„Ratgeber Gesundheit“
Je früher Darmkrebs erkannt wird, desto besser stehen die Chancen auf Heilung

21.03.2019 | Stand 21.07.2023, 10:59 Uhr
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Darmkrebs ist bei Frauen die zweithäufigste, bei Männern neben Lungen- und Prostatakrebs die dritthäufigste Krebserkrankung in Deutschland. Und mit dem Alter steigt auch das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken.

AMBERG „Darmkrebs ist eine Krankheit des alternden Menschen. Ab dem 50. Lebensjahr steigt das Risiko deutlich an“, beginnt Priv.-Doz. Dr. Marc Dauer, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin II, den ersten Teil des Vortrags zum Thema „Vorsorge, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten bei Darmkrebs“. Es war der Auftakt für die Vortragsreihe „Ratgeber Gesundheit“ und die Resonanz war groß. „Ich freue mich, dass Sie so zahlreich gekommen sind“, so PD Dr. Dauer.

In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 70.000 Menschen an Darmkrebs. Das Lebenszeitrisiko beträgt sechs Prozent. „Das heißt zwar im Umkehrschluss, die Chance nicht an Darmkrebs zu erkranken liegt bei 94 Prozent, trotzdem ist Prävention das A und O.“ Was jeder einzelne tun kann, um sein Risiko zu minimieren? Wesentliche Faktoren sind eine konsequent gesunde Ernährung und körperliche Bewegung. Auch Alkohol stellt einen Risikofaktor dar. „Es ist aber schwierig, hier exakte Verhaltensregeln aufzustellen. Ich möchte niemandem das gelegentliche Glas Rotwein verbieten“, erklärt PD Dr. Dauer. Auch die Bewegung kommt bei den meisten von uns viel zu kurz. „Wir sitzen zu viel. Unser Körper ist darauf ausgelegt 30 Kilometer pro Tag zu laufen. Wir schaffen im Durchschnitt natürlich nur deutlich weniger.“ Doch nicht nur man selbst kann vorbeugen. So ist es Aufgabe des Hausarztes, Risikoerkrankungen wie Diabetes oder entzündliche Darmerkrankungen optimal zu therapieren, das familiäre Risiko abzufragen oder auch Vorsorgeuntersuchungen zu besprechen und anzubieten.

Warum macht eine Vorsorge aber überhaupt Sinn? „Darmkrebs entwickelt sich meist langsam aus gutartigen Vorstufen, den sogenannten Polypen heraus und die Zahl der Polypen steigt mit zunehmendem Alter. Bis zu zehn Jahre brauchen die Polypen, um sich zu Darmkrebs zu entwickeln“, erklärt PD Dr. Dauer. Hinweis auf eine Darmkrebserkrankung kann verstecktes Blut im Stuhl sein. Krankenkassen übernehmen einen solchen Test ab dem 50. Lebensjahr. Ab dem 55. Lebensjahr wird auch die Darmspiegelung angeboten. Bei familiärer Vorbelastung sollten die Vorsorgeuntersuchungen allerdings schon früher gemacht werden.

Je früher Darmkrebs erkannt wird, desto besser stehen die Chancen auf Heilung. Vorteil des Stuhltests ist der geringere Aufwand und auch er reduziert das Sterblichkeitsrisiko. Nachteil ist allerdings, nicht blutende Polypen werden nicht entdeckt. „Die beste verfügbare Vorsorgemöglichkeit ist die Koloskopie, die Darmspiegelung. Sie senkt das Sterblichkeitsrisiko um 66 bis 90 Prozent“, so PD Dr. Dauer. Doch die Teilnahmerate ist ernüchternd, immer noch. Weniger als 20 Prozent der Frauen und Männer über 50 Jahre nehmen das Angebot in Anspruch. Worin liegen also die Gründe. Ist es die Angst vor der Spiegelung? „Die Angst ist unbegründet. Das Belastendste ist die Vorbereitung. Hier findet aber eine kontinuierliche Verbesserung statt, um die Verträglichkeit zu verbessern.“ Die Spiegelung selbst verläuft in der Regel schmerzfrei. Der Patient wird dafür sediert, also in einen tiefen Schlaf versetzt. Da die Innenseite der Darmschleimhaut nicht schmerzempfindlich ist, können Krebsvorstufen ohne Beschwerden entfernt werden. „Darmverletzungen während der Spiegelung treten sehr selten auf, selbst bei der Polypenentfernung in deutlich weniger als einem Prozent der Fälle. Außerdem können in vielen Fällen Frühformen des Darmkrebses bereits durch die Spiegelung geheilt werden.“

Den zweiten Teil des Vortrags gestaltete Dr. Wolfram Schief, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie. „Ein chirurgischer Eingriff ist dann nötig, wenn die Polypen bei der Spiegelung nicht entfernt werden können.“ Dringt der Tumor in die Muskelschicht vor, besteht die Gefahr, dass bereits die Lymphknoten befallen sind. Eine lokale Entfernung ist dann nicht mehr sinnvoll, stattdessen ist der Tumor einschließlich der Lymphknoten operativ zu entfernen. Bei der Therapieplanung gilt es abzuklären, ob der Patient bereits Absiedelungen, also Metastasen hat. Bewährte Methoden sind hier die Sonografie, die Computertomographie, der innere Ultraschall und die Kernspintomographie, erst nach Abschluss der Diagnostik wird das endgültige Tumorstadium bestimmt. Die Entscheidung über die bestmögliche Therapie fällt in der interdisziplinären Tumorkonferenz. „Hier arbeiten Gastroenterologen mit Chirurgen, Onkologen, Radiologen und Strahlentherapeuten zusammen, um die optimale Therapie individuell für jeden einzelnen Patienten festzulegen. Wir wollen für jeden Patienten eine maßgeschneiderte Therapie“, erklärt Dr. Schief, Leiter des Darmkrebszentrums St. Marien Amberg. Befindet sich der Tumor im fortgeschrittenen Stadium, kann zusätzlich zum chirurgischen Eingriff eine Kombination mit einer Chemo- und/oder Strahlentherapie sinnvoll sein.

Mit einem klaren „Ja“ hat Dr. Schief die Frage „Darf man Darmkrebs minimalinvasiv behandeln?“ beantwortet. Solche Eingriffe haben viele Vorteile: Das Immunsystem wird weniger geschwächt und es treten weniger Wundheilungsstörungen auf, eine Chemotherapie ist früher möglich. Auch bei der lokalen oder operativen Behandlung von Metastasen hat sich viel getan. „Eine Zurückhaltung ist hier nicht gerechtfertigt. Heute beträgt die Überlebensrate fünf Jahre nach Ausbruch der Krankheit trotz Metastasen 50 Prozent, wenn alle verfügbaren Therapiemaßnahmen konsequent zum Einsatz gebracht werden, wie es nur an einem zertifizierten Darmkrebszentrum möglich ist.“

Am Ende folgte von beiden Chefärzten noch einmal der Appell: „Gehen Sie zur Vorsorge und nutzen Sie das Angebot.“ Weiter geht es beim „Ratgeber Gesundheit“ am 09. April 2019 um 18 Uhr im Klinikumsspeisesaal. Prof. Dr. Volkher Engelbrecht, Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, widmet sich hier dem Thema „Lebermetastasen in der Radiologie: Erkennen und Behandeln.“

Schwandorf