„Ratgeber Gesundheit“ in Amberg
Was macht eigentlich der Anästhesist?

28.02.2019 | Stand 03.08.2023, 14:16 Uhr
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Hört man von Anästhesie, fällt dem Laien sofort die Narkose ein. Doch was passiert bei einer Narkose und ist das Narkosesetzen wirklich das Einzige was ein Anästhesist macht?

AMBERG Im letzten Vortrag des Gesundheitsforums nahm Chefarzt Priv.-Doz. Dr. Andreas Redel des Klinikums St. Marien Amberg die Zuhörer auf eine sehr anschauliche Reise mit in die Anästhesiologie. Die Geschichte dieses Tätigkeitsfeldes begann schon sehr früh, denn die Anästhesie hat uralte Wurzeln in der Naturheilmedizin. Natur, weil der Ursprung der Betäubung mit dem Wirkstoff des Schlafmohns begann, dem Opium. Schon 5000 v. Chr. wurde festgestellt, dass das Opium euphorisierend oder auch schlaffördernd wirken kann. Während in der Zeit der Römer das Opium mehr als Rauschmittel benutzt wurde, musste die Idee, mit diesem Wirkstoff Schmerzen zu lindern, erst geboren werden. Und das war ein langer Weg.

Zahnärzte waren es, die im 19. Jahrhundert mit der intensiven Suche nach Möglichkeiten der Anästhesie begannen. Der Amerikaner Horace Wells versuchte, Zahnschmerzen mit Lachgas zu bekämpfen, scheiterte aber und wurde verlacht. Wieder ein Zahnarzt war es, der in Neu-England auf die Idee kam den Schmerz mit Äther zu betäuben. Das war am 16. Oktober 1846, die Geburtsstunde der modernen Anästhesie. Dabei hätte es diese Art der Vollnarkose schon viel eher geben können, denn Paracelsus machte seinerzeit schon Tierversuche an seinen Hühnern und stellte damals schon fest: „Die Dosis macht das Gift.“ Erst 1953 entstand die Deutsche Gesellschaft für Anästhesie.

Doch was ist die Anästhesiologie? Nur ein Betäuben? Die Anästhesiologie steht auf vier Säulen: Der OP-Anästhesie, der Intensivmedizin, der Notfallmedizin sowie der Schmerz- und Palliativmedizin. Um besser verstehen zu können, was der Anästhesist bei einer Narkose macht, nutzte Priv.-Doz. Dr. Andreas Redel eine Metapher und setzte die Zuhörer in ein Flugzeug. So eine Flugreise beginnt mit der Planung, so auch die Narkose. Der Flieger steht am Boden, ist stabil, dann beginnt der Start, die kritische Phase beginnt, die Narkose wird eingeleitet, der Flug beginnt, der Pilot lenkt das Flugzeug zum Ziel, der Anästhesist ist an der Seite des Patienten. „ Wenn Sie in Narkose sind, haben wir die Verantwortung für Ihren Körper übernommen. Wir achten auf Ihren Sauerstoff, auf Ihre Körperwärme, auf die Nierenfunktion, es wird permanent alles überwacht, so Priv.-Doz. Dr. Andreas Redel. Dann beginnt der Landeanflug, also das Ausleiten der Narkose, bevor es dann an die Nachsorge geht, damit der Patient wieder bei vollem Bewusstsein ist, schmerzfrei und stabil. Drei Medikamente sind es, die bei einer Vollnarkose zum Tragen kommen, die Schmerz, Bewusstsein und Bewegung ausschalten. Das sogenannte Pfeilgift, welches von Seefahrern bei den Indianern entdeckt wurde, lähmt die Atmung, was ja auch eine Bewegung ist. Diese wird nun auch vom Anästhesisten übernommen, hier wird ein kleines Schläuchlein in der Luftröhre mit einem Beatmungsgerät verbunden. Natürlich ist jeder Patient anders, jeder bringt eine andere Geschichte mit, bringt zusätzlich zur eigentlichen Krankheit vielleicht noch eine andere Erkrankung mit, auf die wieder individuell reagiert werden muss. Dr. Redel ging auf viele Ängste ein, die Schlimmste ist wohl der Kontrollverlust, das Ausgeliefertsein und die Angst davor, doch etwas mitzubekommen. Auch die Angst vor Übelkeit und Erbrechen ist groß, doch zur Übelkeit kommt es nur bei bestimmten Operationen, die beispielsweise den Gleichgewichtsinn stören. Was die Schmerzen angeht, stellte Dr. Redel klar: „Es gibt kein schmerzfreies Krankenhaus, jedoch versichern wir, dass Ihre Schmerzen auf einer Scala von eins bis zehn den Wert drei nicht übersteigen.“

Die Besucher erfuhren dann noch etwas zu Teilnarkosen, denn es ist nicht immer nötig oder auch nicht gewünscht, das komplette Bewusstsein auszuschalten.

Der zweite große Block des Vortrages, beschäftigte sich mit der Intensivmedizin, für die auch die Anästhesisten zuständig sind. „Wir wollen Brücken bauen, damit der schwerkranke Körper heilen kann, wenn aber keine Heilung stattfindet, hat auch die Intensivmedizin keinen Sinn mehr“, so Redel. Den Patienten schlafen lassen, ihn in ein Koma versetzen, damit der Körper heilen kann – der Anblick eines geliebten Menschen auf der Intensivstation ist für viele Angehörige ein Graus, ein Schock. Hier gab Redel den Tipp, sich jedes Gerät erklären zu lassen, was ist das, was macht das und warum ist das nötig. Durch ein besseres Verstehen ist der Anblick nicht mehr ganz so schlimm und man verliert an Hilflosigkeit. Dr. Redel gab viele Denkanstöße, die einen jeden im Rathaussaal an diesem Abend nachdenklich stimmten: „Warum werden wir oft die Götter in Weiß genannt, wenn wir am Ende Entscheidungen treffen müssen oder sollen, ohne zu wissen, ob diese nun wirklich im Sinne des Patienten sind? Bitte sprechen Sie mit Ihren Angehörigen, auch wenn das Thema unangenehm ist. Wir als Ärzte würden so gerne wissen, was würde der Patient von uns wollen“. Eine Patientenverfügung, einer Vorsorgevollmacht oder ein einfaches Blatt Papier auf dem die Behandlungsweise notiert ist, legte Dr. Redel den Zuhörern ans Herz. Und auch der Organspende Ausweis wurde kurz thematisiert, einfach um sich mit dem Thema zu befassen, denn auf 11000 Organsuchende -und das sind meist jüngere Menschen- kommen gerade mal 1.000 Spender.

Ein weiteres Aufgabenfeld des Anästhesisten ist die Notfallmedizin, hier bekamen die Teilnehmer des Gesundheitsforums einen Einblick, konnten sehen, wie der Arbeitsplatz eines Notarztes im Rettungshubschrauber aussieht, und erfuhren, dass es im September eine Woche der Wiederbelebung geben wird, denn eine Herz-Lungen-Wiederbelegung sollte von jedem Menschen durchgeführt werden können.

Mit all den vielen Informationen und jeder Menge Denkanstößen ging ein mehr als interessanter Ausflug in die Welt der Anästhesiologie zu Ende. Priv.-Doz. Dr. Andreas Redel stand dem Publikum in Anschluss noch für Fragen zur Verfügung.

Am 12. März beginnt dann die Vortragsreihe „Ratgeber Gesundheit“ mit dem Thema „Vorsorge, Diagnostik & Therapiemöglichkeiten bei Darmkrebs“. Der Vortrag wird von den beiden Chefärzten PD. Dr. Marc Dauer und Dr. Wolfram Schief gehalten.

Schwandorf