Wie wär´s mit einem handyfreien Abend?
Handys können einsam machen:

02.04.2019 | Stand 04.08.2023, 13:28 Uhr
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Nur noch schnell die Mails checken... Handys können sprachlos, oberflächlich & kontaktscheu machen

LANDKREIS. Ausgerechnet eine (beruflich bedingte) Viel-Telefoniererin hegt gegen ihren ständigen Begleiter – das Smartphone – gewisse Skepsis: „Das Handy ist zu unserem Kommunikationsmittel Nr. 1 avanciert. Wir mailen, SMSen oder chatten und sind in diversen Netzwerken unterwegs. Dennoch habe ich den Eindruck, dass permanente Handynutzung unserer Kommunikationsfähigkeit eher abträglich ist“, so die Beobachtung der im Außendienst tätigen Niederbayerin, die seit einiger Zeit in Neuötting ihr Zuhause gefunden hat. Natürlich sei klar, dass unser Leben ohne Handy gar nicht mehr funktionieren würde, aber „kaum jemand ist sich bewusst, wie viel Zeit er täglich am Handy verbringt“, sagt die 40-Jährige.

Wer in Gesellschaft immer wieder mit seinem Handy beschäftigt ist, der schenkt seinem Gegenüber nicht die gebührende Aufmerksamkeit und den nötigen Respekt. Das zu erkennen, dafür braucht es eigentlich keinen Benimm-Dich-richtig-Knigge. Trotzdem ist die Unart, ständig sein Handy zu zücken, deutlich auf dem Vormarsch. „Die Verführung liegt in den vielen Möglichkeiten, ständig und überall dabei zu sein. Aber vieles bleibt nur oberflächig und flüchtig ...“, meint Sandra Kapfhammer.

„Im Gespräch von Angesicht zu Angesicht kann jeder Stimmungen direkt erkennen, auf Nuancen achten und vor allem: sich selbst besser und direkter ausdrücken, sodass es nicht so leicht zu Missverständnissen kommt, wie bei so mancher schnell eingetippten Nachricht“, ist sie überzeugt. Selbst in Beziehungen würde heute deutlich weniger gesprochen: „Da hat sich in den vergangenen Jahren vieles verändert – und zwar nicht unbedingt zum Guten. Ich habe festgestellt, dass bei all´ den vermeintlichen ,Freunden‘ in der digitalen Welt die realen Menschen immer mehr abgehängt werden. Einfach ins Gespräch zu kommen, zu flirten – diese Dinge fallen vielen zunehmend schwer. Wenn von Vereinsamung die Rede ist, denken die meisten zuerst an ältere Menschen. Dabei sind auch viele junge Leute einsam, zurückgezogen und haben nur die ,Freunde‘ in digitalen Scheinwelten ...“ Dabei sieht die 40-Jährige durchaus Unterschiede bei den Generationen: „Die Leute meines Alters wissen schon noch, dass man ein Handy nicht unbedingt und immer zwingend benötigt, während die Jüngeren geradezu mit ihrem Handy verwachsen scheinen.“

Dennoch glaubt die Neuöttingerin nicht, dass der permanente Handy-Betrieb künftig „salonfähig“ wird: „Ich denke mir, der Trend wird in den nächsten Jahren vielmehr dahin gehen, dass die Leute sich ganz bewusst Auszeiten von digitalen Medien nehmen. Ganz einfach, weil sie sowohl privat als auch beruflich dauernd gefordert sind – und das alles einfach zu viel wird.“

Sandra Kapfhammer sieht sich keinesfalls als militante Einzelkämpferin für einen moderaten Handy-Gebrauch. „Es gibt viele, die ebenso vom Handy-Wahn genervt sind wie ich ...“ Hilfreich bei einem bewussteren Handy-Gebrauch sei es, klare Regeln zu treffen: „So kann man bei einem Treffen mit anderen vereinbaren, ob man auf´s Smartphone verzichtet.“

Eine Form von Luxus: Geselligkeit ohne Handys

Nun hatte Sandra Kapfhammer eine Idee: Sie lädt zu einem handyfreien Abend ein. Stattfinden soll er am Donnerstag, 4. April, um 18.30 Uhr im Gasthof Raspl in Unterneukirchen. „Unter der Bedingung, dass die Handys aus bleiben, sollen die Leute einen ungestörten Abend verbringen, nette Bekanntschaften machen und den Luxus genießen, einfach mal nicht erreichbar zu sein.“ Im Bekanntenkreis ist diese Idee auf sehr positive Resonanz gestoßen: „Aber ob die Leute dann auch kommen, darauf bin ich gespannt“, lacht die Initiatorin des „Flugmodus“-Treffs, der bei genügend Interesse auch fest etabliert werden könnte. Anmeldungen werden per E-Mail an kapfhammersandra@t-online.de erbeten.

Übrigens: „Soziale Netzwerke machen unser Leben eher unsozialer“, warnt auch der bayerische Kommunikationsexperte Robert Spengler. „Wir verlernen den persönlichen Kontakt von Herz zu Herz und haben weniger Zeit für intensive Gespräche“ ...

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