Archiv als „Stiefkind der Gemeinde“
Verein für „Kommunale Archivpflege“ stößt auch im Nachbarlandkreis Cham auf Interesse

30.11.2017 | Stand 04.08.2023, 2:24 Uhr
−Foto: Foto: Hans Fichtl/LRA Regensburg

„Wenn vom ‚Stiefkind der Gemeinde‘ die Rede ist, ist damit meist das Gemeindearchiv gemeint“, so Dr. Manuela Daschner bei der Bürgermeisterversammlung des Landkreises Cham. Denn obwohl die Einrichtung und Führung eines eigenen Archivs für die bayerischen Gemeinden zu den kommunalen Pflichtaufgaben gehört, werde dies vielerorts vernachlässigt.

LANDKREIS REGENSBURG Es fehle an Zeit, an Personal, an Fachwissen oder an ehrenamtlichen Archivpflegern, die diese Arbeit übernehmen. Viele Gemeinden und Landkreise würden deshalb nach Lösungen für dieses Problem suchen. Aus eben diesem Grund hatte der Chamer Landrat Franz Löffler Manuela Daschner nach Cham eingeladen, um die Arbeit des Vereins „Kommunale Archivpflege im Landkreis Regensburg“ im dortigen Landratsamt vorzustellen.

Auch im Landkreis Regensburg gab es vielerorts Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Pflichtaufgabe „Archiv“. Deshalb beschloss man im Sommer 2015 neue Wege zu gehen: Acht Gemeinden – Barbing, Bernhardswald, Deuerling, Hagelstadt, Neutraubling, Pentling, Schierling und Zeitlarn – gründeten zusammen mit dem Landkreis den Verein „Kommunale Archivpflege im Landkreis Regensburg“. Dieser hat sich zum Ziel gesetzt, die Archivpflege in den Mitgliedsgemeinden zu fördern und weiter zu entwickeln. Der Verein bewerkstelligt dies, indem er den Mitgliedern Fachpersonal für die Archivarbeit vor Ort zur Verfügung stellt und ein Ansprechpartner für alle Fragen zum Archivwesen ist. Den Gemeinden steht dadurch eine Fachkraft mit Knowhow zur Verfügung, die sie vor Ort bei der Archivarbeit unterstützt. Die Bandbreite der Tätigkeiten der Archivare reicht von einer rein beratenden Funktion bis hin zur vollständigen Übernahme der Archivarbeit mit Aktenübernahme, -bewertung und -erfassung, Durchführung von bestandserhaltenden Maßnahmen, Beantwortung von Anfragen und dergleichen.

Über diese interkommunale Zusammenarbeit können die Gemeinden ihre Pflichtaufgabe „Archiv“ gemeinsam erfüllen. Das Interesse an der Arbeit der inzwischen drei Archivare – neben Dr. Daschner verstärken Raffael Parzefall und Clàudia Kirchner Vives seit diesem Jahr das Team – ist groß: Bereits zum zweiten Geschäftsjahr 2017 traten mit Köfering, Nittendorf und Obertraubling drei weitere Landkreisgemeinden dem Verein bei, Alteglofsheim wird zum 1. Januar 2018 folgen. Auch in anderen Landkreisen ist man auf das Erfolgsmodell des Landkreises Regensburg aufmerksam geworden: Zwei oberfränkische Landkreise zeigen großes Interesse an der Arbeit des Vereins und planen die Gründung eigener Archivvereine. Ob auch in Cham ein vergleichbarer Verein ins Leben gerufen wird, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Hugo Bauer, Bürgermeistersprecher des Landkreises Cham und 1. Bürgermeister der Gemeinde Wald, empfahl seinen KollegInnen auf jeden Fall das Modell: Er habe mit Bürgermeistern des Landkreises Regensburg gesprochen, deren Kommune Mitglied des Archivpflegevereins ist, und „sie haben sich alle positiv und zufrieden geäußert“.

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