Reihe „Universität im Rathaus“
Regensburger Mediziner optimieren das Immunsystem

24.05.2019 | Stand 28.07.2023, 13:50 Uhr
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Zur Auftaktveranstaltung der neuen Reihe „Universität im Rathaus“ sprach Prof. Dr. Philipp Beckhove zum Thema „Heilen mit „intelligenten“ Immunzellen“.

REGENSBURG „Kaum eine Institution prägt die Stadt Regensburg so, wie die Universität“, betonte die Regensburger Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, als sie am Donnerstag, 23. Mai, die Gäste im Historischen Reichssaal des Alten Rathauses zur Auftaktveranstaltung der neuen Veranstaltungsreihe „Universität im Rathaus“ begrüßte. Deshalb wolle man diese symbiotische Verbindung von Universität und Stadt mit dem neuen Format ins Rampenlicht heben. Die Reihe „Universität im Rathaus“ soll künftig einmal im Jahr stattfinden. Sie ist Teil der sogenannten Third Mission neben Forschung und Lehre. Im Mittelpunkt der Third Mission stehe das Bewusstsein für die gesellschaftliche Verantwortung der Universität, erklärte Prof. Dr. Udo Hebel, Präsident der Universität Regensburg. „Dazu gehört die Verantwortung für die Weitergabe von Wissen und Innovation über die eigenen Mauern und Grenzen hinweg und die Ermöglichung der Teilhabe möglichst vieler Menschen an den Optionen und Perspektiven von neuen Erkenntnissen und Forschungsergebnissen“.

Und so gewährte Prof. Dr. Philipp Beckhove, Direktor des Regensburger Centrums für Interventionelle Immunologie (RCI), einen Einblick in das Forschungsfeld des RCIs und brachte dem Publikum das Thema „Heilen mit „intelligenten“ Immunzellen“ näher. „Immunzellen wandern durch den Körper und kommunizieren mit den Organen in denen sie sich gerade befinden“, so Prof. Beckhove. Dies geschieht über Sensoren. Wenn etwas nicht in Ordnung ist, setzt die Immunzelle die eingehenden Informationen in ein Outputsignal um, so dass sie mit den richtigen Werkzeugen die Reparatur vornehmen kann. Manche Immunzellen, die sogenannten Killerzellen, können auch Tumore erkennen. „Jede Killerzelle hat einen Rezeptor und testet damit, ob die Zelle eine körpereigene oder eine fremde Zelle ist. Handelt es sich um eine Tumorzelle, kann die Killerzelle diese zerstören“, erläuterte Prof. Beckhove. Das funktioniert aber nicht immer, weil manche Tumorzellen Killerzellen ab- oder sogar umschalten können. Deshalb haben Wissenschaftler Eiweiße, die gegen diese Strategie gerichtet sind, gebildet – also sogenannte Antikörper. Sie führten 2013 zum Durchbruch in der Krebsmedizin. Damit ist das Problem jedoch nicht gelöst, denn diese Methode hilft nicht bei jeder Krebsart.

Deshalb tüfteln die Wissenschaftler am RCI an verschiedenen Methoden. So entwickeln die Forscher zum Beispiel ein Molekül, das ein Gen der Tumorzellen, welches das Signal der Killerzelle in ein Wachstumssignal umwandelt, abschalten kann. „Die Zukunft ist die Gentherapie“, so Prof. Dr. Philipp Beckhove. „Die Idee ist, dass man eine Tumorkillerzelle aus dem Patienten heraus nimmt. Sie hat einen Rezeptor, mit dem sie den Tumor erkennt, und dieser Rezeptor wird genetisch auf die gesunden Immunzellen des Patienten übertragen.“ Die Forscher möchten aber noch weiter gehen: Bei der synthetischen Immunologie kombinieren sie Immunbausteine. Normale Immunzellen haben ein festgelegtes Programm der Bausteine. Durch die synthetische Immunologie können Immunzellen aber ganz neue Eigenschaften erhalten. So vertauschen die Forscher Bausteine oder fügen auch ganz neue Bausteine, die vielleicht in Immunzellen gar nicht vorkommen, hinzu. Ein Beispiel hierfür sind CARs (chimäre Antigenrezeptoren), die wie Verstärker wirken. Sie verursachen aber noch häufig Abstoßungsreaktionen bei gesunden Zellen. Deshalb arbeiten die Wissenschaftler unter anderem daran, einen zusätzlichen Schalter einzubauen. Dieser sorgt dafür, dass auf der Zielzelle gleichzeitig zwei Merkmale vorhanden sein müssen. Sonst kann die Immunzelle sie nicht killen. „Wir haben es also mit einer intelligenten Immunzelle zu tun“, erklärte Prof. Beckhove.

Auch Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler ließ sich das neue Format „Universität im Rathaus“ nicht entgehen. „Wenn irgendjemand fragt, ob es Forschung und Wissenschaft braucht, hier war die Antwort“, lobte der Minister Sibler die Arbeit von Prof. Beckhove und dem RCI. „Es ist einfach sensationell, was Sie hier leisten“.

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