Schönheit wird messbar
OTH Regensburg und Josefs-Krankenhaus gründen Forschungsgruppe „Digital Plastic Surgery“

14.10.2020 | Stand 24.07.2023, 21:41 Uhr
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„Schönheit liegt im Auge des Betrachters“ – diese altbekannte Weisheit könnte bald Geschichte sein. Zukünftig soll modernste Digitaltechnik die Ergebnisse plastischer Chirurgie messbar machen. Das hat sich die neu gegründete Forschungsgruppe „Digital Plastic Surgery“ – eine Kooperation zwischen Caritas-Krankenhaus St. Josef und OTH Regensburg – zum Ziel gesetzt. Beim Thema Wiederherstellung der Brust steht der Prototyp der Software bereits.

Regensburg. „Bislang messen wir – wie alle in der plastischen Chirurgie – das Operationsergebnis an der Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten und natürlich auch an unserer eigenen“, sagt Prof. Dr. Dr. Lukas Prantl, Direktor der Klinik für Plastische und Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Caritas-Krankenhaus St. Josef. Doch gerade, wenn es um die Zukunft von OP-Methoden geht, bedeuten messbare Ergebnisse einen Qualitätsvorsprung. „Deshalb haben wir einen starken Partner aus der Wissenschaft gesucht – und mit der OTH Regensburg gefunden“, so der Chefarzt. Bereits seit zwei Jahren stehen er und sein Team im engen Austausch mit dem Medizininformatik-Labor Regensburg Medical Image Computing (ReMIC) an der OTH Regensburg unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Palm. Jetzt haben die beiden Partner ihre Zusammenarbeit intensiviert und die Forschungsgruppe „Digital Plastic Surgery“ ins Leben gerufen.

Eines der frühen Projekte zeigt bereits vielversprechende Erfolge: Konkret geht es um messbare Ergebnisse bei der Rekonstruktion der Brust, zum Beispiel bei Krebspatientinnen oder bei Frauen mit angeborenen Fehlbildungen. Untersuchungen zeigen, dass Symmetrie im Bereich der Schönheit eine wichtige Rolle spielt – das gilt auch für Brüste. Je symmetrischer sie rekonstruiert werden können, umso schöner werden sie statistisch gesehen wahrgenommen“, erklärt Prof. Prantl. „Und umso zufriedener sind aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Patientinnen.“ Hier kommen Prof. Palm und sein Team ins Spiel: Die Wissenschaftler haben eine unabhängige Software entwickelt, die es den Ärzten ermöglicht, die optische Symmetrie der Brüste mit Hilfe dreidimensionaler Bildgebung beurteilen zu können. Dazu hat das Forschungsteam gemeinsam sieben Orientierungspunkte am Oberkörper definiert, die als Grundlage für die Berechnung dienen. Diese Punkte werden vom Arzt ertastet und mit speziellen Klebepunkten markiert.

Anschließend wird mit Hilfe eines tragbaren Scanners ein virtuelles 3D-Modell des Oberkörpers erstellt und die Orientierungspunkte direkt auf den Computer übertragen – eine Neuentwicklung des Teams um Prof. Palm. Denn bislang mussten die Orientierungspunkte zunächst am Körper der Patientin und anschließend auch auf dem Bildschirm markiert werden – zusätzlicher Aufwand und anfälliger für Fehler. „Aus diesen Orientierungspunkten haben wir einen Symmetrieindex errechnet. Nach der OP werden erneut 3D-Aufnahmen angefertigt und die Punkte entsprechend vermessen. Zum ersten Mal ist es damit möglich, eine Aussage in Prozent zu treffen, wie symmetrisch das Ergebnis der plastischen Chirurgie ist“, erklärt Prof. Palm. Neben Prof. Palm und Prof. Prantl gehören zum Projektteam von Seiten des Caritas-Krankenhauses Dr. Vanessa Brébant, Geschäftsführende Oberärztin an der Klinik für Plastische und Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie sowie Robin Hartmann, von Seiten des ReMIC Maximilian Weiherer.

„Das ist für uns ein Riesenfortschritt“, so Prof. Prantl. „Denn wir stehen beispielsweise immer wieder vor der Frage: Eigengewebsrekonstruktion oder Implantat?“ Mit Hilfe der neuen Technik und langfristig angelegten Studien wollen wir herausfinden, welche OP-Methode sich bei welcher Ausgangslage am besten eignet.“ Damit ließe sich wissenschaftlich belegen, welche Technik bei welchen Voraussetzungen das bestmögliche Ergebnis erzielt. Für solche Studien ist das Caritas-Krankenhaus St. Josef besonders geeignet. Als eines der größten Rekonstruktionszentren deutschlandweit lassen sich dort jährlich etwa 450 Patientinnen behandeln. Eines wird aber trotz aller Messbarkeit laut Prof. Prantl bleiben und daran möchten er und sein Team auch nicht rütteln: „Ein Stück weit wird Schönheit auch weiterhin immer im Auge des Betrachters liegen.“

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