Wuff, wuff
Eine vierbeinige Lehrerin namens Emma

21.06.2018 | Stand 04.08.2023, 9:36 Uhr
−Foto: n/a

Die Theodor-Eckert Grundschule in Deggendorf hat eine Schulhündin, die im Unterricht mithilft.

DEGGENDORF Es ist Dienstagmorgen, dreiviertel zehn. Die Schüler der Klasse 4a der Theodor-Eckert Grundschule sind nach der Pause wieder zurück im Klassenzimmer. Wochenplan ist angesagt und so verteilen sich die Schüler im und vor dem Klassenzimmer, um ihre Arbeitsaufträge zu erledigen – beim ersten Anblick eigentlich eine ganz normale Klasse. Doch es gibt einen großen Unterschied und der heißt Emma. Die 4a ist auf den Hund gekommen, denn ihr Klassenlehrer Ulrich Reiter arbeitet seit über 17 Jahren mit einer Schulhündin. Tiergestützte Pädagogik lautet der Begriff im Fachjargon, doch für die Kinder geht ein ganz besonderer Zauber von Emma aus.

Emma begleitet Ulrich Reiter täglich in die Grundschule und macht dort genauso ihren Job wie ihr Herrchen. Vielleicht auf den ersten Blick nicht gleich zu erkennen, denn Emma arbeitet im Hintergrund. „Aber sie ist immer genau da, wo sie gebraucht wird“, weiß Ulrich Reiter. So wie jetzt: Andreas Kopf raucht gerade über einer Matheaufgabe. Man merkt, dass er nachdenkt und es irgendwie mit der Lösung hakt. Unterm Tisch schiebt Emma plötzlich ihren Kopf auf den Schoss des Jungen. Andreas streichelt Emma und schon fliegt der Stift nur so über die Seite. Die Aufgabe ist gelöst!

So etwas beobachtet Ulrich Reiter immer wieder. „Emma gibt den Kindern kleine Impulse und plötzlich lösen sich Blockaden im Denken.“ Auch die Kinder bestätigen das: „Emma hilft uns“, sagen sie im Chor.

Ulrich Reiter hat mit seiner Emma eine spezielle Ausbildung zum Schulhund gemacht. „Dem Hund wird hier beigebracht, wie er mit hundeuntypischen Situationen umgeht zum Beispiel mit vielen Leuten, großem Lärmpegel oder rennenden Kindern“, sagt Ulrich Reiter.

Doch das alleine reicht nicht aus, denn ein Schulhund braucht gewisse Grundvoraussetzungen, um diesen Job machen zu können. Gelassenheit, Ignoranz, Intellekt, Distanz und Feinfühligkeit gehören auf alle Fälle dazu. Und dass sich der Hund zurücknehmen kann, denn auch Emma braucht Ruhephasen, in denen sie ihre Batterien aufladen kann.

Obwohl Ulrich Reiter schon jahrelange Erfahrung mit Schulhunden hat, fasziniert es ihn immer wieder, Emmas zwei Gesichter zu sehen. „Wenn Emma in der Schule ist, weiß sie, dass es ihr Job ist, sich um die Kinder zu kümmern. Außerhalb der Schule interessiert sie sich nicht so stark für Kinder oder andere Leute. In der Schule ist Emma sehr ruhig, in ihrer Freizeit dagegen kann sie richtig powern“, so das Herrchen.

Diese ruhige und feinfühlige Art kommt auch bei den Kindern gut an. Die Klasse ist nicht aufgebracht oder nervös, weil Emma da ist. Ganz im Gegenteil, sie sind tief entspannt. Es herrscht ein sehr ruhiges Klassenklima und Emma gehört einfach zu. „Emma erreicht vieles viel schneller, als wir Menschen oder Lehrer es erreichen würden“, sagt Ulrich Reiter und erzählt von einer Schülerin, die neu in die Klasse gekommen ist und sich sofort einen Platz neben Emma gewünscht hat und damit gleich Teil der Gemeinschaft war.

Natürlich sind manche Eltern anfangs skeptisch, wenn sie hören, dass ein Schulhund im Klassenzimmer ist. Sie vermuten, dass sich ihre Kinder nicht auf den Unterricht konzentrieren können. Doch schon nach wenigen Wochen merken die Eltern, dass es sich genau umgekehrt verhält. „Der Hund fördert die Konzentration und dadurch werden die Kinder leistungsfähiger“, weiß Ulrich Reiter aus Erfahrung. Auch Untersuchungen bestätigen diesen Effekt.

Darüber hinaus fördert Emma die soziale Kompetenz, sie kann beim Stressabbau vor Proben helfen, Aggressionen lösen, zu einer leiseren Atmosphäre im Klassenzimmer beitragen sowie Hilfe bei Problemen und kniffligen Aufgaben geben. Darüber hinaus kann ein Schulhund sehr motivationsfördernd sein. „Ich gehe gern in die Schule, weil ich Emma sehe“, sagen ganz viele der Viertklässler. Und wie zur Bestätigung streift Emma um die Beine der Schüler und holt sich Streicheleinheiten ab.

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