Projekt
„SciFiMed“ – Entzündungen besser verstehen und behandeln

14.01.2021 | Stand 21.07.2023, 2:11 Uhr
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Es ist ein visionäres Projekt, und das zeigt sich nicht nur im Namen: Das internationale Forschungsprojekt „SciFiMed“ will in den kommenden vier Jahren einen Biosensor entwickeln, der dabei hilft, Entzündungsreaktionen im Körper besser zu charakterisieren. Damit sollen die Diagnose und Therapie bei sehr unterschiedlichen Erkrankungen verbessert werden.

Regensburg. Die Europäische Kommission fördert das Projekt mit Beteiligten aus vier europäischen Ländern mit insgesamt mehr als 3,5 Millionen Euro für vier Jahre von 2021 bis 2024. Davon gehen etwa 660.000 Euro an die Universität Regensburg an Prof. Dr. Antje J. Baeumner, Leiterin des Lehrstuhls für Analytische Chemie, Chemo- und Biosensorik. Die Koordination von „SciFiMed“ („Screening of inFlammation to enable personalized Medicine“) liegt an der Universität Marburg bei Prof. Dr. Diana Pauly, die bis September 2020 am Universitätsklinikum Regensburg tätig war. Bei „SciFiMed“ arbeiten Expertinnen und Experten aus der Chemie, Genetik, Immunologie, Nephrologie und Augenheilkunde mit Firmen zusammen, um den Biosensor zur Charakterisierung von Entzündungsreaktionen zu entwickeln.

Profitieren könnten davon zum Beispiel Menschen mit Makula-Degeneration, einer Augenerkrankung, an der europaweit etwa 15 Millionen ältere Menschen leiden. Fast die Hälfte von ihnen verliert im Lauf der Erkrankung große Teile des Sichtfelds. Heilbar ist die Krankheit bisher nur teilweise, ebenso wenig wie bestimmte chronische Nierenentzündungen und spezielle Formen bakterieller Infektionen. All diesen Krankheiten gemeinsam ist eine fehlerhafte Regulierung des sogenannten Komplementsystems, einem Bestandteil des angeborenen Immunsystems. „Im Moment wissen wir noch wenig darüber, welche Rolle das Komplementsystem im Entstehungsprozess all dieser Pathologien spielt – zu wenig, um diese Erkrankungen effektiv verhindern, diagnostizieren oder behandeln zu können“, erklärt Pauly.

Nach gegenwärtigem Stand der Forschung spielen der Komplementfaktor H und damit verwandte Proteine eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von systemischen und organspezifischen Krankheiten. Die Funktionsweise des Faktors H ist gut erforscht, die der mit ihm verwandten Proteine jedoch größtenteils unbekannt – ebenso wie ihr Einfluss auf die verschiedenen krankheitsspezifischen, pathogenen Mechanismen. „SciFiMed“ wird den Einfluss, den die mit dem Komplementfaktor H verwandten Proteine auf die Entstehung von Krankheiten haben untersuchen. „Biosensoren auf der Basis von Nanovesikeln werden hier eine zentrale Rolle spielen, um die funktionelle Aktivität der Proteine bestimmen zu können“, beschreibt Baeumner. Die Ergebnisse sollen anschließend in die Entstehung eines Multiplex-Detektionssystems einfließen, mit dessen Hilfe Patientenproben gleichzeitig auf die funktionelle Aktivität und Menge aller sieben Mitglieder der untersuchten Proteinfamilie untersucht werden können. Diese neu entwickelte Diagnosetechnik soll Ärztinnen und Ärzte künftig vor Ort, in ihrer Praxis oder im Krankenhaus zur Verfügung stehen.

Neben der Universität Regensburg sind die Universitäten in Marburg, Madrid und Budapest sowie Biotechnologieunternehmen und Gesundheitseinrichtungen in Deutschland und den Niederlanden an dem Forschungsprojekt beteiligt. Das internationale und interdisziplinäre Team arbeitet nicht nur daran, die immunologische Forschung voranzubringen, sondern verfolgt darüber hinaus das Ziel, neue Behandlungsmöglichkeiten und neuartige Ansätze für die Arzneimittelentwicklung zu ermöglichen.

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