„Zug ist entgleist“
Kardinal Müller kritisiert erneut scharf Rom und damit auch den Papst

07.06.2018 | Stand 13.09.2023, 2:57 Uhr
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Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat erneut scharfe Worte für Rom und somit für Papst Franziskus im Streit um die Zulassung protestantischer Ehepartner zur Kommunion gefunden. Die Bremse sei „kurz vor dem Abgrund“ gezogen worden, entgleist sei der Zug trotzdem. sagte Müller in Rom.

ROM Der frühere Bischof von Regensburg und Glaubenspräfekt im Vatikan, Gerhard Ludwig Kardinal Müller, hat erneut schärfste Kritik an seinem Nachfolger im Amt, damit aber auch an Papst Franziskus selbst geübt. Seit Monaten schwelt im deutschen Episkopat ein Streit. Die Mehrheit der deutschen Bischofskonferenz, zu der auch Weihbischöfe zählen, haben unter der Ägide von Reinhard Kardinal Marx einem Schreiben zugestimmt, das in bestimmten Fällen die Kommunion für mit Katholiken verheirateten Protestanten zulassen sollte. Dagegen hatte sich Widerstand geregt - unter anderem hatten sich der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer und der Passauer Bischof Stefan Oster bei der Glaubenskongregation beschwert. Hintergrund ist, dass Katholiken daran glauben, dass sich das Brot und der Wein durch die Wandlung in Leib und Blut Jesu Christi wandelt. Das ist bei Protestanten oft nicht der Fall. Es geht also um eine höchst theologische Frage, die aber für die Bischöfe von zentraler Bedeutung zu sein scheint.

Zunächst hatte Papst Franziskus ausrichten lassen, die Bischöfe in Deutschland sollten selbst eine Lösung aus dem Dilemma finden. Jetzt hat Müllers Nachfolger als Glaubenspräfekt in einen Brief die Veröffentlichung des Schreibens im Namen des Papstes faktisch untersagt. Kardinal Müller indes übte schärfste Kritik an Rom und damit auch an Papst Franziskus. Der selbst in Rom lebende Kurienkardinal sagte demnach: „Hier wurde kurz vor dem Abgrund die Notbremse gezogen. Entgleist ist der Zug trotzdem, weil Rom zu spät und zu zögerlich reagiert hat. Jetzt kommt es darauf an, den Zug sorgfältig wieder auf die Schienen zu setzen.“ In Bezug auf die Spekulationen auch des Wochenblatts, dass Kardinal Marx eine empfindliche innerkirchliche Niederlage eingesteckt hat, sagte Müller: „Nur wenn man den katholischen Glauben kennt, wird man diese römische Entscheidung theologisch und nicht kirchenpolitisch interpretieren.“ Damit spricht Müller indirekt an, dass man unter konservativen Kardinälen das theologische Wissen Franziskus‘ in Zweifel zieht.

Regensburg