Multiresistente Keime
Biotechnik aus Regensburg soll uns vor den Killer-Bakterien retten!

06.05.2018 | Stand 13.09.2023, 7:00 Uhr
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„Bakterien-Killer“ könnten die größte Sorge der Medizin endlich beseitigen: Multiresistente Keime werden zur immer größeren Gefahr. Doch ein Regensburger Unternehmen entwickelt derzeit eine Wunderwaffe.

REGENSBURG Lange hat man nichts mehr gehört vom Regensburger Biopark. In dieser Einrichtung, die direkt an der Uni von der Stadt Regensburg als Motor für den spannenden Biotechnik-Sektor gegründet wurde, werkeln die Wissenschaftler still vor sich hin.

Doch jetzt sorgt das Unternehmen wieder für Schlagzeilen! „Die Bakterien-Killer aus Regensburg“ titelte die Bild in ihrer Münchner Ausgabe. Gemeint ist das Regensburger Unternehmen Lisando, das im Biopark seinen Sitz hat. Und es ist dabei, an etwas Sensationellem zu arbeiten, das Leben rettet!

Multiresistente Keime sind die große Bedrohung für die Menschheit. Denn sie werfen die Medizin in eine Zeit zurück, bevor das Penicillin gefunden wurde. Der Mediziner Alexander Fleming entdeckte 1928, dass die Schimmelpilze der Gattung Penicillium das Wachstum von Bakterien hemmen. Daraus wurden weitere Antibiotika entwickelt, die bis heute die Waffe der Ärzte schlechthin gegen schwere bakterielle Erkrankungen sind. Die Medizin konnte damit plötzlich Wundinfekte behandeln, die vor deren Entdeckung früher schnell zum Tod führen konnten.

Doch die Bakterien haben sich an die Wirkstoffe angepasst, heute hat man vor allem in Kliniken Angst vor multiresistenten Keimen, bei denen keine Antibiotika mehr anschlagen. Und da setzt die neue Wunderwaffe der Biotechniker aus Regensburg ein.

Das Wundermittel heißt Artilysin und ist ein Designer-Protein (Eiweiß), das in Bakterien gezüchtet wird. „Wir können für jedes gefährliche Bakterium ein entsprechendes Molekül designen, das es vernichtet“, sagte der Eigentümer von Lisando in Regensburg, Markus Matuschka von Greiffenclau, in einem Gespräch mit der Bild-Zeitung vergangene Woche.

Molekül dringt in das Bakterium ein, es platzt!

Das Molekül hat die Eigenschaft, in das Bakterium einzudringen. Ist es einmal drin, kann es einen Überdruck im Bakterium erzeugen – es platzt einfach auf.

Gefördert wird die Entwicklung von Artilysin auch durch die Deutsche Umweltstiftung (DBU). In der Genehmigung für die Förderung heißt es: „Es besteht die Gefahr, dass künftige Generationen nur noch eingeschränkt über sichere und wirksame Antibiotika verfügen können. Im Rahmen des Projektes soll ein neuer Wirkstoff entwickelt werden, der auf antimikrobiellen Proteinen basiert. Er wirkt spezifisch antimikrobiell und ist biologisch abbaubar.“ Mit knapp 300.000 Euro fördert die DBU das Projekt aus Regensburg – auch das ein Qualitätssiegel für das riesige Potential der Entdeckung.

Viele Bakterien sind vor allem auch deshalb resistent geworden, weil sie in der Tierhaltung breit eingesetzt werden. Auch das thematisiert die Förderzusage der DBU an Lisando: „Eine besondere Gefährdung geht von multiresistenten Bakterienstämmen aus. Sie treten vermehrt in Krankenhäusern auf, sind aber auch in Tierställen und deren Umgebung nachgewiesen“, heißt es. Ziel des Projektes sei die Entwicklung eines neuen Wirkstoffes auf der Basis spezifisch antimikrobiell wirkender Proteine. „Ein großer Vorteil des proteinbasierten Wirkstoffes im Gegensatz zu klassischen Antibiotika liegt darin, dass Proteine biologisch abbaubar sind und generell durch Proteasen in der Umwelt sehr schnell degradiert werden“, heißt es. Zu Deutsch: Auch die Tierhaltung könnte durch das neue Produkt revolutioniert werden, weil der Antibiotika-Einsatz in den Ställen durchaus kontrovers diskutiert wird. Dennoch blockt die Politik derzeit die Entwicklung: Jedes Medikament muss in Deutschland durch ein langwieriges Verfahren, das für die Pharmazie vor 70 Jahren entwickelt wurde. Aus Regensburg kommt die Kritik, man müsse sich den neuen Herausforderungen der Medizin stellen – und Wunderwaffen wie Artilysin schneller zur Einsatzreife bringen!

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