Schoko-Hunger
Der Landkreis Passau isst 1.800 Tonnen, die Stadt Passau 480 Tonnen Schokolade pro Jahr

23.01.2018 | Stand 24.07.2023, 19:47 Uhr
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75 Sattelschlepper voll mit Schokolade: So groß ist der Hunger auf Süßes im Landkreis Passau pro Jahr, allein in der Stadt Passau wären 20 Sattelschlepper.

PASSAU Von der Tafel über die Praline bis zum Riegel: 1.800 Tonnen Schokolade aßen die Menschen im Landkreis Passau zuletzt rein statistisch (in Passau waren es 480 Tonnen Schokolade) – gut 9,5 Kilo pro Kopf. Beim Käse waren es 4.610 Tonnen (in Passau 1.240 Tonnen) – 24,5 Kilo pro Einwohner. Und beim Bier wurden 196.000 Hektoliter (in Passau 53.000 Hektoliter) im Jahr getrunken (104 Liter pro Kopf). Schokolade, Käse, Bier – nur drei Beispiele, die zeigen, welche Bedeutung Lebensmittelindustrie und -handwerk haben, sagt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). 

Rund 2.280 Arbeitsplätze hängen im Kreis Passau laut Arbeitsagentur an der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln. „Die Branche ist aber nicht nur regional ein Schwergewicht. Nimmt man den Umsatz, ist sie der drittgrößte Industriezweig in Deutschland – ein Großteil der Produktion geht in den Export – und schafft es damit auf die internationalen Teller“, sagt Kurt Haberl von der NGG Niederbayern. So seien Hersteller aus der Region auch regelmäßig auf der Grünen Woche – der weltgrößten Agrar- und Verbrauchermesse – in Berlin präsent. 

Neue Food-Trends wie gluten- oder laktosefreies Essen seien eine Herausforderung auch für die heimische Ernährungswirtschaft, so Haberl. Die sei gut aufgestellt und belege bei Produktions- und Hygienestandards weltweit einen Spitzenplatz. „Kaum irgendwo ist die Lebensmittelsicherheit höher als bei uns“, sagt der Geschäftsführer der NGG Niederbayern. 

Eine Voraussetzung für gutes Essen und Trinken sei jedoch, dass dieses fair produziert werde – angefangen vom Anbau der Zutaten bis hin zu den Arbeitsbedingungen in der Verarbeitung. Dazu hat die NGG eine lebensmittelpolitische Initiative gestartet. Kurt Haberl: „Gute Ernährung und gute Arbeit gehören zusammen. Hygiene unter Zeitdruck – das kann zum Beispiel nicht gut gehen.“ Dies bedeute auch, dass Unternehmen Tarifverträge einhielten und sich an der Berufsausbildung beteiligten, betont der Gewerkschafter. 

Mit Sorge sieht die NGG den Trend zur Verramschung: „Gerade bei Getränken, Fleisch und Süßwaren erleben wir regelrechte Rabatt-Schlachten in den Supermärkten. Damit werden Lebensmittel oft weit unter Wert verkauft“, kritisiert Haberl. Weniger als 70 Cent für eine Tafel Marken-Schokolade sei in einer fairen und umweltgerechten Produktion nicht machbar. Solche Preise erhöhten den Druck auf die Beschäftigten und ihre Arbeitsbedingungen. 

An die Verbraucher appelliert die NGG daher, nicht nur auf den günstigsten Preis zu achten. „Gute Lebensmittel sollten den Menschen beim Einkauf etwas wert sein. Gleichzeitig können sie damit die heimische Wirtschaft stärken – und beim Essen neben dem Genuss auch noch ein gutes Gewissen haben.“

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