Ein Leben für die Musica sacra
Regensburger Domspatzen trauern um ihren früheren Domkapellmeister Georg Ratzinger

02.07.2020 | Stand 03.08.2023, 19:52 Uhr
−Foto: n/a

Am Mittwoch, 1. Juli, verstarb Georg Ratzinger, der frühere Regensburger Domkapellmeister. Am 1. Juni 1964 übernahm Georg Ratzinger das Amt des Domkapellmeisters am Regensburger Dom und verantwortete seitdem 30 Jahre lang die musikalische Leitung der Domspatzen.

Regensburg. 1976 konnte er mit dem Chor das 1.000-jährige Bestehen feiern. Der Chor erwarb sich unter seiner Leitung internationales Renommee. Im Zentrum seines Wirkens stand immer die musikalische Entfaltung der Liturgie im Regensburger Dom. 1994 übergab Georg Ratzinger sein Amt an Roland Büchner.

„Sein Leben waren die Domspatzen“, sagt der aktuelle Domkapellmeister Christian Heiß. Er selbst war zu Zeiten von Georg Ratzinger ein Regensburger Chorknabe. „Ohne ihn wäre ich nicht das, was ich heute bin. Als sein Nach-Nachfolger darf ich nun wirklich das tun, was er dreißig Jahre lang mit unglaublicher und nicht nachlassender Energie und Disziplin tat: diesen wunderbaren Knabenchor auf bestmöglichem Niveau zu leiten und in die Zukunft zu führen.“

Heiß bewunderte die unvergleichliche Hingabe an die Kirchenmusik, der sich Ratzinger mit Leib und Seele verschrieben hatte, sein Klangsinn, seine beständige Sorge für die Institution und seine Bescheidenheit bei allem Erfolg. Georg Ratzinger war kein Mann der großen Gebärden. Ausladend dirigierende Gestik war ihm fremd. Zu seinem großen Gespür für Töne und Klang passte eine feine und eher unauffällige Art der Chorführung, in der sich Feinsinnigkeit und Respekt vor dem Klang der Musik und der darin enthaltenen Fülle zum Ausdruck brachte. Christian Heiß sagt dazu: „Georg Ratzinger zeichnete sich durch eine gewisse Eleganz beim Dirigieren aus. Er liebte die Weichheit der Töne, des Gesangs, er suchte wie kaum ein anderer den warmen, weichen Chorklang und forderte eine Bandbreite an Dynamik.“

Er forderte und förderte. Sehr viel. Sein musikalisches Talent und sein Eifer machten die Domspatzen zu einem der bekanntesten Knabenchöre. Konzertreisen führten den Chor und ihn rund um die Welt. Im Mittelpunkt aber stand für den durch und durch priesterlichen Menschen Georg Ratzinger der liturgische Dienst in der Regensburger Bischofskirche. Georg Ratzinger wirkte nicht nur als Chorleiter, sondern auch als Komponist. Unter seinen Werken wurde die „Missa l’anno santo“ bekannt, die er dem Heiligen Jahr widmete, das Papst Johannes Paul II. zur Jahrtausendwende ausrief. Auch das achtstimmige "O du fröhliche" wird von allen Domspatzengenerationen gerne gesungen.

„Mit unserem Domkapellmeister hat sich eine Persönlichkeit von dieser Welt verabschiedet, die den Werdegang tausender Domspatzen geprägt hat. Mir werden sein musikantischer Instinkt und seine tiefe Hingabe für das Göttliche und Menschliche in Erinnerung bleiben. Seine erstaunliche Fähigkeit, sich an jeden einzelnen Domspatzen auch nach Jahrzehnten zu erinnern, ist mir noch heute unerklärlich. Für viele Domspatzen wird der „Cheef“ der immerwährende Domkapellmeister bleiben.“ So erinnert sich Thomas E. Bauer, Profi-Bariton, Intendant und Erbauer des großartigen Konzerthauses in Blaibach, selbst Domspatz von 1981 bis 1990.

Domkapellmeister Ratzinger wird im Stiftungsgrab der Domspatzen, am unteren Katholischen Friedhof in Regensburg begraben. Alles Weitere ist derzeit in Planung. „Seine“ Domspatzen werden in dem Rahmen, den die Corona-Beschränkungen zulassen, selbstverständlich das Requiem für ihren langjährigen Leiter musikalisch gestalten. Die konkrete Form und Formation werden geklärt und bekannt gegeben, sobald sie feststehen.

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