücke verbindet das Welterbe!

10.06.2018 | Stand 13.09.2023, 2:56 Uhr
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Eine der heikelsten Baustellen der letzten Jahrzehnte in Bayern steht kurz vor dem Abschluss: Die Sanierung der Steinernen Brücke wurde vor 25 Jahren geplant, knapp zehn Jahre dauerte die Bauzeit. Keiner wusste, was auf die Bauarbeiter und Planer zukommen würde. Welche Geheimnisse birgt die Brücke? Welche Probleme verursacht das Material? Jetzt, am 10. Juni, wird die Brücke endlich fertig saniert sein. Eine Jahrhundert-Baustelle, die Archäologen und Architekten gleichermaßen fasziniert.

REGENSBURG Am Fuß der Steinernen Brücke steht der älteste Imbiss der Welt, die berühmte Wurstkuchl. Sie ist ein paar Jahre älter als die Steinerne selbst. Denn während hier das Wunderwerk des Mittelalters gebaut wurde, mussten die Bauarbeiter schließlich etwas essen. So wurde die Wurstkuchl gegründet, in der sich noch heute nach der Stadtbesichtigung in Scharen die Touristen die Würstl mit Kraut im Kipferl mit süßem schmecken lassen. An der Brücke treffen sich seit 800 Jahren Menschen aus aller Herren Länder. Wo einst die reichen Kaufleute Bauarbeiter anwarben, um ihnen eine Donaubrücke zu bauen, sind es heute Touristen aus Japan, den USA, Kanada, aber auch viele Italiener wollen die nördlichste Stadt Italiens, wie die Stadtführer Regensburg gerne nennen, bestaunen.

Begeistert von dem, was die Denkmalschützer und Baumeister in der Brücke entdeckten, ist Martin Dallmeier, seines Zeichens Denkmalschützer der Stadt Regensburg. „Man darf nicht vergessen, dass zur Zeit des Brückenbaus gerade erst wieder damit begonnen wurde, Stein als Baumaterial zu verwenden.“ Jahrhundertelang hatten die Menschen des Mittelalters vergessen, wie man baut, wie es einst Römer und Griechen taten. Nur wenige Gebäude, zumeist Kirchen, sollten für die Ewigkeit sein. Der Rest wurde mit vergänglichem Holz errichtet. Die massiven Steinquader, mit denen die Römer das Castra Regina errichteten, das 179 nach Christus die Gründung Regensburgs markiert, benutzten die Menschen des Mittelalters – wussten aber nicht, selbst so zu bauen wie die Römer.

Das New York des Mittelalters

Regensburg ist im 12. Jahrhundert eine Metropole. Kaufleute haben unermesslichen Reichtum angehäuft. Sie bauen Patrizier-Burgen mit Türmen, die nur einen Nutzen haben: den Reichtum des Besitzers veranschaulichen. Regensburg wirkte auf den Menschen des Mittelalters wie heute New York: 120 Türme erheben sich zeitweise und prägen die Silhouette der Stadt.

Der Sommer des Jahres 1135 ist heiß und trocken. Man nutzt den niedrigen Stand der Donau, schlägt Pflöcke in den Grund des Flusses. „Man baute wie in einen Aufzugschacht die Beschlächte, die bis heute das Fundament der Brücke bilden und die Bögen tragen“, erzählt Dallmeier fasziniert.

Man muss sich vorstellen: Einst war die Steinerne Brücke die einzige feste Donau-Querung zwischen Ulm und Linz. Die reichen Bürger manifestieren ihre Macht mit der Brücke. 100 Jahre später wird der Kaiser der Stadt die Reichsfreiheit verleihen. 700 Jahre lang beginnt am anderen Ende der Steinernen ein anderes Land: Bis 1805 herrscht jenseits der Steinernen der Bayerische Herzog, während in der Reichstadt Regensburg Rat und Kaiser regieren. Das mittelalterliche Wunderbauwerk schaffte politische Fakten: Es markiert den Aufstieg eines selbstbewussten Bürgertums. Doch auch die Bautechnik ist verblüffend: „Die Steinerne Brücke ist als Bauwerk in ihrer Zeit absolut einzigartig. Der leider unbekannte Baumeister orientierte sich an Bauwerken aus der klassischen Antike“, schwärmt Denkmalschützer Dallmeier. Es ist, als hätten die Bürger das dunkle Mittelalter Stein auf Stein überwunden.

Ins Schwärmen gerät auch Christine Schimpfermann. Die Baureferentin der Stadt hatte mit vielen Rückschlägen zu kämpfen. Eine zunächst angeheuerte Baufirma musste überfordert aufgeben. Die Bauzeit verzögerte sich, eigentlich sollte die Brücke schon längst fertig sein. „Das liegt aber auch daran, dass der moderne Mensch schnelle Bauzeiten gewohnt ist“, so die Architektin. Doch bei der Sanierung eines solchen Monuments muss man eher arbeiten wie im Mittelalter. Auch, um möglichst viel Substanz zu erhalten. Die ansonsten eher kühl-preußische Baureferentin wirkt aufgeregt, als sie die unglaublichsten Funde schildert: „Wir haben Original-Mörtel aus der Entstehungszeit der Brücke gefunden, das ist für Bauforscher unheimlich spannend.“

Mörtel aus dem 12. Jahrhundert entdeckt

Und noch eine Entdeckung elektrisierte die Archäologen und ließ die Bauarbeiter staunen: Die Baukräne aus Holz waren an den Brückenbögen selbst befestigt. „Im Abstand von zwei Metern haben wir die Löcher entdeckt.“ Sie zeugen von einer Ingenieurskunst, die bis heute beeindruckt.

Das Gerüst ist abgebaut und die Steinerne liegt in altem Glanz würdevoll in der Donau. Sie verbindet die zwei Teile des Unesco-Welterbes miteinander. Ein rauschendes Fest am 9. und 10. Juni soll Bürger aus ganz Bayern an die Donau locken.

Wo einst die reichen Kaufleute Handel mit der Welt trieben, sind es heute Weltkonzerne, die den Bürgern und der Stadt neuen Wohlstand brachten. Manchmal wiederholt sich Geschichte eben doch.

Regensburg