Es bleibt wohl bei Bewährungsstrafen
Millionengeschäfte mit Medikamenten hatten einen Haken

12.01.2018 | Stand 25.07.2023, 0:32 Uhr
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Das Geschäft brummte: Umsätze im zweistelligen Millionenbereich erzielte eine Gruppe von Kaufleuten und Apothekern aus Deutschland und der Schweiz, die Beruhigungs- und Schlafmittel im großen Stil an Abnehmer in den USA lieferten.

LANDSHUT Deswegen mussten sich die Kaufleute und Apotheker vor der 3. Strafkammer beim Landgericht Landshut wegen tausender Fälle der gewerbs- und bandenmäßigen illegalen Ausfuhr verantworten.

Laut Richter Alfons Gmelch hat es im Vorfeld Rechtsgespräche gegeben, in deren Rahmen man sich bei vollumfänglichen Geständnissen auf Strafen im Bewährungsbereich verständigt habe: Bei den Kaufleuten auf Freiheitsstrafen nicht über zwei Jahren, kombiniert mit Geldstrafen und Geldauflagen. Bei den Apothekern auf Freiheitsstrafen von sechs bis 15 Monaten, zusätzlich ebenfalls Geldstrafen und -auflagen. Ausschlaggebend für die in Aussicht gestellten moderaten Strafen seien u.a. die lange Verfahrensdauer und die Tatsache, dass es sich nicht um den Handel mit Betäubungsmittel, sondern um zugelassene Arzneimittel gehandelt habe. Allerdings könnte die Verurteilung für einige der angeklagten Apotheker noch Folgen haben: Ihnen droht der Entzug der Approbation.

Ein Angeklagter stammt aus Ergolding

Auf der Anklagebank sitzen fünf Kaufleute, darunter ein 54-jähriger aus Ergolding, ein 42-jähriger aus Straubing ein 56-jähriger aus Rain sowie ein Kollege aus Fürth (38) und einer aus der Schweiz (63). Ihnen wirft die von Staatsanwalt Jürgen Rohrmüller vertretene Anklage vor, sich im Jahr 2005 mit drei Apothekern aus deutschen Landen und einer Kollegin aus der Schweiz zu einer Bande zusammengeschlossen zu haben, um in arbeitsteiligem Zusammenwirken über verschiedene Internetplattformen zugelassene, aber verschreibungspflichtige Medikamente, die bei einer Ausfuhr dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen, gewinnbringend ins Ausland zu veräußern und zu versenden.

Bei den Beruhigungs- und Schlafmittel habe es sich insbesondere um Alprazolam, Clonazepam, Diazepam, Lorazepam und Zolpidem gehandelt. Über verschiedene Webseiten seien vor allem potenzielle Abnehmer in den Vereinigten Staaten angesprochen worden. Für die Bestellungen füllten die gewonnen Kunden online einen Fragebogen aus, der dann auf elektronischem Weg (inzwischen namentlich bekannten) Ärzten in Osteuropa und in der Schweiz übermittelt wurde.

Die wiederum hätten - ohne eine sachliche Prüfung der Angaben des jeweiligen „Patienten“ – automatisch Rezepte mit den Kundendaten und der bestellten Arzneimittelmenge erstellt, die dann auf elektronischen Weg an die auf der Anklagebank sitzenden Apotheker übermittelt wurden. Die wiederum hätten ihrerseits den Versand bewerkstelligt. Dafür erhielten sie neben ihren Einkaufskosten und Auslage eine Pauschale von drei bis sieben Euro pro Rezept.

Das Geschäft war für die beteiligten Kaufleute natürlich noch lukrativer: Allein im Zeitraum von April 2006 bis Dezember 2007 seien bei einem von mehreren Kreditkarten-Abrechnern Umsätze von über 15 Millionen Dollar aufgelaufen. Die Kaufleute selbst hätten sich aus den Gewinnen mit monatlich zwischen 10.000 und 28.000 Euro „bedient“. Die ursprüngliche Anklage ging beim kaufmännischen Quintett von insgesamt 55 850 Ausfuhren und von weiteren 1022 Fällen mit Ausfuhren in nicht geringer Menge aus. Bei den Apothekern, die zu unterschiedlichen Zeiten einstiegen und bis 2008, dem Beginn der strafrechtlichen Ermittlungen tätig waren, gab es eine Aufgabenteilung: Nachdem ab 2005 der Versand hauptsächlich über Apotheker aus Fürth und Wiesbaden abgewickelt wurde, übernahm ab Dezember 2006 ein jetzt ebenfalls auf der Anklagebank sitzender Schwabacher Kollege mit seinem Großhandel den Einkauf der benötigten Medikamente. Personal und Logistik für den Versand wurde von den beiden Mitangeklagten aus der Nürnberger Gegend und aus der Schweiz zur Verfügung gestellt.

Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt.

– ws –

Landshut