„dicht&ergreifend“ in der Berufsschule
Und schon rattert‘s im Oberstübchen

26.04.2018 | Stand 21.07.2023, 3:39 Uhr
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„dicht& ergreifend“ sind echte niederbayerische Musiküberflieger. Jetzt setzen die beiden Mundart-Rapper Lef Dutti und George Urkwell ihre Prominenz für ein ganz besonderes Projekt ein und übernehmen am Freitag die Patenschaft der Staatlichen Berufsschule 2 Landshut, die der Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ beitritt.

LANDSHUT Millionen Klicks bei Youtube, ausverkaufte Konzerte und im März die Veröffentlichung des zweiten Albums „Ghetto mi nix o“: Für die beiden Mundart-Rapper Lef Dutti (Fabian Frischmann) und George Urkwell (Michael „Mike“ Huber) alias „dicht&ergreifend“ läuft‘s richtig rund. Am kommenden Freitag werden die beiden Musikstars jetzt sogar offiziell Paten! Lef Dutti und George Urkwell übernehmen die Patenschaft für die Berufsschule 2 Landshut, die der Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ beitritt und begleiten die Titelverleihung sogar musikalisch. Grund genug, bei den Wahl-Berlinern mal vorab nachzufragen, wie es zur Patenschaft kam, wie sie zum Echo-Skandal um die Rapper Kollegah und Farid Bang stehen und ob Provokationen zum Klischee eines richtigen Rappers einfach dazugehören.

Wochenblatt: Wie ist es zu Eurer Patenschaft für die Landshuter Schule gekommen und warum habt Ihr Euch entschieden, diese zu übernehmen und das Projekt zu unterstützen?

Lef Dutti: Gegen Rassismus mit unserem Namen zu stehen ist eine gute Sache. Rassismus passiert ganz häufig an Schulen, und jungen Menschen kann man mehr mitgeben als irgendwelchen alten Hasen.

Habt Ihr in Eurer Schulzeit selbst einmal Erfahrung mit Diskriminierung, Mobbing und Gewalt gemacht?

Frischmann: Im Nachbardorf gab es vor circa 20 Jahren zwei Kinder mit nigerianischen Wurzeln. Die wurden im Schulbus von fast allen und ständig lediglich wegen ihres Aussehens sehr krass gehänselt, verarscht und getreten. Nicht nur von den Deutschen, beispielsweise auch von einem rumänischen Typen aus meinem Dorf. Das muss für die die Hölle gewesen sein, am niederbayerischen Kaff. Keine Ahnung, wie die das ausgehalten haben. In der Grundschule gab es einen Typen, der schon etwas älter war und vom Osten nach Bayern gezogen war. Der wurde komplett auseinandergenommen, geschlagen, gemobbt, alles. Nur weil er ein Ossi war.

George Urkwell: Mein Bruder und ich wurden gemobbt, da unser Vater ein Preuße ist und er nicht richtig Bayerisch konnte. Kann er übrigens heute immer noch nicht! (lacht) Wir haben als Wirtshauskids aber lupenreines Bayerisch gesprochen, deswegen hat uns das einen Scheiß interessiert. Wir haben die dann im Fußball immer fertig gemacht, und dann war das Konto wieder ausgeglichen.

Lef Dutti: In der Realschule gab es in meiner Klasse einen klassischen Neo-Nazi. Bekennend. Der wurde natürlich von uns HipHoppern auch gemobbt. Der hat aber irgendwann die Seiten gewechselt und ist jetzt aktuell eine linke Socke. Diskriminierung gibt’s überall und in jede Richtung. Vor allem sehr viel in der Schule.

Rassismus, Diskriminierung, Gewalt, Courage, ... das alles sind ja Begriffe, die gerade nach der Echo-Verleihung auch aktuell die Musik-Szene stark beschäftigen. Wie ist Eure Meinung zum Echo-Preis für Kollegah und Farid Bang?

Lef Dutti: Sie haben den Preis verdient, da sie am meisten verkauft haben. Um nix anderes geht’s bei diesem Preis. Es ist kein Integrations- oder Grimmepreis. Es ist eine rein kommerzielle Veranstaltung. „Freiwild“ hat den Echo auch schon gewonnen. Eine sehr rechtspopulistische Band aus Südtirol. Da gab’s auch ein Hin und Her, aber meines Erachtens war da die Aufregung lange nicht so groß. „Freiwild“ behauptet von sich, sie seien nicht rechts, Kollegah behauptet, er wäre nicht antisemitisch.

Auch wenn Eure Musik definitiv in eine andere Richtung als die von Kollegah und Farid Bang geht, ohne Provokationen, Doppeldeutigkeit und Zynismus kommt ja auch Ihr in Euren Songs nicht aus. Gehört das zum Klischee eines Rappers einfach dazu?

Lef Dutti: Bestimmt nicht, da es genügend Rapper gibt, die weder zynisch, noch doppeldeutig oder provokant sind. Meistens sind die aber dann auch sehr langweilig und haben kaum was zu sagen. Doppeldeutigkeit, Zynismus und Provokation haben aber auch erstmal nix mit Diskriminierung oder Rassismus zu tun. Wenn jemand sagt „Nazis sind scheiße“, dann ist das weder doppeldeutig noch zynisch, sondern einfach eine Aussage, die inhaltlich richtig, aber lyrisch sehr langweilig und einfallslos dargeboten ist.

George Urkwell: „Krieg ist schlecht“ ist genau so eine platte Aussage, interessanter: Kindersoldaten fressen Mandelsplittergranaten. Schon rattert’s im Oberstübchen.

Habt Ihr aufgrund von Euren Texten eigentlich schon mal richtig Ärger bekommen?

Lef Dutti: Bis jetzt nicht ernsthaft. Viele verstehen aber auch nix von dem, was wir rappen und finden’s nur gut, weil’s Bayerisch ist. Diese Leute wissen dann leider auch nicht, dass sich unsere Texte eben genau gegen sie richten. Ein Teufelskreis.

Anfang März ist Euer zweites Album „Ghetto mi nix o“ erschienen. Wo nehmt Ihr Eure Songideen her, was und wer inspiriert Euch, und was begeistert Euch selbst am neuen Album am meisten?

Lef Dutti: Die Ideen zu den Inhalten kommen von verschiedenen Quellen. Unsere Umwelt, unser Freundeskreis, unser Umfeld allgemein, das Weltgeschehen, das Stadtgeschehen, das Dorfgeschehen, das Internet, unsere Familien. Musikalisch werden wir durch alle erdenklichen Musikrichtungen inspiriert. Nicht nur HipHop. Unser neues Album ist deshalb so gut, weil es eine sehr große musikalische Bandbreite aufzeigt, weil es mit großer Liebe zum Detail arrangiert und textlich ausgearbeitet ist, weil es sich thematisch nicht in einem einzigen Song wiederholt und weil es sowohl tanzbar, als auch inhaltlich hochwertig ist.

Euer Konzert am Freitagabend in der Alten Kaserne war im Nu ausverkauft. Für all Eure Fans, die leider kein Ticket mehr ergattern konnten: Steht schon fest, wann man Euch in Landshut oder Umgebung wieder sehen kann?

Lef Dutti: Die Landshut-nähesten Termine sind am 25. Mai im „Neun“ in Ingolstadt, am 30. Juni auf dem „Toolwood“ in München, am 8. Juli am Domplatz in Passau und am 4. August auf dem „Piazza Open Air“ in Regensburg.

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