Mobile Kindercocktailbar
Zehn Jahre „Fruchtalarm“ – ein Kinderkrebsprojekt feiert Jubiläum

19.11.2020 | Stand 24.07.2023, 20:54 Uhr
−Foto: n/a

Jede Woche rollt das Projekt „Fruchtalarm“ mit der mobilen Kindercocktailbar über die Flure der Kinderonkologie am Uni-Klinikum Regensburg und mixt gemeinsam mit den kleinen Patientinnen und Patienten bunte und geschmacksintensive Fruchtcocktails.

Regensburg. Was ganz klein vor zehn Jahren in Bielefeld begann, hat sich deutschlandweit zum größten klinikübergreifenden und rein aus Spenden finanzierten Projekt entwickelt und ist mittlerweile auf insgesamt 31 Kinderkrebsstationen – von Sylt bis Freiburg – und an der Regensburger Uni-Klinik ein wöchentliches Highlight.

Beim „Fruchtalarm“ werden aus verschiedenen Säften und Nektaren, Sirupsorten und Eiswürfeln bunte und geschmacksintensive Fruchtcocktails kreiert. Die leckeren Drinks mixen die jungen Patientinnen und Patienten direkt am Krankenbett nach den eigenen Wünschen gemeinsam mit den ehrenamtlichen „Fruchties“. Es geht primär um den Spaß an der Sache, jedoch mit einem sehr wertvollen und therapeutischen Hintergrund: „Fruchtalarm“ fördert die Aktivität, Selbstbestimmung und Lebensfreude und bietet in einem fremdbestimmten Klinikalltag eine bunte und fröhliche Abwechslung für die schwer erkrankten Kinder und Jugendlichen. „Durch die Chemotherapie, die die Kinder über sich ergehen lassen müssen, ist die so wichtige Flüssigkeitsaufnahme oft erschwert, zudem verändert sich durch die Behandlung auch der Geschmacks- und Geruchssinn erheblich. Häufig lehnen die Kinder diese sogar ganz ab: Essen und Trinken ist für sie eine leidige Pflicht und oft sogar eine Last“, erklärt Dr. Norbert Jorch, leitender Oberarzt der Kinderonkologie in Bielefeld Bethel.

Und genau hier setzt „Fruchtalarm“ an. Ob giftgrün oder schlumpfblau oder exotisch mit Ananas und Banane – alles ist möglich und die Kinder mixen nach Laune und Befinden. Sie dürfen nun endlich wieder selbst entscheiden, was sie trinken wollen und was in ihren Cocktail hineinsoll. Oft sind die Kinder schwach, können kaum essen und das Sprechen fällt schwer, für ihren Cocktail aktivieren sie aber all ihre Kräfte.

Die Entstehungsgeschichte begann im Jahr 2010 im Kinderkrankenhaus Bethel aus der Betroffenheit einer Bielefelder Familie, die gegen die Krankheit ihres achtjährigen Sohnes kämpfte. „Wir haben damals sehr viel Zeit auf der onkologischen Station verbracht und nach einiger Zeit wurde uns bewusst, dass etwas fehlt, und man doch irgendwie Abwechslung und Freude in den tristen Klinikalltag bringen muss. Dass aus einer einfachen Idee etwas so Großes entstehen kann, das hätte ich nicht für möglich gehalten. Und heute, zehn Jahre später, ist Fruchtalarm auf insgesamt 31 weiteren Kinderkrebsstationen in ganz Deutschland fester wöchentlicher Bestandteil“, erklärt Marcel Lossie, Projektinitiator.

Als die jungen Herren vom Regensburger Serviceclub Round Table 32 erstmals von dem Projekt für krebskranke Kinder hörten, waren sie spontan angetan. „Mit Herzblut und Kreativität Gutes für kranke Kinder in der Region auf die Beine zu stellen, ist unsere DNA. Wir sind ein Serviceclub junger Herren unter 40 Jahren und packen gerne da an, wo andere wegsehen“, so der Round Table 32-Präsident Martin Reich. Wenige Monate später ging der erste „Fruchtalarm“ im März 2019 im Universitätsklinikum Regensburg an den Start und ist seitdem nicht mehr wegzudenken. „Für die Kinder ist „Fruchtalarm“ das Highlight der Woche und wir werden jeden Freitag schon freudig erwartet. Wir erleben viele schöne und glückliche Momente mit den Kindern, besonders dann, wenn wir ein schüchternes oder schwaches Kind zum Mixen und Trinken animieren können. Oft wird für Mama und Papa dann gleich mitgemixt“, berichtet Katharina (Fruchtie aus Regensburg) und spricht einen weiteren positiven Aspekt des Projekts an. Denn „Fruchtalarm“ bringt nicht nur Spaß und Aktivität zurück, es fördert zudem auch die Kommunikation und Gemeinschaft aller Beteiligten im Krankenhaus und verbindet Menschen im Rahmen anderer Themen als die Krebserkrankung.

„Wir sind unglaublich stolz und dankbar für das, was wir bisher erreicht haben. Ohne die zahlreichen Spender und Unterstützer, befreundete Serviceclubs (wie Round Table und Ladies Circle Deutschland) und unsere 250 ehrenamtlichen ,Fruchties‘ hätten wir das nie geschafft. Aktuell führt das Coronavirus zum Teil auch zu Veränderungen und Einschränkungen auf den Kinderkrebsstationen, aber wir haben auch in der jetzigen Zeit Mittel und Wege gefunden, um in den Kliniken präsent zu sein. Und die Reise geht natürlich auch noch weiter und wir sind längst nicht am Ende unserer Mission. Sobald es möglich ist, werden wir auch in Ulm und Karlsruhe den Fruchtalarm starten“, berichtet Carmen-Eliza Schilling, Geschäftsführerin der Fruchtalarm GmbH.

Der ganze Herbst steht bei „Fruchtalarm“ im Zeichen des Jubiläums und im Rahmen dessen wird es neben zahlreichen Informationen, Rückblicke aus den letzten Jahren und auch kleinere Events und Aktionen geben, die alle digital über die Social-Media-Kanäle verfolgt werden können. Ziel des Fruchtalarm-Teams ist es, auch in schwierigen Zeiten das Projekt in weitere Städte zu bringen und langfristig zu finanzieren. Um den „Fruchtalarm“ für krebskranke Kinder auf alle Kinderonkologien in Deutschland zu bringen, bedarf es weiterhin an Unterstützung.

Regensburg