Geräusche im Ohr
Tinnitus-Forschung – exzellente Nachwuchsforscher zu Gast in Regensburg

09.10.2019 | Stand 31.07.2023, 6:54 Uhr
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Um die lästigen Ohrgeräusche zu therapieren, ist noch viel Forschung nötig. Die European School for Interdisciplinary Tinnitus Research (ESIT) fördert junge Wissenschaftler, die auf diesem Gebiet arbeiten. Nachwuchsforscher aus der ganzen Welt waren am Mittwoch, 9. Oktober, zu Gast in der Medbo Regensburg.

REGENSBURG Pfeifen, Summen oder Klopfen: Unter einem Tinnitus versteht man Geräusche im Ohr, die nicht von außen kommen und meistens nur von den Betroffenen selbst wahrgenommen werden. Allein in Europa leiden 42 Millionen Menschen an einem Tinnitus. „Im Großteil der Fälle sind Ohrgeräusche harmlos“, sagt Professor Dr. med. Berthold Langguth, Chefarzt und Leiter des Tinnituszentrums Regensburg. Allerdings ist ein Tinnitus für die Betroffenen meist sehr beeinträchtigend – in seltenen Fällen kann er sogar zum Suizid führen.

„Man unterscheidet einen objektiven von einem subjektiven Tinnitus“, erklärt Langguth. „Der objektive Tinnitus ist für den untersuchenden Arzt hörbar und kann muskulär oder durch eine Gefäßerkrankung entstehen.“ Weitaus häufiger ist jedoch der subjektive Tinnitus, der oft chronifiziert. „Bis heute ist die Ursache für diese Art von Tinnitus nicht komplett verstanden“, sagt Langguth. „Dementsprechend haben wir noch keine allgemein akzeptierte Therapie.“

Das Ziel der European School for Interdisciplinary Tinnitus Research ist es, die Forschung auf dem Gebiet voranzutreiben. „Die ESIT ist eine Graduiertenschule für 15 Doktoranden, die zum Tinnitus forschen“, erklärt Privatdozent Dr. Schlee, der das ESIT-Programm leitet. Das Programm wird von der EU unterstützt und fördert wissenschaftlichen Nachwuchs aus zwölf verschiedenen Ländern.

Die jungen Forscher kommen aus den unterschiedlichsten Fachbereichen, etwa Medizin, Psychologie, Ingenieurwesen oder Informatik. Genauso verschieden sind auch die Projekte, denen sich die Doktoranden widmen: Eine Arbeit möchte die verschiedenen Subtypen von Tinnitus verstehen und darauf basierend individuelle Therapien erstellen. Andere Doktoranden untersuchen Risikofaktoren im Lebensstil der Betroffenen oder analysieren, welche Gene an der Entstehung beteiligt sind. Außerdem wird erforscht, wie personalisierte Hörgeräte einen Tinnitus lindern können, wenn sie auf die Tonhöhe des jeweiligen Ohrgeräusches angepasst sind.

Während ihrer drei bis vier Jahre dauernden Projekte nehmen die Doktoranden an wissenschaftlichen und beruflichen Praktika in und außerhalb Europas teil. Die ESIT veranstaltet außerdem jährliche Training Schools, die in Warschau, Nottingham, Mailand und am Bezirksklinikum Regensburg stattfanden. „Dieser letzte Workshop beschäftigte sich mit Karriereplanung, Unternehmertum und dem Abschluss des Doktors“, sagt Psychiater Langguth. Aber auch Themen wie Open Science, Open Data und persönliche Effizienz standen auf dem Programm.

„An unseren Doktoranden und ihren Projekten sieht man bereits, dass die nächsten Jahre in der Tinnitusforschung sehr interessant werden!“, sagt Langguth. Bisher sollten Entspannungsverfahren oder Verhaltenstherapien den Patienten helfen, besser mit dem chronischen Ohrgeräusch zu leben – mit wechselndem Erfolg. Neue Erkenntnisse sind daher dringend nötig. Allein in Deutschland leiden etwa vier Prozent der Menschen, zunehmend auch Jugendliche, an Ohrgeräuschen. „Um es gar nicht erst zu einem Tinnitus kommen zu lassen, empfehle ich jedem, massive Lärmbelastung so gut es geht zu vermeiden, denn Lärm sorgt für Hörschädigungen und Hörschädigungen sind der wichtigste Risikofaktor für Tinnitus“, sagt Langguth.

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