Handlungsbedarf
Zwergenaufstand in der Fußgängerzone macht auf das Thema der Glücksspielsucht aufmerksam

01.10.2020 | Stand 24.07.2023, 20:33 Uhr
−Foto: n/a

Die Caritas Regensburg beteiligte sich am bundesweiten Aktionstag gegen Glücksspielsucht. Die Expertin der Fachambulanz für Suchtprobleme, Celine Schulz-Fährich, sieht dringenden Handlungsbedarf beim Schutz der Spieler.

Regensburg. „Mit Geld spielt man nicht“ prangt auf der Schnauze des Glücksspielmobils der Caritas Regensburg. Mit ihm war Celine Schulz-Fähnrich am bundesweiten Aktionstag gegen Glücksspielsucht in ganz Regensburg unterwegs. Die Suchtberaterin suchte Spielhallen und Sportwettbüros auf, verteilte Info-Material und Masken mit der Aufschrift „Verspiel nicht dein Leben“. Begleitet wurde sie von einem Vertreter des Betroffenenbeirats „Stimme der Spieler“. "„Unser Ziel ist es, Bewusstsein für das Thema Glücksspielsucht zu schaffen“, erklärt Schulz-Fähnrich. „Angesichts des neuen Glücksspielstaatsvertrags ist das dringend notwendig.“

Die Neuregelung des Online-Glücksspiels ist höchst umstritten. Auch der Vertreter des Betroffenenbeirats übt Kritik: „Bisher ist das Online-Glücksspiel eigentlich illegal. Trotzdem wollen einige Bundesländer die schon entstandenen Online-Casinos dulden, bis der neue Staatsvertrag in Kraft tritt.“ Schulz-Fähnrich ist darüber hinaus skeptisch, ob der neue Staatsvertrag genug Spielerschutz garantiert: „Der Staatsvertrag ist zwar bemüht, aber es bleibt unklar, wie beispielsweise Spielersperren technisch umgesetzt werden sollen.“ Ihr Begleiter vom Betroffenenbeirat ergänzt: „Die Zahlen der Spielsüchtigen steigen seit einigen Jahren. Die Legalisierung des Online-Glücksspiels wird diese Entwicklung vermutlich weiter verstärken.“ Bereits jetzt suchen jährlich zwischen 110 und 150 glücksspielsüchtige Personen Unterstützung bei der Caritas Regensburg. „Meist vergehen aber Jahre zwischen dem Beginn der Sucht und der Inanspruchnahme von Hilfe“, so Schulz-Fähnrich.

Zwergenaufstand in der Fußgängerzone

Die möglichen Folgen einer Glücksspielsucht wurden am Nachmittag des Aktionstages sichtbar. Am Neupfarrplatz organisierte Schulz-Fähnrich einen Zwergenaufstand – aufgereihte Gartenzwerge halten Protestschilder hoch: „Glücksspiel ist kein Kinderspiel“ oder „Haus und Hof verspielt“ stand unter anderem darauf. Direkt neben den Zwergen hatte der Betroffenenbeirat „Stimme der Spieler“ einen Galgen aufgestellt, an der eine Schaufensterpuppe mit Anzug und Krawatte hing. „Tom H. hat sein Leben beim Online-Glücksspiel verzockt“, steht daneben.

Die gemeinsame Aktion erregte viel Aufmerksamkeit: Zahlreiche Passanten blieben stehen, machten Fotos und kamen über eine Nachfrage mit dem Betroffenenbeirat und der Expertin der Caritas ins Gespräch. „Im Fernsehen läuft aktuell ganz oft Werbung für Online-Casinos“, berichteten viele. Ein Mann ergänzte: „Meistens kommt direkt im Anschluss Werbung für schnelle Kredite ohne Schufa-Prüfung. Das finde ich bedenklich.“

Nicht alle sind sich dieser Gefahr bewusst. „Gerade junge Menschen tappen oft in diese Falle“, erzählen die Mitglieder des Betroffenenbeirats. „Beim Online-Glücksspiel verliert ein Spieler noch schneller noch höhere Summen.“ Die Folgen sind verheerend und bedrohen nicht nur die finanzielle Existenz: Manche sind so verzweifelt, dass sie den Suizid als letzten Ausweg wählen.

Unterstützung für Betroffene und Angehörige

Professionelle Hilfe bietet die Caritas Regensburg. Die Caritas Fachambulanz für Suchtprobleme in Regensburg ist gleichzeitig auch Fachstelle für Glücksspielsucht. Celine Schulz-Fähnrich führt hier mit Betroffenen und Angehörigen kostenlose Beratungsgespräche. Zudem bietet sie auch über das Portal „PlayChange“ eine Online-Beratung an. Außerdem trifft sich regelmäßig eine Selbsthilfegruppe an der Caritas Fachambulanz Regensburg.

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