EU fördert Regensburger Projekt
Sechs Millionen Euro für die Entwicklung neuer Forschungs- und Behandlungsmethoden bei Tinnitus

19.12.2019 | Stand 04.08.2023, 1:32 Uhr
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Die Europäische Union fördert ein weiteres Projekt zur Erforschung von neuen Behandlungsmethoden bei chronischem Tinnitus. Im Forschungsprojekt „UNITI“ wird die bisher größte europäische klinische Studie zu Tinnitus durchgeführt. Dabei soll herausgefunden werden, welche Patientengruppen von welchen Behandlungsmethoden am meisten profitieren.

REGENSBURG Die Daten aus der klinischen Studie werden mit genetischen Daten, medizinischen und audiologischen Untersuchungen sowie bereits bestehenden Datenbanken verbunden. Ein Computermodell wird dann die bestmögliche Therapie empfehlen.

Im UNITI-Projekt werden erstmals Kombinationen mehrerer Behandlungsmethoden systematisch getestet. Für jede einzelne Patientengruppe soll die jeweils beste Behandlungsstrategie gefunden werden. Privatdozent Dr. Winfried Schlee, Psychologe an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum, erklärt: „Die meisten Therapien zielen oft nur auf einzelne Aspekte der Krankheit ab, ohne das vollständige Krankheitsbild zu berücksichtigen. Sie sind daher nur begrenzt wirksam und vernachlässigen wichtige Faktoren, die im Verlauf der Krankheit eine Rolle spielen.

Tinnitus tritt vielschichtig auf und ist in vielerlei Hinsicht komplex. Diese Komplexität stellt die eigentliche Herausforderung dar, die wirksamsten therapeutischen Maßnahmen zu erkennen. „Mit UNITI wollen wir es schaffen, den jeweiligen Patientengruppen die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen“, so Dr. Schlee. UNITI bietet die Chance, trotz der sehr verschiedenen Verläufe der Krankheit für jeden Patienten eine passende Therapie zu entwickeln.

Dazu werden Daten aus Klinik, Medizin, Genetik, Audiologie und Epidemiologie analysiert. Zusammen mit Signalen der Kommunikation zwischen Ohr und Gehirn, bilden diese Daten eine perfekte Grundlage für das Projekt.

Die Daten erleichtert es, die passende Behandlung für verschiedene Patientengruppen zu finden. Dabei erhalten verschiedene Patientengruppen eine Einzeltherapie oder eine Kombination von Therapien, die sowohl auf Aspekte des Gehörs als auch des zentralen Nervensystems abzielen. In dieser Studie werden europaweit 500 Tinnituspatienten behandelt werden.

„Ich freue mich sehr über die kontinuierliche Unterstützung unserer Forschung durch die EU. Zusammen mit ausgezeichneten Partnern kommen wir so der Umsetzung unseres Ziels, einer effektiven Behandlungsstrategie für Tinnitus, deutlich näher“, so Schlee. Im Forschungsverbund UNITI hat sich ein Team von Forschern und Klinikern aus mehreren Fachbereichen und Ländern (Belgien, Deutschland, Griechenland, Italien, Spanien, Schweden, Schweiz, Ungarn und Zypern) zusammengefunden. Dabei arbeiten Spezialisten aus den Forschungsgebieten Psychiatrie, Psychologie, Audiologie, Epidemiologie, Genetik, Softwareentwicklung, Data-Mining, Mediziningenieurwesen und den Neurowissenschaften zusammen. Privatdozent Dr. Winfried Schlee von der Universität Regensburg übernimmt die Leitung des Zusammenschlusses. Am Tinnituszentrum Regensburg, geleitet von Prof. Dr. med. Berthold Langguth, werden seit über zehn Jahren Patienten mit chronischem Tinnitus behandelt. Gleichzeitig wird intensiv an den Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten für das Krankheitsbild Tinnitus geforscht. Mit der Tinnitus Research Initiative (TRI) treibt die Regensburger Forschergruppe zudem die weltweite Vernetzung von Tinnitusforschern voran.

Das UNITI-Projekt ist bereits das dritte europäische Verbundprojekt zum chronischen Tinnitus unter Regensburger Leitung. UNITI tritt in die Fußstapfen der geförderten und als COST-Erfolgsstory ausgezeichneten Aktion TINNET. Seit März 2017 wird von der EU ebenfalls die Graduiertenschule „European School for Interdisciplinary Tinnitus Research“ (ESIT) gefördert.

In Europa leiden rund 42 Millionen Menschen unter chronischem Tinnitus. Die störenden Ohrgeräusche führen bei vielen Betroffenen zu einer nachhaltigen Einschränkung ihrer Lebensqualität. Sie betrifft laut großer unabhängiger Studien mehr als zehn Prozent der Bevölkerung. Ein Prozent der Bevölkerung benennt, dass Tinnitus ihre Gesundheit beeinträchtigt. Die Skala der Beeinträchtigung reicht von „gar nicht bis gering belastet“ bis hin zu „sehr stark belastet“ und teilweise sogar zu Suizidgedanken einzelner Betroffener. Eine allgemein wirksame Behandlungsmethode für das sehr individuelle Krankheitsbild gibt es bisher nicht.

Weitere Information finden Interessierte im Internet auf der Homepage von UNITI. .

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