Tourismus-Themen diskutiert
Alpenübergreifende Vernetzung

18.04.2019 | Stand 03.08.2023, 17:26 Uhr
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Burghauser Touristik nahm an Lehrfahrt teil

BURGHAUSEN. Zu den Haupttaufgaben des Tourismus Oberbayern München (TOM) e.V. zählt die Vernetzung und Professionalisierung der Mitgliedsorte und -regionen. Bei der durch den TOM e.V. organisierten Lehrfahrt, bei der auch die Burghauser Touristik und der TV Inn-Salzach vertreten waren, diskutierten oberbayerische Touristiker und Politiker vergangene Woche im Südtiroler Landtag zentrale Tourismus-Themen unter anderem mit dem Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher. In Bozen informierten sich die Experten zu regionalen Handlungsschwerpunkten, wie Organisationsstrukturen, Mobilität, Digitalisierung, Innovation, Tourismusakzeptanz und Fachkräfte-Gewinnung.

Die beiden Tourismusregionen Oberbayern und Südtirol verbindet sehr viel. Diese Erkenntnis wurde bereits zu Beginn der Exkursion von beiden Seiten unterstrichen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch unterschiedliche Strategien, drängende Fragen rund um die Tourismusentwicklung anzugehen.

Gerade in Sachen der Organisationsstrukturen und Markenpolitik glänzt Südtirol mit einer integrierten, landesweiten Strategie. Es ist gelungen, unterschiedliche Wirtschaftsbereiche, wie Landwirtschaft oder Handwerk mit dem Tourismus zu vernetzen und unter einem gemeinsamen Markendach zu bündeln.

Für Oberbayern ist das eine zukunftsweisende Ausrichtung, die aufzeigt, dass der Tourismus künftig noch großräumiger und branchenübergreifend vernetzter gedacht werden muss. Letztlich geht es um ‚Lebensraum-Gestaltung‘, von der Einheimische und Gäste gleichermaßen profitieren. Präsident des TOM e.V. Klaus Stöttner unterstrich, dass es in Bayern um bereichsübergreifende Kooperationen und Bündelung geht. Mit dem neuen Tourismuszentrum Bayern müssen auch hier Zukunftsstrategien und Ziele für den Tourismusstandort Bayern entwickelt werden.

Beide Regionen stehen vor großen Herausforderungen, insbesondere was das Thema Mobilität in allen Facetten angeht. In Südtirol wird Mobilität sehr stark vom Endverbraucher aus gedacht, aus diesem Denkmodell heraus entstand ein intelligentes, Südtirol übergreifendes Ticketsystem. Die Tallagen vereinfachen eine Erschließung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, darüber hinaus gibt es aber auch hier Strategien zur Verkehrsvermeidung durch intelligente Raumplanung – etwa durch die direkte Anbindung von Bahnhöfen an bestehende Skilifte. Auf der anderen Seite gibt es Überlegungen, künftig Dolomitenpässe zeitweise für den Individualverkehr zu sperren – nur so kann das Alleinstellungsmerkmal Dolomiten mittel- und langfristig auch als Naturraum erhalten werden.

Kompatscher äußerte sich zum Thema „Overtourism“, welcher eng mit dem Thema Verkehrsaufkommen zusammenhängt: „Eine Überlastung für Einheimische ist zugleich auch eine Überlastung für den Gast und beeinträchtigt die Erlebnisqualität für beide.“ Um dem entgegenzuwirken, setzt Südtirol auf den Ausbau des ÖPNV-Angebotes als echte Alternative zum Auto.

Der TOM e.V. nimmt sich dem Thema Besucherlenkung demnächst im Rahmen eines runden Tisches mit seinen Partnern an.

In der Digitalisierung geht Südtirol einen ähnlichen Weg wie Bayern – mit dem Open Data Hub Südtirol entsteht eine ähnliche Drehscheibe für regionale Daten wie mit der „Bayern Cloud“. Beide Regionen sind über eine länderübergreifende Arbeitsgruppe, die DACH-KG, verbunden und erarbeiten darin Konzepte für ein künftiges Datenmanagement. Mit dem NOI (Nature of Innovation) Techpark wurden in Bozen hochprofessionelle Strukturen geschaffen, in denen Innovationsthemen wie Erneuerbare Energien, Alpine Technologien, Lebensmitteltechnologien sowie Smart technologies wie Automation gebündelt werden.

Eine ganz wichtige Basis für die künftige Regional- und Tourismusentwicklung ist in Südtirol wie auch in Oberbayern die Tourismusakzeptanz in der Bevölkerung. Nach Ansicht des Landeshauptmanns Kompatscher ist es hier wichtig, die Bevölkerung nicht zu überfordern. Neue Maßnahmen sind als ‚Evolution‘ zu sehen, nicht als ‚Revolution‘. Ganz konkret geht es darum, beispielsweise Veranstaltungen nicht für den Gast künstlich zu kreieren, sondern Gäste an den Veranstaltungen der Einheimischen teilhaben zu lassen. Das schafft mehr Authentizität, auch dass keine Neuinvestitionen in Hotels gefördert werden, sondern nur der Ausbau und die Qualitätssteigerung von bestehenden Strukturen. „Wir versuchen zu vermitteln, dass der Tourismus wichtige Arbeitsplätze vor Ort schafft, dass wir ihm einen guten Teil unserer Lebensqualität verdanken und setzen auf Nachhaltigkeit in der Gestaltung der touristischen Angebote“, sagt Kompatscher.

Die heimischen Touristiker sprachen im Kreis der Südtiroler Kollegen auch das drängende Thema der Verfügbarkeit von Fachkräften an. Kompatscher erwiderte, dass hier durch eine angemessenere Bezahlung und bessere Ausbildung ein Umdenken stattfindet. „Nur so werden wir dieses Problem langfristig in den Griff bekommen“, sagte der Südtiroler Landeshauptmann.

Für die Geschäftsführerin der Burghauser Touristik, Sigrid Resch, war es eine Studienreise in die Heimat. „Es ist beeindruckend, wie das Land Südtirol sich Strukturen geschaffen hat, um professionell auf die touristischen Herausforderungen reagieren zu können“, so die Boznerin.

TOM e.V.-Präsident Klaus Stöttner sprach sich für eine nachhaltige Vernetzung zwischen den Tourismusstandorten Oberbayern und Südtirol aus. Letztlich kann man voneinander viel lernen und Lösungsstrategien gemeinsam formulieren und auf den Weg bringen. Die oberbayerischen Touristiker konnten sehr von der Studienreise profitieren und sich auch untereinander stärker vernetzen und austauschen.

Altötting