Richtige Entscheidung getroffen
Klinikum Amberg zieht Bilanz zur Behandlung gegen Hasenpest – „optimal reagiert“

22.11.2018 | Stand 04.08.2023, 1:00 Uhr
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In einer Klinik ist es an der Tagesordnung schnell zu reagieren, um Leben zu retten. Manchmal muss aber auch zügig reagiert werden, um andere Patienten und auch das Personal zu schützen. Doch es muss erkannt werden, dass eine schnelle Reaktion von Nöten ist. Was nicht immer ganz leicht ist. Dem Klinikum St. Marien Amberg ist das optimal gelungen.

AMBERG Rückblick: Ende Oktober fand im Landkreis Schwandorf eine Jagd statt, bei der zu diesem Zeitpunkt noch niemand etwas von den Folgen ahnte. Nur eine Woche später fühlten sich sieben Jäger krank, so krank, dass sie am Wochenende die Notaufnahme des Klinikums St. Marien Amberg aufsuchten. Vor allem Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, hohes Fieber und auch Brustschmerzen machten den Jägern zu schaffen. Die Notaufnahme reagierte prompt und setzte sich mit der Station A9 der Medizinischen Klinik II und dem Labor in Verbindung. Der Verdacht lag nahe, dass es sich um eine Infektionskrankheit mit hochvirulentem Keim handeln könnte. Da die Patienten alle an der gleichen Hasenjagd beteiligt waren, vermuteten die Jäger selbst und dann die behandelnden Ärzte, die Tularämie, die Hasenpest. Ausgelöst wird die Erkrankung durch ein Bakterium mit dem Namen Francisella tularensis. „Die Tularämie zählt zu den so genannten Zoonosen. Das heißt, der Erreger kann vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Menschen infizieren sich meist durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren, zum Beispiel Jäger beim Ausweiden von Wildtieren, in diesem Fall Feldhasen sowie durch das Einatmen infizierter Stäube, durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel, aber auch über Mückenstiche und Zeckenbisse. Dabei sind bereits geringe Erregermengen für eine Infektion schon ausreichend“, erklärt Prof. Dr. Hamid Hossain, Chefarzt der Mikrobiologie am Klinikum St. Marien Amberg. Diese Erkrankung tritt selten auf, in Europa sind es 500 bis 1.000 Patienten pro Jahr. In Deutschland waren im letzten Jahr 52 Fälle beim Robert Koch- Institut gemeldet, die bislang höchste Zahl seit Bestehen der Meldepflicht.

Bei den betroffenen Jägern wurden zahlreiche klinische und mikrobiologische Untersuchungen durchgeführt. Influenza und andere Erkrankungen mit ähnlichem klinischen Bild wurden ausgeschlossen. Doch bis es eine endgültige Bestätigung des Verdachtes auf Tularämie gab, verging Zeit, da die Antikörper erst nach zehn bis vierzehn Tagen nachweisbar werden. Dennoch galt es nun zu organisieren und abzuklären was für Maßnahmen erfolgen mussten. Der Umgang mit einer zwar seltenen, aber durchaus gefährlichen Infektionskrankheit war für alle Abteilungen eine besondere Herausforderung. Doch von der Notaufnahme, über Station bis hin zum Labor arbeiteten alle Hand in Hand und sehr professionell zusammen. Da zu dem Zeitpunkt nicht klar war, um was für eine Erkrankung es sich handeln könnte, musste eine Gefahr für das Personal und andere Patienten ausgeschlossen werden. Daher wurde auf striktes hygienisches Vorgehen beim Umgang mit den Patienten und den Proben geachtet. „Wir haben die Patienten in Zimmern kohortenisoliert untergebracht, weil wir dachten, dass es ein hochvirulenter Keim ist, was ja auch stimmte. Letztlich ist keine Übertragung von Mensch zu Mensch beschrieben, aber man weiß, dass in Wunden oder Rachenabstrichen dieses Bakterium auch nachweisbar ist, sodass wir von der Theorie her eine Ansteckungsgefahr nicht 100-prozentig ausschließen konnten“, so die behandelnde Oberärztin Dr. Berit Bouschery.

Auch im Labor war man sich der Infektionsgefahr bewusst und hat alle Proben unter einer Sicherheitswerkbank verarbeitet. Da das Labor 24 Stunden besetzt ist, konnten Proben auch nachts mittels eines externen Fahrdienstes zum Referenzlabor in das Robert Koch-Institut (RKI) nach Berlin transportiert werden.

„Die erste Bestätigung, dass es sich tatsächlich um die Tularämie handelt, kam durch einen Test an einem der gejagten Hasen. Nach nochmaliger Blutuntersuchung unserer Patienten, lag die Diagnose Tularämie klar auf der Hand, da in zwei Fällen bereits Antikörper nachweisbar waren“, so Oberärztin Dr. Berit Bouschery.

Alle Jäger wurden direkt ab Aufnahme antibiotisch behandelt und konnten nach einigen Tagen in gutem Allgemeinbefinden aus der stationären Behandlung entlassen werden. Ein glücklicher Ausgang für alle Beteiligten also, dank der guten und aufmerksamen Zusammenarbeit. Doch eines liegt Prof. Dr. Hamid Hossain allerdings noch am Herzen: „Die Jäger haben bei Auftreten der ersten Symptome vorbildlich reagiert. In vielen betroffenen Regionen muss das Bewusstsein für diese Infektionskrankheit noch mehr geschärft werden, besonders für Risikogruppen wie Jäger, Waldarbeiter und Personen, die sich häufig in der freien Natur aufhalten. Denn die Fallzahlen für die Tularämie nehmen insgesamt zu – auch in Bayern.“

Schwandorf