Nachts im Brauhaus
„Große Bühne“ in der Brauerei Wieninger in Teisendorf

29.11.2018 | Stand 31.07.2023, 16:38 Uhr
−Foto: n/a

Ein in seiner Art einmaliges Kulturevent erlebte die Marktgemeinde am Samstag Abend „Nachts im Brauhaus“ war nicht nur die Überschrift dazu, sondern auch Programm. Denn ab 19 Uhr wurden die alten Gebäude der Brauerei Wieninger zur Off-Location für Kabarett, Kunst und Rock- und Popmusik vom Feinsten.

TEISENDORF Bei einem Rundgang durch die Brauerei konnte man zwischen Sudkesseln und Malzböden über moderne Malerei, Fotografie und Installationen verschiedener Art staunen. In der zur Konzert-Location umfunktionierten Lagerhalle wurde Pop- und Rockmusik unterschiedlicher Stilrichtungen unplugged angeboten. Ab Mitternacht ging’s richtig ab bei der bis in die Morgenstunden andauernden After-Show Party. Und das alles auch noch für einen guten Zweck. Denn die Erlöse der Veranstaltung gehen als Spende an die Organisation „Viva Con Agua de Sankt Pauli“, die sich seit Jahren für einen menschenwürdigen Zugang zu Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung in Afrika einsetzt.

Der erste Höhepunkt des abwechslungsreichen Programms war der Auftritt des bekannten Laufener Kabarettisten Ernst Jani. In dem bis auf den letzten Platz besetzten Empfangsraum der Brauerei sorgte er mit seinem literarisch-kabarettistischen Soloprogramm „AU WÄ – Der Föhn-Der Grant-Das Bier“ für ungezählte Lacher und sehr gute Stimmung. In gekonnt ironischer Manier nahm Jani den Bayern und die bayerische Lebensart facettenreich ins Visier und erinnerte dabei wiederholt an den Meister des subtilen Humors, den Schriftsteller Herbert Rosendorfer, der die „bayerischen Sportarten wie „Grantln, Fingerhackln oder Fensterln“ passend beschrieben hat. Aber auch „die Preissn“ bekamen ihr Fett ab, weil sie weder die Sprache noch die bayerische Gemütlichkeit, beziehungsweise den Grant verstehen, „der beim Bayern als Urtrieb immer vorhanden ist, als Stand by sozusagen“. Der ganz normale Alltagswahnsinn mit Liebe, Eifersucht, Urlaub und Reisen kam auch nicht zu kurz. Es ist fast unmöglich, aus dem gefüllten Programm ein Highlight auszuwählen. Deshalb hier nur ein zufällig ausgewählter Satz: „Die Bayern denken beim Reden, deshalb sind sie so wortkarg!“.

Mit Bildern und Installationen der Künstler Kris Kind und Jari Genser, die in Wien und Salzburg leben und arbeiten, den Backstage Polaroids des Fotografen Andreas Pfohl und den Klangexpeditionen der Gruppe „Schallmodul“ beziehungsweise „Audio Testing Area“ aus München, wurde das Sudhaus für eine Nacht zur Kunstgalerie. Es war erstaunlich, wie gut sich die moderne Kunst in die alten Gemäuer und die technischen Anlagen zur Biererzeugung integrierte und bei dem Besucher zu einem gänzlich neuen Blick auf Beides führte.

Der urbane Konzeptkünstler Kris Kind- will nach eigener Aussage mit seinen gesellschaftskritischen, sehr provokativen Bildern aufrütteln und einen Diskurs auslösen. Um seine Bilder Schicht für Schicht aufzubauen, verwendet er Polyesterharz. Dass er so eigentlich abwaschbare „Plastikbilder“ produziert, findet er nur zeitgemäß. Er mischt Malerei mit Collagentechnik und Digitalisierung; seine Bildentwürfe entstehen oft am Computer. Kind arbeitet gern mit Müll, denn „wir sind eine komplett zugemüllte Gesellschaft“ so der Künstler. Passend zu seinem Projekt „Good titles for Artworks“ hatte Jari Genser auf eine Wand des Sudhauses einen Arbeitstitel für ein potenzielles zukünftiges Werk aufgemalt, den man erst bei genauem Hinschauen entdecken konnte. „Wer Wasser predigt und Wein trinkt, bei dem sind Hopfen und Malz verloren“ verhießen die schwarzen Buchstaben. Mit seinen Polaroid-Aufnahmen von hinter den Kulissen („Backstage“) gibt Andreas Pfohl Einblicke in den Alltag der Künstler. ERr vrekauft seine Bilder schon seit mehreren Jahren zugunsten von Viva con Agua, weil ihm die Ziele des Vereins „Wasser für all“ wichtig sind.

Eingebettet in das Schaltpult der Sudkessel standen die modularen analogen Synthezizer von Mathias Kettner und Oliver Rauscher, auf der Empore Andreas Polkhart mit elektronischer Gitarre. Für das Münchner Team ist die Improvisation integraler Bestandteil ihrer Arbeit, jedes Stück ist einmalig und bekommt auf der Bühne erst seine endgültige Form. Untermalt mit an die Decke geworfenen grünen und roten Laserstrahlen, bot dies den Besuchern ein einmaliges Spektakel.

−Foto: M. Konnert

Auch das musikalische Programm, dargeboten auf einer aus Paletten und Bierkästen passend zur Brauerei aufgebauten Bühne konnte sich hören lassen. Zur Einstimmung sorgte die Rockmusik der Salzburger Band SPYCATS. Stefan, Kevin und Johannes sind in der Salzburger Musikszene keine Unbekannten mehr. Ihre Musik, mit tollem Sound, geprägt von der Liebe zur Gitarre fand auch unter den Teisendorfer Zuhörern viele Freunde Anklang. In eine ganz andere Richtunn ging die Musik des jungen Münchner Sängers KALED, die von Elementen des Pop, Soul, Rock und nicht zuletzt der deutschen Liedermacher wie Konstantin Wecker geprägt ist. Der Funke zum Publikum sprang schnell über, Mitmachen und Mitsingen war angesagt.

Dann aber kam Stefan Dettl, der Frontmann und Sänger der Band LaBrassBanda. Begleitet von dem Bassisten Fabian Jungreithmayr brachte er die Halle mit seiner energiegeladenen Acoustic –Session vom Feinsten zum Kochen. Bereits sein etwas ungewöhnlicher Einzug mit einer Musikeinlage mitten im Publikum elektrisierte. Dann warb der Ausnahmemusiker erst mal mit einem kurzen Plädoyer für die Unterstützung des „Viva con Agua“ Vereins, dessen Arbeit alle Künstler des Abends, durch ihren unentgeltlichen Auftritt unterstützen würden, bevor er mit seinem typischen Sound aus Techno, Reggae, Ska und Punkmusik loslegte.

Natürlich konnte man sich zwischen Kabarett, Besichtigungstouren und Musik-Sessions mit Bier und von Food Trucks angebotenem Essen stärken. Die Feierwütigen konnten den Abend noch lange bei der Aftershow-Party genießen. Die österreichische Band Allen Alexis samt DJ-Set sorgte mit einem Gemisch von Elektropop über Punk und Techno für die richtige Party-Stimmung.

Initiiert worden war das Projekt von Brauereichef Christian Wieninger, dem Fotografen Andreas Pfohl und Christian Rogl, Produzent von Musikvideos. Das Projekt sei „aus einer Bierlaune heraus“ entstanden, so der Bräu, denn so etwas habe es in der Region noch nicht gegeben . „Was man in Berlin oder München kann“, fügt er schmunzelnd hinzu, „können wir in Teisendorf auch“ . Und wenn man damit auch noch eine so wichtige Arbeit, wie die von „Viva Con Agua de Sankt Pauli“ unterstützen kann und alle Künstler dabei freiwillig mitmachen, dann sei das eine prima Sache. Das große Interesse der Besucher gab den Initiatoren recht. Hoffentlich folgen noch viele ähnliche Nächte im Teisendorfer Brauhaus.

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